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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Himmel.
    Damit hatte sie unwissentlich den Weg gefunden, um Dick Windyford wachzurütteln. In Rage und voller Empörung war er zu ihr gekommen.
    »Dieser Mann ist ein völlig Fremder für dich. Du weißt überhaupt nichts über ihn«, hatte er ihr vorgehalten.
    »Ich weiß, dass ich ihn liebe.«
    »Wie kannst du das nach einer Woche?«
    »Nicht jeder braucht elf Jahre, um herauszufinden, dass er in ein Mädchen verliebt ist«, hatte sie ihn ärgerlich angeschrien.
    Sein Gesicht war weiß.
    »Ich habe dich geliebt, seit ich dich zum ersten Mal sah. Ich dachte, du liebst mich auch.«
    Alix war ehrlich. »Ich glaubte das auch«, gab sie zu. »Aber das war, weil ich nicht wusste, was Liebe ist.«
    Dick war außer sich. Bitten, Flehen, sogar Drohungen – Drohungen gegen den Mann, der ihn verdrängt hatte –, stieß er aus. Alix war erstaunt, als sie den Vulkan erlebte, der unter dem reservierten Äußeren des Mannes steckte, von dem sie glaubte, ihn so gut zu kennen.
    Als sie an diesem sonnigen Morgen an dem Gartentor des Landhauses gelehnt stand, wanderten ihre Gedanken zurück zu diesem Gespräch. Einen Monat lang war sie verheiratet, und sie war wunschlos glücklich. Jetzt, da ihr Mann, der ihr alles bedeutete, nicht da war, schlich sich trotzdem ein Beigeschmack von Angst in ihr perfektes Glück. Und der Grund für diese Angst war Dick Windyford.
    Dreimal seit ihrer Hochzeit hatte sie den gleichen Traum gehabt. Die Umgebung war stets eine andere, aber die Hauptsache war immer die gleiche. Sie sah ihren Mann tot daliegen, und Dick Wi n dyford stand über ihn gebeugt, und sie wusste, dass es Dick war, der ihn erschl a gen hatte. Aber so schrecklich das auch war, es gab noch etwas Entsetzlicheres, und zwar nach dem Erwachen, denn im Traum schien es völlig natürlich und unvermeidlich zu sein. Sie, Alix Martin, war froh, dass ihr Mann tot war. Sie streckte dem Mörder die Hände entgegen, manchmal dankte sie ihm. Der Traum endete immer gleich: Sie war in Dick Windyfords Arme geschmiegt.
     
    Sie hatte ihrem Mann nichts von diesem Traum erzählt, aber innerlich hatte er sie tiefer beunruhigt, als sie zugeben wollte. War es eine Warnung – eine Warnung vor Dick Windyford?
    Alix wurde aus ihren Gedanken gerissen, als das schrille Läuten des Telefons aus dem Haus drang. Sie ging hinein und nahm den Hörer ab. Plötzlich schwankte sie und hielt sich an der Wand fest.
    »Wer, sagten Sie, ist am Apparat?«
    »Aber, Alix, was ist denn los mit dir? Ich hätte deine Stimme fast nicht erkannt. Hier ist Dick.«
    »Oh«, brachte sie hervor. »Oh! Wo – wo bist du?«
    »In ›Traveller’s Arms‹, so heißt das wohl, nicht wahr? Oder kennst du nicht einmal eure Dorfwirtschaft? Ich habe Urlaub, möchte ein bisschen fischen hier. Hast du etwas dagegen, dass ich euch heute nach dem Abendessen besuche?«
    »Nein!«, antwortete Alix scharf. »Du darfst nicht kommen!«
    Nach einer kleinen Pause kam Dicks veränderte Stimme wieder. »Es tut mir leid«, sagte er förmlich, »ich möchte dich natürlich nicht belästigen – «
    Alix unterbrach ihn hastig. Er musste ihr Benehmen als reichlich ungewöhnlich betrachten. Es war auch ungewöhnlich. Ihre Nerven hatten sie im Stich gelassen.
    »Ich meinte nur, dass wir für heute Abend schon verabredet sind«, erklärte sie und versuchte ihrer Stimme einen möglichst natürlichen Klang zu geben. »Möchtest du nicht – würdest du morgen zum Abendessen kommen?«
    Aber Dick hatte den plötzlichen Meinungsumschwung offenbar bemerkt.
    »Vielen Dank«, antwortete er, »aber ich werde dann lieber gleich weiterfahren. Es hängt noch davon ab, ob ein Freund von mir herkommt oder nicht. Auf Wiedersehen, Alix.« Er hielt einen Moment inne und fügte dann hastig und mit veränderter Stimme hinzu: »Viel Glück, Alix.«
    Mit einem Gefühl der Erleichterung legte Alix den Hörer auf die Gabel. Er darf nicht herkommen, wiederholte sie in Gedanken. Er darf nicht herkommen. Gott, was bin ich dumm, mich so aufzuregen! Trotzdem bin ich froh, dass er nicht kommt.
    Sie nahm einen Strohhut vom Tisch und ging wieder hinaus in den Garten. Einen Moment blieb sie stehen und blickte auf den Namen, der draußen am Tor eingeschnitzt stand: Haus Nachtigall.
    »Ist das nicht ein sehr eigentümlicher Name?«, hatte sie zu Gerald gesagt, bevor sie heirateten. Er hatte gelacht.
    »Du kleines Londoner Stadtkind«, hatte er liebevoll geantwortet. »Ich glaube, du hast noch nie eine Nachtigall gehört. Ich bin froh darüber.

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