Etwas ist faul
er bekäme zweitausend Pfund für dieses Haus, und zwar auf den Penny. Und richtig, er bekam es auch.«
»Es waren dreitausend«, unterbrach Alix lächelnd seinen Redeschwall.
»Zweitausend«, wiederholte George. »Die Summe, die er damals verlangte, wurde hier lange genug diskutiert.«
»Es waren wirklich dreitausend«, sagte Alix.
George war nicht zu überzeugen. »Frauen verstehen nichts von Zahlen«, meinte er. »Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Mr Arnes den Nerv hatte, von Ihnen dreitausend zu verlangen?«
»Er verlangte es nicht von mir, sondern von meinem Mann«, antwortete Alix.
George kniete sich wieder hin.
»Der Preis war zweitausend«, murmelte er störrisch.
Alix hatte keine Lust, sich mit ihm zu streiten. Sie ging zu einem anderen Beet und pflückte sich einen schönen, dicken Blumenstrauß.
Als sie ins Haus gehen wollte, bemerkte sie im Vorbeigehen einen kleinen dunkelgrünen Gegenstand, der zwischen den Blättern eines Beetes hervorschaute. Sie bückte sich, hob ihn auf und sah, dass es das Notizbuch ihres Mannes war.
Sie öffnete es und durchblätterte amüsiert die Eintragungen. Gleich zu Beginn ihres Ehelebens hatte sie erkannt, dass Gerald, der impulsiv und gefühlvoll war, einen ausgeprägten Sinn für Ordnung und Systematik besaß, was eigentlich nicht zusammenpasste. Er war geradezu versessen darauf, dass die Mahlzeiten pünktlichst eingehalten wurden, und er plante seinen Tagesablauf mit der Präzision eines Uhrwerkes voraus.
Während sie das Notizbuch durchstöberte, entdeckte sie zu ihrer Erheiterung die Eintragung vom 14. März: »Alix heiraten, 14.30 Uhr, St-Peters-Kirche.«
»Der große Junge«, murmelte sie und blätterte weiter. Plötzlich stutzte sie.
»›Mittwoch, 18. Juni‹ – das ist ja heute!«
In dem Raum, der für dieses Datum zur Verfügung stand, war mit Geralds gestochener Schrift eingetragen: »21 Uhr.« Sonst stand da nichts.
Was hatte Gerald um neun Uhr abends vor? Alix überlegte. Sie lächelte, denn sie sagte sich, wenn das eine Geschichte wäre, eine solche, wie man sie öfter liest, wäre unzweifelhaft mehr darüber aus dem Notizbuch zu entnehmen gewesen. Zumindest hätte es den Namen der anderen Frau enthalten.
Langsam durchblätterte sie auch die zurückliegenden Eintragungen. Es gab Verabredungen, Besprechungstermine, knappe Anmerkungen über Geschäftsabschlüsse, aber nur einen Frauennamen, nämlich ihren eigenen.
Dennoch, als sie das Büchlein in die Tasche steckte und mit ihrem Blumenstrauß ins Haus ging, spürte sie eine leichte Unruhe. Dick Windyfords Worte kamen ihr in den Sinn, als hätte er sie in diesem Moment wiederholt: »Dieser Mann ist ein völlig Fremder für dich. Du weißt überhaupt nichts über ihn.«
Das stimmte. Was wusste sie von ihm? Gerald war immerhin vierzig. In vierzig Jahren musste eine Frau in seinem Leben eine Rolle gespielt haben…
Alix schüttelte ungeduldig den Kopf. Sie durfte solchen Gedanken keinen Platz einräumen. Sie hatte ein viel brennenderes Problem. Sollte sie ihrem Mann erzählen, dass Dick angerufen hatte, oder nicht? Es war ja möglich, dass Gerald ihn sowieso im Dorf getroffen hatte. In diesem Fall würde er es sicher, sobald er nachhause kam, erwähnen. Dann wäre die Sache ohne ihr Zutun erledigt. Wenn nicht, was dann? Alix entschied, dass sie lieber nichts sagen würde. Wenn sie ihrem Mann davon erzählte, würde er sicher vorschlagen, Dick einzuladen. Dann müsste sie ihm erklären, dass Dick sich schon selbst einladen wollte, dass sie aber eine Ausrede gebraucht hatte, um sein Kommen zu verhindern. Und wenn Gerald sie dann fragen würde, weshalb sie das getan habe – was sollte sie dann sagen? Ihm ihren Traum erzählen? Er würde doch nur lachen, oder, was noch schlimmer wäre, er würde sagen, er verstehe nicht, warum sie diesem Traum eine derartige Bedeutung zukommen ließ.
Endlich beschloss Alix, nichts zu erwähnen. Es war das erste Geheimnis, das sie vor ihrem Mann hatte, und sie war nicht glücklich dabei.
Als sie hörte, wie Gerald kurz vor dem Mittagessen aus dem Ort zurückkam, eilte sie in die Küche, und um ihre Verlegenheit zu verbergen, gab sie sich hier sehr beschäftigt. Sie merkte sofort, dass Gerald Dick Windyford nicht getroffen hatte. Alix war erleichtert und beklommen zugleich. Jetzt war sie zur Verschwiegenheit verdammt.
Erst am Abend nach dem Essen, als sie in dem eichengetäfelten Wohnzimmer saßen, fiel Alix das Notizbuch wieder ein.
»Hier hast
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