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Außerdem sagte die Schwärze:,
3 und der untere rechte Quadrant darin trug den Stempel:
Am 22.6.41 fanden die ersten zehntausend Granaten des Unternehmens Barbarossa ihre Erfüllung in Explosionen, so golden wie der Siegesengel in Berlin, der hoch über Moltke seine Hand ausstreckt. Und nun begannen die Gruppen, Armeen, Divisionen und Bataillone an der grau getönten Grenze auf Hitlers weißer Karte den nächsten Blitzkrieg, das Weiß griff an, die Fußspuren von Abzeichen, Wimpeln, Flaggen, Kreisen und Halbkreisen breiteten sich aus, die weit aufgefächerten, spitzen Pfeile des Schlafwandlers wiesen nach Osten …
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Generalleutnant Friedrich Paulus war einundfünfzig Jahre alt. Die letzten einunddreißig Jahre über war er Soldat gewesen. Kurz, er gehörte zu den »Alten Kämpfern«. Wie unser Führer hatte er im vorigen Kriege tapfer gedient, das Eiserne Kreuz erhalten, erster und zweiter Klasse. Er bewunderte die Art, wie der Führer alle Gebiete zurückholte, derer man uns am Ende jenes Krieges beraubt hatte. Außerdem war er einer dieser gutaussehenden Generäle, die man einfach braucht; sein Schnurrbart war so schneidig wie ein deutsches Bajonett. Er war leicht vom Kosmopolitismus befallen (Coca war Rumänin), trotzdem übertrug man Paulus immer wichtigere Kommandos, denn Loyalität und Gründlichkeit konnte ihm niemand absprechen: General der Panzertruppen, dann Stabschef der 4. Armee im Polenfeldzug
5 (seine Fortschritte auf der weißen Karte erinnerten eigentümlich an eine jener groben schwarzen Speerspitzen aus dem mittelalterlichen Polen, die unsere Professoren ausgegraben haben), dann Stabschef der 6. Armee während des Eroberungsfeldzuges in Frankreich … Dieselbe 6. Armee würde sich bald auf dem Marsch nach Stalingrad befinden. Als Quartiermeister I des Generalstabs entwarf er unter strengster Geheimhaltung die Schlachtpläne für Barbarossa. Der Zug hielt am Bahnhof von Görlitz. Dann kamen die verschanzten Kontrollpunkte, und zwei-Männer begleiteten ihn in die Wolfsschanze mit ihren gestaffelten Stacheldrahtverhauen. Hier wuchsen zwischen den Bunkern, deren Dächer mit künstlichem Moos getarnt waren, viele Bäume, und hier wühlten sich auch die bombensicheren Tunnel in die Erde, in denen wir Wolfs Sonderzug versteckten; alles in der Wolfsschanze war gesichert. Hier leistete Paulus mit seine beste Arbeit. Das Endziel der Operation, instruierte Hitler uns, und alle hielten den Atem an, ist die Abschirmung gegen das asiatische Rußland an der allgemeinen Linie Wolga-Archangelsk …
6 Erforderlich: Glyzerin für Kordit, Kohlegas für Sprengstoff, Bauxit für Flugzeug
teile … So langsam und vollendet wie die Seidenraupe ihren Faden spinnt, entwarf Paulus unsere Netzwerke, Zeitpläne und Vorkehrungen. In den Worten General Kesselrings: Er machte auf mich einen besonders guten Eindruck, wegen seiner Klarheit und seiner nüchternen Einschätzung des bevorstehenden Kräftemessens.
7 Coca war natürlich traurig. Sie hatte ihre linken Neigungen nie ganz überwunden. Außerdem schätzte sie die russischen Truppen ganz besonders, wie die meisten ihrer Landsleute. Um ihr überflüssige Aufregung zu ersparen, hatte ihr Gatte sie in dem Glauben gelassen, dass alle Truppenbewegungen in Richtung Osten an der Ribbentrop-Molotow-Linie zum Halt kommen würden; aber selbst das hatte ihr noch wehgetan; schon den Fall Weiß hatte sie ungerechtfertigt gefunden. Wie dem auch sei, wir hatten die Bedrohung durch Polen ausgeschaltet; der Fall Weiß war abgeschlossen. Nun war es unsere Pflicht, die Kampfhandlungen einzustellen, für das kommende Jahrzehnt vielleicht, und in dieser Zeit hatten die Franzosen und die Briten uns gefälligst nicht den Krieg zu erklären. So hatte er es ja selbst aus dem Oberkommando gehört. Waren wir einmal in einen ausgewachsenen europäischen Krieg verwickelt, der sich unweigerlich zu einem neuen Weltkrieg ausweiten würde, verlor die Ribbentrop-Molotow-Linie ihre Bedeutung. (Vertraulich hatte der Führer erklärt, das Unternehmen Barbarossa müsse bis zum Frühjahr 1941 eingeleitet werden.) Und Coca fand alles heraus.
Er nahm sich in seiner Aktentasche regelmäßig Arbeit mit nach Hause (überhaupt nicht nach Hause zu kommen, wäre die Alternative gewesen), und einmal hatte der Sohn seiner Tochter Olga, der auf Cocas Wunsch drei Wochen lang bei ihnen untergekommen war, während seine Eltern in Paris etwas Geschäftliches erledigten, das Unheil angerichtet; etwas an dem Jungen
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