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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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wenn ich mich zu wichtig nahm …
    Ich hörte Beatrice hereinkommen, doch ich konnte nicht aufhören, die wund geschürfte Haut an meinen Gelenken zu betrachten, den einzigen Beweis, dass die letzten Stunden tatsächlich stattgefunden hatten. Als ich aufsah, stand sie da und starrte auf einen Fleck auf dem Teppich.
    »Es war Clara, oder?«, sagte ich langsam. »Was hat sie ihnen gesagt? Wie viel wissen sie?«
    Doch Beatrice schwieg. Als sie aufsah, waren ihre Augen verquollen. Sie wiegte den Oberkörper vor und zurück und formte lautlos die Worte »Es tut mir so leid«. Schließlich sagte sie es laut. »Ich musste es tun.«
    Etwas an ihrem Gesichtsausdruck jagte mir Angst ein. Ihre Lippen waren verzerrt und bebten. »Du musstest was tun?«
    »Er drohte, sie umzubringen«, sagte sie und nahm meine Hände. »Er kam früh hoch, kurz nachdem du gegangen warst. Du warst nicht da. Sie hatten Calebs leere Zelle entdeckt. Er drohte mir damit, sie umzubringen, falls ich ihm nicht verriet, wo du warst. Ich habe ihm von dem Tunnel erzählt.«
    Ich machte mich los, meine Hände zitterten.
    »Es tut mir so leid, Eve.« Sie streckte die Hand nach mir aus und wollte mein Gesicht streicheln. »Ich musste es tun, ich wollte nicht …«
    »Nicht«, sagte ich. »Geh bitte.« Sie kam noch einmal auf mich zu, legte mir die Hand auf den Arm, doch ich wich zurück. Es war nicht ihre Schuld. Das wusste ich. Aber ich wollte sie nicht auch noch trösten, diese Frau, die teilhatte an Calebs Tod. Ich wandte mich zum Fenster, lauschte ihrem unterdrückten Schluchzen, bis es irgendwann verstummte. Endlich hörte ich, wie die Tür geschlossen wurde. Als ich sicher sein konnte, dass sie weg war, drehte ich mich um und betrachtete die zerknüllten Unterlagen auf dem Boden.
    Ich nahm das erste Blatt hoch, die vertraute Handschrift beruhigte mich. Es war dasselbe vergilbte Papier, das ich seit der Schule mit mir herumgetragen hatte. Der alte Brief, den ich tausend Mal gelesen hatte, steckte nun in einem Rucksack, der neben der Route 80 vor einem Möbelhaus lag. Ich würde ihn nie wiedersehen.
    Die Ecken des Blatts waren ausgefranst. Hochzeitstag stand in krakeligen Buchstaben darüber. Ich setzte mich aufs Bett, presste das Blatt zwischen den Fingern und versuchte, den tiefen Knick zu glätten, den der König beim Zerknüllen hinterlassen hatte.
     
    Meine allerliebste Tochter,
     
    ich werde nie wissen, ob und wann du dies hier lesen wirst, wo du sein wirst und wie alt. In den letzten Tagen habe ich es mir oft vorgestellt. Die Welt ist wieder, wie sie einmal war. Manchmal öffnet sich die Kirchentür auf eine belebte Straße und man tritt mit seinem neuen Mann ins Freie. Jemand hilft einem in ein wartendes Auto. Zu anderen Zeiten ist man es nur selbst und er und ein paar Freunde. Ich kann die Gläser sehen, die auf dich erhoben werden. Einmal stellte ich mir vor, dass es gar keine Hochzeit gibt – keine Zeremonie, kein pompöses weißes Kleid, keine der traditionellen Gesten –, nur du und er, die eines Nachts beieinanderliegen und beschließen, dass es eure Hochzeit ist. Dass ihr von da an für immer zusammenbleiben werdet.
    Wie immer die Umstände sind, wo immer du bist, ich weiß, dass du glücklich bist. Ich hoffe, dass es ein großes, grenzenloses Glück ist, das jeden Winkel deines Lebens ausfüllt. Du sollst wissen, dass ich jetzt bei dir bin, so wie ich es immer war.
     
    Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich.
    Mom
     
    Ich faltete den Brief in meinem Schoß. Ich rührte mich nicht. Ich saß dort mit verquollenem gerötetem Gesicht auf dem Bett, bis ich die Stimme des Königs hörte, es war, als würde er mich aus einem Traum aufschrecken. »Genevieve«, sagte er mit strenger Stimme. »Es ist Zeit.«

DREIUNDVIERZIG
    Ich stand im hinteren Teil der Palastkapelle, der hauchdünne Schleier ein Schutz vor tausend starrenden Augen. Der König stand neben mir, sein Gesicht war zu einem grotesken Lächeln verzogen. Er bot mir den Arm. Als die Musik einsetzte, schob ich meine Hand hindurch und machte den ersten Schritt auf den Altar zu, wo Charles schon mit dem Ehering auf mich wartete, den er mit seinen schmalen Fingern hielt.
    Das Streichquartett spielte eine lange, traurige Melodie, während ich einen Fuß vor den anderen setzte. Auf den Seitenbänken saßen dicht nebeneinander Menschen in ihren schönsten Seidenkleidern mit kunstvollen Hüten und Juwelen. Ihr künstliches Lächeln war unerträglich. Clara und Rose saßen am Gang, ihre

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