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Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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an. Die Leute hielten sich von den Fenstern fern, als ob der Rote Gott höchstpersönlich kommen würde, um sie mitzunehmen. Durch die Fensterscheiben sah Drem, wie die ersten kalten Strahlen der am nächsten gelegenen Sonne über die Kuppel der Kolonie glitten.
    Er fragte sich kurz, ob er herumlaufen und mit jedem sprechen sollte, wusste aber, dass es letztlich das Unvermeidliche nur hinauszögerte. Er ging zur Schlafzimmertür, öffnete sie, atmete einmal tief ein und ging hindurch.
    Drinnen war es dunkel, und die Luft war noch schwerer. Die Vorhänge waren zugezogen. Es gab nur wenig Dekoration: einige Pflanzen in versiegelten kleinen Glaskugeln und ein paar Holoposter an den Wänden, die ständig wechselnde Weltraumbilder zeigten. In der Ecke stand dunkel und still eine unauffällige Maschine. Ein Gewirr aus Kabeln und Schläuchen war kreisförmig zusammengelegt und an ihrer Seite aufgehängt worden. Drem fand, dass der Anblick dieser Maschine noch eher den Tod heraufbeschwor als der tote Körper auf dem Bett. Man starb nicht dann, wenn die Zeit gekommen war, sondern wenn das Leben sauber verpackt worden war.
    Sein Bruder hatte diese Maschine gebraucht. Er war nicht daran festgekettet gewesen, sondern hatte sie nur zweimal am Tag für ein paar Minuten angeschlossen. Ansonsten hatte er ein ziemlich normales Leben geführt. Drem hatte ihm dabei geholfen, für ein tragbares Modell zu sparen. Es gab nur noch sie beide; ihre Eltern waren vor Jahren bei einem Bluternte-Ausflug gestorben.

    Jetzt, da er genauer darüber nachdachte, wurde Drem klar, dass es nur noch ihn gab.
    Er setzte sich auf die Bettkante und schwieg lange. Dabei starrte er unverwandt die Maschine an. Seine Finger gingen allerdings auf die Reise zu der Leiche seines Bruders. Sie hielten dessen schwere Hände, streichelten seine kalten, eingefallenen Wangen und strichen langsam durch sein lebloses Haar.
    Am liebsten hätte Drem geweint, doch er konnte es nicht. Er wollte schreien, aber auch das konnte er nicht. Er wollte, dass Leip noch lebte; er wollte sich vorstellen, dass aufgrund irgendwelcher Ereignisse das Ganze hier nicht der Realität entsprach. Aber all diese Gedanken waren höchst diffus, und er war zu betäubt, um daran festzuhalten. Er wusste, ein Teil von ihm hatte begriffen, dass sich alles verändert hatte. Dieser Teil hatte einen grundsoliden Damm errichtet, um die Flut aufzuhalten. Es würde keine richtige Trauer geben, bevor nicht alles vorbei war. Erst musste Leip ausgeblutet und die Rituale vollendet werden.
    Drem saß dort, bis von draußen Geflüster an sein Ohr drang. Er erhob sich, küsste seinen Bruder auf die Stirn, verließ das Zimmer und überließ einer seiner Großmütter seinen Platz. Das Licht vor den Fenstern war angenehmer als die Trostlosigkeit im Haus. An und für sich machte die Anwesenheit eines Toten Drem nichts aus, aber die ungeheure, stille Trauer, die er auf allen Gesichtern sah – und die wahrscheinlich seine eigene widerspiegelte –, wurde allmählich unerträglich. Er ging hinaus in den Hof und atmete die Morgenluft tief ein.
    Es war noch früh. Am Himmel waren immer noch die Spuren des nächtlichen Schiffsverkehrs zu sehen. Die Kolonie befand sich auf einem Mond, der den nur spärlich besiedelten Planeten unter ihnen umkreiste. Einerseits diente sie als Anlegehafen für eingehende interstellare Lieferungen; andererseits setzte man hier verschiedene technische Errungenschaften
zusammen, die vom Planeten heraufgeschickt wurden und für Ziele irgendwo im Weltraum bestimmt waren. Drem war in einem anderen Teil der Kolonie aufgewachsen, der näher an der vorgelagerten Landebasis lag. Dort hatte er sich an die geräuschlosen Erschütterungen gewöhnt, die Raumschiffe verursachten, wenn sie im Dunkeln starteten. Im Winter hatten er und Leip manchmal noch lange am Fenster gesessen, obwohl sie längst im Bett hätten liegen sollen. Sie beobachteten die wallenden Rauchwolken, während die täglichen Rohstofflieferungen für den Flug hinunter zum Planeten vorbereitet wurden. Drem und Leip schauten sich an, grinsten und drückten dann gleichzeitig ihre Handinnenflächen fest auf die Fensterbank. Einige Sekunden später kam dann bei ihnen die geräuschlose Vibration des Abflugs an, die von der luftleeren Landebahn durch das Metall der Kolonie und das Gestein des Mutterasteroiden weitergetragen wurde. Sie pflanzte sich durch das Atmosphärenschild und den Untergrund fort, lief die Wände der Häuser hinauf und weiter

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