Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
wahrscheinlich hasst du mich am Ende - aber darauf lasse ich es ankommen. Und ich verspreche dir, ich sorge dafür, dass du alles siehst. Ich werde nichts zurückhalten.«
»Und was ist, wenn du mir gibst, was ich mir wünsche, und ich das Gegengift trotzdem nicht rausrücke? Was dann?«
»Dann habe ich dich falsch eingeschätzt.« Ich zucke die Achseln. »Dann habe ich gar nichts. Aber ich werde dich nicht hassen, und ich werde dich nicht noch einmal behelligen. Doch ich glaube, wenn du erst einmal die Wirkung eines solchen Handelns erlebt hast, wirst du definitiv an Karma glauben.Also - bist du bereit?«
Er sieht mich an, sieht mich lange an, abwägend, überlegend, bis er schließlich nickt. Sein Blick hält dem meinen stand, während er fragt: »Willst du wissen, wo ich es aufbewahre?«
Ich schlucke. Mein Atem geht schneller.
»Genau hier.« Er streckt die Hand nach seinem Nachttisch aus, öffnet eine Schublade und holt ein kleines, juwelenbesetztes Kästchen hervor, dem er ein schmales Glasfläschchen mit einer undurchsichtigen Flüssigkeit entnimmt, die ganz so aussieht wie das Elixier - nur dass sie grün ist.
Und ich sehe zu, wie er damit vor mir herumwedelt, sehe die Flüssigkeit leuchten und funkeln und kann kaum glauben, dass die Antwort auf all meine Nöte so klein und geballt ist.
»Ich dachte, du hast gesagt, du bewahrst es nicht hier auf«, erwidere ich, und mein Mund ist plötzlich ganz trocken, während ich as Fläschchen betrachte. Die Antwort auf alles schimmert direkt vor mir.
»Habe ich auch nicht. Erst seit gestern Nacht. Davor hatte ich es im Geschäft. Aber hier ist es, Süße - eine einzige Portion, und das Rezept ist nicht in den Akten. Die Liste der Zutaten existiert ausschließlich hier.« Er tippt sich gegen die Schläfe und betrachtete mich aufmerksam. »Also, wir haben einen Deal, stimmt’s? Du zeigst mir deins - und ich gebe dir meins.« Er lächelt und lässt das Gegengift in die Hemdtasche gleiten; dann sieht er mich an und fügt hinzu: »Aber du zuerst. Erfüll zuerst deinen Teil. Bring mich zu ihr - und das Happy End gehört dir.«
VIERUNDDREISSIG
M ach die Augen zu«, flüstere ich und nehme Romans kalte Hände in meine. Unsere Knie pressen sich gegeneinander, unsere Gesichter sind einander so nahe, dass ich die Kühle seines Atems auf meiner Wange spüren kann. »Und jetzt öffne deinen Verstand. Mach ihn von allen überflüssigen Gedanken frei. Mach ihn einfach … leer. Lass alles fallen und … sei einfach nur. Verstehst du?«
Er nickt und drückt meine Finger fester. Ist so auf das hier konzentriert, will so unbedingt wissen, wo Drina sich jetzt befindet, dass es einem das Herz bricht.
»Und jetzt will ich, dass du in meine Gedanken vordringst. Ich fahre meinen Schutzschild herunter und lasse dich ein, und ich warne dich, Roman - vielleicht gefällt dir nicht, was du siehst, vielleicht wirst du unheimlich wütend auf mich sein, aber vergiss nicht, ich halte meinen Teil der Abmachung ein, okay? Ich habe nie gesagt, dass du es toll finden wirst, ich habe nur gesagt, ich bringe dich dorthin, wo sie ist.« Ich öffne ein Auge und sehe ihn abermals nicken. »Okay, also dann komm. Such dir langsam einen Weg hinein … und … Bist du da?«
»Ja«, flüstert er. »Ja … Es ist so … dunkel … so … Ich kann überhaupt nichts sehen …, und ich falle … so schnell … So … Wo …?«
»Es ist gleich vorbei, halt einfach durch«, dränge ich.
Sein Atem wird schneller und trifft meine Wange wie
eine Wolke kalten Nebels. »Es hat aufgehört …, das Fallen. Aber es ist immer noch so dunkel … und so … Ich hänge in der Luft und bin allein …, so allein … Aber ich bin gar nicht … Da draußen ist noch jemand. Sie ist da draußen … und …, o Gott … Drina, wo bist du?« Er umklammert meine Hände fester, so fest, dass sie allmählich taub werden. Sein Atem geht flach und unregelmäßig, sein Körper trieft vor Anstrengung vor Schweiß, als er auf den meinen kippt, und er wird von den Ereignissen fortgerissen, die sich in meinem Kopf abspielen …, in seinem Kopf … Eine atemlose Rundreise durchs Schattenland, den unendlichen Abgrund, die letzte Ruhestätte aller Unsterblichenseelen - einschließlich unserer.
Er murmelt Worte vor sich hin, so leise, dass ich sie nicht verstehen kann, ich erkenne lediglich am Tonfall, dass er erregt ist, verstört, verängstigt, während er in der Finsternis schwebt, um sich greift und tastet und verzweifelt nach ihr
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