Evil - Das Böse
diesem Brief gerechnet und sich mit dem Hausmeister verabredet.
Denn am selben Abend gab es in seinem Zimmer eine Razzia. Es war offensichtlich, wonach sie suchten, und als sie den Brief gefunden hatten, machten sich vier von ihnen über ihn her und hielten ihn fest - so leicht war das, wenn sie nur genug waren -, während Silverhielm triumphierend den Brief überflog, den Erik bereits auswendig kannte. Schließlich fand er, worauf er gehofft hatte.
»Hört her«, sagte er, »das ist noch besser, als wir erwarten konnten … wartet, hier steht es: … und ich hatte fast gehofft, von dir schwanker zu sein … Ha! Die dumme Kuh kann nicht mal schreiben! Schwanker, was? Mit k wie Kotze! Und wartet, es geht noch weiter … beim letzten Mal hatte ich mein Pessar nicht drin . hatte die die Kapsel auf dem Kopf statt in der Fotze, Mensch? … und ich liebe dich wirklich, auch wenn wir uns wohl nicht wiedersehen werden … So, du kleiner Marodeur, und damit bist du geliefert. Mit der Serviernutte gefickt, ja? Jetzt fliegst du, darauf kannst du einen fahren lassen, wenn der Rektor das hört, fliegst du.«
Erik biss die Zähne zusammen und kniff die Augen zu. Was immer er sagen könnte, es würde nachher tausend Gründe geben, es zu bereuen. Er wurde innerlich glühend kalt vor Wut. Er hörte kaum, wie die anderen gingen und dabei weiter ihre Witze rissen.
Als sie verschwunden waren, zog er seine dicke Jacke an und ging zum Waffenschuppen der Heimwehr.
Er wog das Vorhängeschloss und den Rest seines Lebens in der Hand. Es fühlte sich so leicht an. Er würde nicht einmal einen Hammer brauchen, er könnte außerdem ganz einfach das Fenster auf der Rückseite einschlagen.
Er stand ganz still, mit dem Vorhängeschloss in der Hand. Dann ließ er es los, machte auf dem Absatz kehrt und ging vier Stunden lang spazieren. Die ganze Zeit goss es in Strömen.
Am nächsten Nachmittag kam Silverhielm triumphierend und berichtete, Erik müsse zum Verhör beim Rektor.
Auf dem großen Schreibtisch aus dunklem, blankem Holz, über den der Herr Rektor gebot, lag ein einziges Stück Papier, Marjas Brief.
Der Rektor saß hinter diesem Schreibtisch, hatte die Fingerspitzen aneinander gelegt und betrachtete Erik durch seine funkelnde Brille.
»Naaa«, sagte der Rektor und tippte mit dem Daumen auf den Brief. »Wie erklärst du das hier?«
»Ich liebe sie«, erwiderte Erik und starrte in die funkelnde Brille.
Etwas, das vielleicht als Lächeln gedeutet werden konnte, zeigte sich in den Mundwinkeln des alten Mannes.
»Ach, du meine Güte, das tust du also.«
»Ja, das tue ich.«
»Und du begreifst nicht, was du da hättest anrichten können?«
»Es sind immer zwei, die etwas anrichten. Wir lieben uns. Wenn ich von hier wegkomme, fahre ich sofort nach Finnland. Sie wohnt in Savolaks.«
»In diesem Fall«, sagte der Rektor, und jetzt lächelte er wirklich, »ist es wohl das Beste, wenn wir dich noch eine Weile hier behalten, bis der Brei etwas abgekühlt ist zumindest. Ich habe mir deine Zeugnisse angesehen, Erik. Dein Notendurchschnitt könnte fast nicht besser sein. Das ganze Kollegium hat nur Gutes über dich zu sagen, ich habe mich heute schon mit deinen Lehrern unterhalten. Es gibt, wie du vielleicht weißt, einen Preis, der nach jedem Frühlingshalbjahr dem besten Mittelschüler überreicht wird, der müsste für dich eigentlich erreichbar sein, jetzt, wo …«
Plötzlich zögerte der Rektor.
»Jetzt, wo Pierre Tanguy nicht mehr hier ist«, fügte Erik hinzu.
»Ja, so könnte man das wohl sagen. Eine peinliche Geschichte, das mit Tanguy …«
Erik riss sich zusammen. EINE PEINLICHE GESCHICHTE! Aber Erik riss sich zusammen.
»Also«, sagte der Rektor nun, »ich habe heute schon mit Anwalt Ekengren gesprochen und wir sind zu einem Entschluss gekommen. Deine Note in Betragen wirst du hoffentlich für den Rest deines Lebens nicht vergessen. Die wird nämlich Mangelhaft mit großem M sein. Und dann noch eins . steh gefälligst gerade!«
Erik stand gerade. Der alte Mann kam auf ihn zu, holte mit der rechten Hand aus und öffnete sie dabei wie zu einer Ohrfeige. Erik griff hinter seinem Rücken mit seiner rechten Hand nach seinem linken Handgelenk. Dann schlug der Rektor zu, und zwar überraschend kraftvoll.
»Und jetzt will ich dich nicht mehr sehen, Lümmel!«, schrie der alte Mann und Erik schlüpfte blitzschnell aus der Tür. Ihm war schwindlig. Er wurde also nicht gefeuert? Offenbar nicht. Und nur noch knapp zwei Monate bis
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