Evolution, Zivilisation und Verschwendung
Veränderungen zu beobachten, die von einer Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse und der Herausbildung einer neuen „Unterschicht“ geprägt sind. Als Ursache für diesen auch „Brasilianisierung des Westens“ genannten Prozess gilt allgemein die Globalisierung unter dem neoliberalen Paradigma des freien Marktes.
Peter Mersch zeigt dagegen auf, dass diese Entwicklung in den jeweiligen Gesellschaften ganz entscheidend aus sich selbst heraus erfolgt.
Seit der weiblichen Emanzipation und der sie begleitenden Individualisierung haben Frauen die freie Wahl zwischen produktiven und reproduktiven Tätigkeiten. In den Industrienationen ist aber die Wirtschaft marktwirtschaftlich organisiert, die gesellschaftliche Reproduktion dagegen sozialistisch, denn der Nutzen aus dem langjährigen Aufziehen von Kindern wird sozialisiert. Seitdem die Frauenbewegung die „Mauer“ des Patriarchats zu Fall gebracht hat, wandern insbesondere die qualifiziertesten Frauen in die profitablere Wirtschaft ab, wodurch es zu einer Vernachlässigung der gesellschaftlichen Reproduktion und damit zum Phänomen des demographischen Wandels kommt. Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden daran nur unwesentlich etwas ändern können.
In modernen Gesellschaften setzt sozialer Erfolg meist Bildung voraus. Weil nun aber Frauen umso weniger Kinder in die Welt setzen, je gebildeter und beruflich engagierter sie sind, und sich meist Frauen und Männer mit ähnlichem Bildungsniveau zusammenfinden, können die Kompetenzen einer Generation nicht mehr ausreichend an die nächste weitergegeben werden. Die Folgen: Die Generationengerechtigkeit wird verletzt, und die Gesellschaften „brasilianisieren“ sukzessive in Richtung Entwicklungsland.
Das Fazit des Autors ist: Die Emanzipation der Frauen macht eine Angleichung der Organisation von Wirtschaft und Nachwuchsarbeit zwingend erforderlich. Der Individualisierung auf Seiten der Frauen müssen nun die entsprechenden Institutionalisierungen folgen. Das Buch zeigt detailliert auf, was zu tun ist.
Peter Mersch: Hurra, wir werden Unterschicht! Norderstedt, 2007 268 Seiten, ISBN-13: 978-3-8334-9634-9
Peter Mersch: Irrweg Bürgergeld
Eine Kritik aus Sicht der gesellschaftlichen Reproduktion
Das bedingungslose Grundeinkommen bezeichnet eine gesellschafts- und wirtschaftspolitische Idee, nach der jeder Bürger einen gesetzlichen Anspruch auf eine bedingungslose monetäre Grundversorgung durch den Staat haben soll.
Begründet wird die Notwendigkeit eines solchen Bürgergeldes damit, dass Erwerbsarbeit aufgrund der fortlaufenden Produktivitätssteigerungen in modernen Gesellschaften an Bedeutung verliere. Die Folge sei ein wachsender Anteil an Bürgern, der von staatlichen Transferzahlungen lebt. In Zukunft sei deshalb eine Trennung von Arbeit und Einkommen erforderlich.
Peter Mersch unterzieht das Konzept des Bürgergeldes einer kritischen Prüfung. Dabei stehen die möglichen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Reproduktion und damit die Konsequenzen für die nächste Generation im Vordergrund, und zwar auch deshalb, weil Langzeitfolgen, die über den zeitlichen Horizont der aktuellen Generation hinausgehen, im Rahmen einer Evaluierung gesellschafts- oder wirtschaftspolitischer Maßnahmen üblicherweise komplett ausgeblendet werden. Dies ist beim Bürgergeld bislang nicht anders.
Die Analyse zeigt unter anderem, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die brennenden sozialen Probleme unserer Gesellschaft wie Armut unter Kindern, Langzeitarbeitslosigkeit, Prekarisierung der Arbeit, Herausbildung einer „Unterschicht“, Abbau des Sozialstaates etc. nicht wird lösen können. Im Gegenteil: Aufgrund der zu erwartenden ungünstigen Effekte auf das generative Verhalten der Bevölkerung ist sogar mit einer Beschleunigung der negativen Entwicklung zu rechnen. Auch könnte eine partielle Rückkehr männlicher Dominanz die Folge sein.
Das Fazit des Autors ist: Ohne massive begleitende Einschränkungen, das heißt, „Bedingungen“, würde ein bedingungsloses Grundeinkommen unsere Gesellschaft durch das sich daraufhin ändernde Fortpflanzungsverhalten höchstwahrscheinlich systematisch zugrunde richten.
Peter Mersch: Irrweg Bürgergeld, Norderstedt, 2007 144 Seiten, ISBN-13: 978-3-8334-9805-3
Peter Mersch: Die Familienmanagerin
Kindererziehung und Bevölkerungspolitik in Wissensgesellschaften
Noch zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beruhte die
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