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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Energiequelle (Holz) erforderlich, eine Innovation von ungeheurer Tragweite, gelang es doch damit einem Lebewesen zum ersten Mal, eine zusätzliche Energiequelle gezielt für die eigenen Zwecke einzusetzen. Heute verbraucht der durchschnittliche USAmerikaner mehr als 100-mal so viel Energie für andere Belange wie für die Versorgung des eigenen Körpers.
    Als die Bevölkerungszahlen stiegen, die Nahrungsversorgung aufgrund der begrenzten Ressourcen aber immer schwieriger wurde, erfand der Mensch vor ca. 10.000 Jahren Ackerbau und Viehzucht. Mit dieser, als neolithische Revolution bezeichneten Innovation, begann der Mensch sich quasi aus der Natur herauszulösen und sich seine eigene Natur zu schaffen:
Mache Dir die Erde untertan
. Es ist zu vermuten, dass mit der biblischen Vertreibung aus dem Paradies genau dieser Prozess gemeint ist, wobei das Getreide der
verbotenen Frucht
entsprechen dürfte.
    Sich seine eigene Natur zu schaffen, hat einige offenkundige Nachteile: Man muss unter anderem durch eigene Arbeit für all das sorgen, was die Natur normalerweise von ganz allein bewirkt. Die paradiesischen Verhältnisse der Altsteinzeit, als der Mensch nur nach den Früchten der Natur zu greifen brauchte, waren also vorbei.
    Doch gleichzeitig gab es einige entscheidende Vorteile, die die Nachteile des harten Arbeitens mehr als aufwogen. Dazu zählten die stärkere Unabhängigkeit gegenüber den Launen der Natur und die Erhöhung der Erträge pro Quadratkilometer Boden.
    Allerdings erfolgte der Wandel vom Jagen und Sammeln hin zu Ackerbau und Viehzucht weniger aus strategischen Überlegungen heraus, sondern in erster Linie aus reiner Not (Cordain 2004: 5f.):
    Als das Zeitalter des Paläolithikums (Altsteinzeit) sich seinem Ende näherte, in der mesolithischen Periode (mittlere Steinzeit: vor 20.000 – 10.000 Jahren), kam es in Europa, Nordamerika und Asien auf breiter Front zu einem Aussterben der großen Säugetiere. Das fiel zusammen mit einer grundlegend veränderten Nutzung der Umwelt, sowie anderer Nahrungsquellen durch die Jäger und Sammler. Überall auf der Welt begannen die Menschen ausgedehnter zu jagen und zu sammeln; so wurden alle Nischen ihrer Umwelt besser genutzt. (…)
    Zum ersten Mal tauchen vor 15.000 Jahren im Nahen Osten Mahlsteine und grobe Mörser unter den archäologischen Funden auf; sie weisen auf den Beginn der Nutzung von Getreide durch den Menschen hin. (…)
    Als im Pleistozän (Eiszeit, vor 10.000 Jahren) die Bevölkerungszahlen zunahmen und große Pflanzenfresser entweder ausgerottet oder sehr selten geworden waren, musste die Menschheit zunehmend häufiger auf kleine Säugetiere, Fisch, Geflügel und gesammeltes Pflanzenmaterial zurückgreifen, um ihren Kalorienbedarf zu decken. Schrittweise, je mehr sich auch diese Ressourcen zu erschöpfen drohten, wurde angesichts wachsender Bevölkerungszahlen der Ackerbau zum vorherrschenden Lebensstil und das Getreide zum bestimmenden Kalorien- und Proteinlieferanten in vielen, wenn auch nicht in allen prähistorischen Kulturen.
    Die Revolution bei der Nahrungsbeschaffung hatte einige unmittelbare Konsequenzen (Junker 2006b: 107ff.; Diamond 2006: 232ff.; Cordain 2004):
Ausdifferenzierung der Arbeitsteilung: Gab es vorher im Wesentlichen eine Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern (Männer: Sicherstellen des Überlebens auf täglicher Basis, Frauen: Sicherstellen des Überlebens in der Zukunft), so erfolgten nun weitere Spezialisierungen im Rahmen der Nahrungsproduktion (Bauer, Hirte) und bei anderen, gegebenenfalls sogar rein geistigen Tätigkeiten.
Verstädterung: Die außerhalb der Städte produzierte Nahrung konnte eine große Zahl an Menschen auf gesicherte Weise versorgen. Die Menschen wurden sesshaft, und es bildeten sich die ersten Städte heraus 14 .
Kulturelle und wissenschaftliche Weiterentwicklung: Verstädterung und Arbeitsteilung führten zu einer verbesserten Kommunikation, einer Vertiefung des Wissens und einem schnelleren Wissenszuwachs. Es entstanden die ersten Hochkulturen.
Bevölkerungsexplosion : Die eigene Nahrungsproduktion machte den Menschen unabhängig von der Natur und schützte ihn gleichzeitig vor natürlichen Feinden. In Verbindung mit der veränderten Nahrungszusammensetzung kam es zu einem deutlichen Bevölkerungszuwachs.
Ungehinderte Ausbreitung über die ganze Erde : Die Umstellung von Jagen/Sammeln auf Ackerbau/Viehzucht erlaubte es dem Menschen, bislang unbewohnte Gebiete zu besiedeln. Dazu musste lediglich die

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