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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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kostengünstiger Energie.
    Die Ausführungen in diesem Abschnitt sollten in erster Linie deutlich machen, dass es sich bei biologischen und sozialen Evolutionen ganz wesentlich um Weiterentwicklungen bei der Nutzung von Energie handelt (Lavers 2003: 13).
    Grundsätzlich kennt der Energiehunger biologischer Phänomene praktisch keine Grenzen. Wenn sich eine Möglichkeit zur Verwendung zusätzlicher, ständig verfügbarer Energie ergibt, dann dürfte es auch schon bald zu einer entsprechenden Nutzung kommen.
    Im Laufe des Buches wird ein neuartiger Typ von biologischen Phänomenen (die Organisationssysteme, Superorganismen) vorgestellt, der einen geradezu gigantischen Energiebedarf besitzen kann.
1.2 Leben als dissipative Struktur
    Unter einer dissipativen Struktur versteht man eine stabile, geordnete Struktur in einem System fern vom thermodynamischen Gleichgewicht, also einem System wie unsere Erde etwa, dem ständig Energie von außen zugeführt wird. Dissipative Strukturen benötigen äußere Energieflüsse, um ihre Organisation und selbstorganisatorischen Prozesse erhalten zu können.Dabei gleichen sie vorhandene Energiedifferenzen (Energiegradienten) im Gesamtsystem aus.
    Der Begriff der dissipativen Struktur stammt von Ilya Prigogine, der maßgebliche Arbeiten zur Nichtgleichgewichtsthermodynamik beisteuerte.
    Typische Beispiele dissipativer Strukturen sind Hurrikans. Ganz häufig wird behauptet, auch lebende Systeme seien dissipative Strukturen (Schneider/Kay 1997: 190):
    Leben kann als eine dissipative Struktur angesehen werden, die ihren lokalen Organisationsgrad um den Preis der Entropieerzeugung in der Umgebung erhält.
    Ich werde auf den nächsten Seiten jedoch einige Einwände gegenüber einer solchen Auffassung vorbringen.
    Ein Standardbeispiel für die Ausbildung von dissipativen Strukturen in offenen Systemen fern vom thermodynamischen Gleichgewicht ist das sogenannte (Rayleigh-)Bénard-Experiment (Kelso/Haken 1997: 161; Schneider/Kay 1997: 187). Dabei wird ein Gefäß, in dem sich eine dünne, homogene Flüssigkeit befindet, auf der Unterseite erhitzt, während seine Oberseite auf einer niedrigen Temperatur gehalten wird.
    Die Flüssigkeit dehnt sich an der warmen Unterseite aus und kann aufgrund der geringeren Dichte nach oben aufsteigen, während die kältere, dichtere Flüssigkeit im oberen Bereich nach unten sinkt. Die Viskosität (Zähflüssigkeit) der Flüssigkeit wirkt diesem Vorgang entgegen.
    Ist die Temperaturdifferenz zwischen Boden und Oberseite gering, überwiegt die Viskosität der Flüssigkeit, und die Wärme wird ohne gleichzeitigen Stofftransport durch homogene Wärmeleitung (durch Molekül-MolekülWechselwirkungen) von unten nach oben befördert. Anders gesagt: Die Teilchen der Flüssigkeit bleiben dort, wo sie sind.
    Oberhalb eines kritischen Temperaturunterschiedes wird dieser Zustand jedoch instabil, und der Wärmetransport findet durch Wärmekonvektion statt. Konkret heißt das: Die Teilchen der Flüssigkeit werden dann von unten nach oben transportiert, so dass die gesamte Flüssigkeit aufgrund der Dichteunterschiede zwischen Ober- und Unterseite in Bewegung gerät. Dabei treten regelmäßig geformte Konvektionszellen – meist in Sechseckoder Rollenmustern – auf, die sogenannten Bénard-Zellen. Das System ist nun nicht länger eine planlose Ansammlung von sich zufällig bewegenden Molekülen, sondern Milliarden von Molekülen kooperieren, um makroskopische Muster – die sogenannten dissipativen Strukturen – zu schaffen, die sich in Raum und Zeit entwickeln (Kelso/Haken 1997: 161).
    Steigt die Temperaturdifferenz zwischen der Ober- und Unterseite des Gefäßes weiter an, gelangt das System ab einem zweiten kritischen Wert schließlich ins Chaos und es entwickeln sich Turbulenzen.
    Gemäß dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann Energie in geschlossenen Systemen weder geschaffen noch vernichtet werden. Allerdings kann die in einem System vorhandene Energie in ihrer Beschaffenheit beziehungsweise in der Fähigkeit, nutzbare Arbeit zu verrichten, stark variieren.
Exergie
stellt in diesem Zusammenhang ein Maß für die maximale Fähigkeit eines energiehaltigen Systems dar, nützliche Arbeit zu verrichten, während es sich zum Gleichgewicht mit seiner Umgebung hin bewegt (Schneider/Kay 1997: 185). Das Gegenteil, nämlich nicht mehr arbeitsfähige Energie, wird
Anergie
genannt.
    Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt nun, dass die Qualität der Energie (die Exergie) in

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