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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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prustend und grummelnd aus dem Wasser. Mit Ko-Ko
zog er die Stämme aus dem Wasser an den Strand.
    Kieselstein wusste, dass keine Gefahr bestanden hatte, weil das
Wasser hier so seicht war, dass man an den Strand zurückzugehen
vermochte. Weiter draußen wurde das Meer aber schnell tiefer,
und das mussten sie überqueren, wenn sie die Insel erreichen
wollten.
    Also gingen sie wieder an die Arbeit und probierten alle
möglichen Kombinationen aus.
    Kieselsteins Leben hatte sich in den letzten sieben Jahren
grundlegend verändert.
    Diejenigen, die mit ihm aus Plattnases Dorf geflohen waren, hatten
die Welt der Reihe nach verlassen. Hyäne hatte sich nicht mehr
von seiner Verletzung erholt, und sie hatten ihn in die Erde gelegt.
Und nicht viel später hatten sie auch Staub in die Erde legen
müssen. Kieselsteins Mutter schien Harpune allmählich ins
Herz geschlossen zu haben, diese sonderbare Frau, die bei ihrem Sohn
lag. Schließlich hatte ihre Schwäche die Willenskraft
jedoch besiegt.
    Doch wo Leben verging, entstand auch neues Leben. Seine beiden
Kinder waren fast gleichaltrig – sechs und sieben Jahre –,
aber sie waren völlig verschieden.
    Sonnenuntergang war mit sechs der jüngere. Der Junge war das
Ergebnis von Kieselsteins Seitensprung mit Schrei, die ihm noch
nachgestellt hatte, nachdem er längst eine Verbindung mit
Harpune eingegangen war. Sonnenuntergang war kompakt und rund; ein
richtiges Energiebündel und Muskelpaket. Und über einem
markanten Brauenwulst hatte er noch immer das feuerrote Haar, mit dem
er geboren worden war – Farbton
›Eiszeit-Sonnenuntergangsrot‹.
    Sonnenuntergang hatte der armen Schrei jedoch keine Freude
bereitet. Sie war bei seiner Geburt gestorben, aber nicht ohne zuvor
noch gegen die Anwesenheit der neuen Leute bei ihnen zu
protestieren.
    Kieselsteins anderes Kind, Glatt, war von Harpune. Obwohl sie auch
etwas von der Korpulenz ihres Vaters hatte, schlug sie viel eher nach
ihrer Mutter. Sie war jetzt schon größer als
Sonnenuntergang. Jedes Mal, wenn er sie sah, staunte Kieselstein von
neuem über Glatts flaches Gesicht und die wulstlosen Brauen, die
ihre klaren Augen überwölbten.
    Kieselstein musste sich nicht darüber wundern, dass aus dem
sexuellen Kontakt mit Harpune ein Kind hervorgegangen war. Und nun
war sie schon wieder schwanger. Die Unterschiede zwischen den alten
Stämmen und Harpunes Stamm waren zwar beachtlich, aber auch
nicht so grundlegend, dass die beiden Arten von Leuten sich nicht zu
kreuzen vermocht hätten. Und ihre Kinder wären auch keine
›Maultiere‹. Sie waren fruchtbar.
    So hatten Harpunes modifizierte Gene und der neue Bauplan ihres
Körpers sich in der größeren Population der robusten
Leute verbreitet. So wurde der genetische Schicksals-Faden von Glatt,
dem Kind mit der menschlichen Gestalt und den robusten
Affen-Merkmalen in die Zukunft fort gesponnen.
    Während der lange Nachmittag sich hinzog, versuchten sie auf
Kieselsteins Betreiben, ein schwimmfähiges Floß zu
entwerfen.
    Es war frustrierend. Sie waren nicht fähig, ihre Ideen
untereinander zu erörtern. Dazu war ihre Sprache einfach zu
primitiv. Zumal nicht einmal die neuen Leute begnadete Erfinder
waren, weil die Schotts im hoch spezialisierten Bewusstsein es ihnen
verwehrten, Handlungen ganzheitlich zu betrachten. Sie vermochten es
nicht durchzudenken. Es war in etwa damit zu vergleichen, als ob man
eine neue körperliche Fertigkeit wie Fahrradfahren erlernen
wollte: Mit einer bewussten Anstrengung allein war es nicht getan.
Außerdem war die Arbeit unkoordiniert und ging nur weiter, wenn
jemand sich aufraffte und die anderen antrieb.
    Doch dann hatte Ko-Ko plötzlich einen Geistesblitz. Er rannte
ins Wasser. »Ya, ya!« Mit wilden Schreien und
Schlägen zwang er die Schwimmer, sich an einem Baumstamm
festzuhalten und sich treiben zu lassen. Dann ging er zum anderen
Ende und schob den langen Stamm mit kräftigen
Schwimmstößen durch die küstennahe Brandung in
ruhigeres Wasser.
    Kieselstein schaute erstaunt zu. Es funktionierte. Anstatt auf dem
Baumstamm zu sitzen, nutzten sie ihn als Schwimmhilfe für diese
Nichtschwimmer. Bald war der Stamm so weit von der Küste
entfernt, dass er nur noch eine Reihe auf und nieder hüpfender
Köpfe und den schwarzen Balken zwischen ihnen sah.
    Indem sie sich an dem Baumstamm festklammerten und mit aller Kraft
paddelten, vermochten selbst die Robusten, die zum Schwimmen zu
schwer waren, ein Gewässer zu überqueren, das viel tiefer
war als sie

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