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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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hoch. Es war für jeden ersichtlich, dass sie endlich
eine Möglichkeit gefunden hatten, die Meerenge zu
überqueren, die Kieselstein seit Jahren reizte.
    Kieselstein stieß ein Triumphgebrüll aus. Seine Kinder
kamen zu ihm gelaufen. Er hob Glatt auf und wirbelte das quiekende
Kind in der Luft herum, während Sonnenuntergang ihn um
Aufmerksamkeit heischend an den Beinen zog.
     
    Die ›Expedition‹ landete an einem halbmondförmigen,
muschelübersäten Sandstrand, der sich an eine Wand aus
erodiertem blauschwarzem Gestein schmiegte. Sie stolperten aus dem
Wasser und legten sich keuchend auf den Strand. Kieselstein sah mit
einem Blick, dass alle, Robuste und Dünne gleichermaßen,
es bis zur Küste geschafft hatten.
    Die Überfahrt war härter gewesen, als Kieselstein es
sich vorgestellt hatte. Er würde nie dieses schreckliche
Gefühl vergessen, über der blauschwarzen Tiefe zu
hängen, wo unbekannte Kreaturen lauerten. Doch nun war es
geschafft.
    Und Ko-Ko war schon bei der Arbeit. Er zog einen Stamm ans Ufer
und forderte die anderen auf, seinem Beispiel zu folgen. Die Krieger
– ein Dutzend Robuste und ein Dutzend Dünne – packten
die Ausrüstung aus. Einen Teil der Waffen hatten sie sich auf
den Rücken gebunden oder in Netzen verpackt, und andere –
zum Beispiel die langen Wurfspeere der Dünnen – hatten sie
an die Baumstämme gebunden.
    Harpune strich sich über den Bauch und schaute aufs Meer
hinaus in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Sie berührte
die senkrechten Ockerstreifen in Kieselsteins Gesicht, wie sie es
getan hatte, bevor sie das erste Mal kopuliert hatten. Doch nun trug
sie die gleiche Kriegsbemalung wie er – alle Leute trugen sie,
Dünne und Robuste gleichermaßen. Er grinste, und sie
erwiderte das Grinsen.
    Geeint durch ihre Symbole, schickten zwei Arten von Leuten sich
an, Krieg gegen eine dritte zu führen.
    Eine Frau schrie auf. Kieselstein und Harpune wirbelten herum. Ein
schwerer Basaltbrocken war auf den Strand gefallen und hatte eine
Dünnen-Frau am Bein getroffen. Als der Felsbrocken
weggeräumt worden war, wurde ihr Fuß sichtbar – er
war eine zertrümmerte, blutige Masse. Sie wehklagte, und
Tränen verschmierten die Ockerstreifen auf den Wangen.
    Leute riefen durcheinander und zeigten auf die Klippen. »Hai, hai!«
    Kieselstein beschirmte die Augen und schaute nach oben. Etwas
bewegte sich dort oben: ein Kopf auf schmalen Schultern. Der
Felsbrocken war nicht heruntergefallen, wurde Kieselstein sich
bewusst. Er war heruntergestoßen oder -geworfen worden.
    So hatte es angefangen. Er packte den Stoßspeer, stieß
ein zorniges Gebrüll aus und rannte am Strand entlang. Die Leute
folgten ihm.
    Nach ein paar hundert Metern öffnete dieser geschützte
Strand sich auf ein offeneres Gelände aus Dünen und
Grasland. Und auf dem offenen Land sah Kieselstein eine Gruppe
gespenstischer Hominiden. Sie waren über zwanzig, Männer,
Frauen und Kinder. Sie hatten sich um den Kadaver einer Elenantilope
versammelt. Beim Anblick von Kieselstein standen sie auf und schauten
in seine Richtung.
    Kieselstein stürmte mit Gebrüll los.
    Ein paar der Hominiden drehten sich um und ergriffen die Flucht
– Mütter mit Kindern und ein paar der Männer. Andere
stellten sich dem Kampf. Sie hoben Steine auf und schleuderten sie
gegen die Eindringlinge, als ob sie umherstreifende Hyänen
abwehren wollten. Diese Leute waren groß, schlank und nackt;
ihre Körper wiesen auf den ersten Blick eine Ähnlichkeit
mit dem Harpunes auf. Aber die Köpfe waren ganz anders. Sie
hatten breite, vorspringende Gesichter, dicke Brauenwülste und
flache Hirnschalen.
    Sie waren eine späte Variante des Homo erectus. Diese
Gruppe war auf die Insel eingewandert, als in einem Extrem der
Eiszeit der Meeresspiegel so tief gesunken war, dass eine Brücke
zum Festland entstand. Als der Meeresspiegel dann wieder gestiegen
war, hatten sie überlebt, während der Rest ihrer Art
umgekommen war. Es hatte nämlich niemand gewusst, wie man die
unruhige Meerenge überqueren sollte, um ihnen die Insel streitig
zu machen.
    Bis jetzt.
    Ein Mann, der kräftiger war als die anderen, ergriff eine
große, schwere Steinaxt und rannte auf Hände zu. Der
große Robuste reagierte mit einem Brüllen und packte den
massiven Stoßspeer fester. Mit der Geschwindigkeit eines
Schemens wich der Mann Händes Attacke aus und schlug ihm mit der
Steinaxt in den Nacken. Blut spritzte, und Hände brach zusammen
und kippte vornüber. Aber er kämpfte noch

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