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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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weiter. Er drehte
sich auf den Rücken und versuchte den Stoßspeer zu heben.
Doch der große Mann stand schon mit erhobener Axt über
ihm.
    Der wütende Kieselstein rammte dem Mann seinen Speer in den
Rücken. Mit dieser Waffe vermochte Kieselstein die Haut und den
Brustkorb eines Elefantenbabys zu durchstoßen und es war ein
Kinderspiel, den schweren Speer durch die Haut, Rippen und das Herz
eines Hominiden zu treiben. Er hob den Körper des Manns wie
einen aufgespießten Fisch an. Er zappelte, und Blut schoss ihm
aus Mund und Rücken. Die klebrige rote Flüssigkeit lief am
Schaft des Speers entlang und benetzte Kieselsteins Arme.
    Dann kniete Kieselstein neben Hände nieder. Aber der
große Mann lag bewegungslos, und die muskulösen
Gliedmaßen waren schlaff. Trauer keimte in Kieselstein auf: Er
hatte schon wieder einen Kameraden verloren. Er stand auf, wobei ihm
das Blut von Händen und Armen herablief und hielt Ausschau nach
dem nächsten Gegner.
    Aber die gespenstischen Nackten suchten das Weite. Die Dünnen
schleuderten die Speere aus feuergehärtetem Holz, und diese
regneten auf die fliehenden Hominiden herab.
    Kieselstein erschauerte. Er war froh, dass nicht er es war, den
diese Dünnen mit einem solchen Vernichtungswillen verfolgten.
Dann hob er den Stoßspeer auf und folgte den Verbündeten.
Händes Körper überließ er den Hyänen.
     
    Die Auslöschung einer Gruppe durch eine andere war weit
verbreitet bei sozialen und Fleischfresser-Spezies – bei
Ameisen, Wölfen, Löwen, Affen und Menschenaffen zum
Beispiel. In dieser Hinsicht war das Verhalten der Leute nur ein
Ausfluss ihrer tiefen animalischen Verwurzelung.
    Doch unter Wölfen, Menschenaffen, Pithecinen und sogar den
Läufern hatten solche Maßnahmen sich als ineffizient
erwiesen. Ohne wirkungsvolle Waffen waren solche Feldzüge nur
mit einer überwältigenden zahlenmäßigen
Überlegenheit erfolgreich, und es dauerte unter Umständen
Jahre, bevor ein Krieg zwischen zwei rivalisierenden Gruppen aus ein
paar Dutzend Pithecinen beendet war. Selbst in der langen Geschichte
der sesshaften Robusten hatten solche Massaker kaum stattgefunden.
Wohl wurden verirrte Fremde getötet, aber es wurden keine Kriege
um Lebensraum geführt.
    Allerdings änderte sich das nun in dem Maß, wie die
genetische Definition von Harpunes neuem nomadischem Stamm sich
ausbreitete. Harpunes Art verfügte über präzise, weit
tragende Waffen und helle Köpfe, die in zunehmendem Maß zu
strukturiertem und analytischem Denken befähigt waren. Sie waren
in der Lage, Massentötungen mit nie da gewesener
Gründlichkeit durchzuführen. Jedoch wirkte sich das auch
kontraproduktiv aus. Die Kriegführung gegen andere Gruppen zwang
die Hominiden, sich zu immer größeren Verbänden
zusammenzuschließen – mit allen sozialen Komplikationen,
die sich daraus ergaben. Außerdem prägte das Morden die
Mörder: Parallel zur Liebe entwickelte sich der Hass.
    Nachdem sie eine besonders große Siedlung ausgehoben hatten,
veranstalteten Ko-Ko und die anderen eine Art Party. Sie schleiften
die Leichen der Frauen, Kinder und Männer aus der Siedlung auf
eine freie Fläche und stapelten sie auf. Es waren dreißig
oder vierzig, und alle hatten aufgeschlitzte Bäuche, gespaltene
Brustkörbe und zertrümmerte Schädel. Dann warfen sie
brennende Äste auf den Leichenberg und zündeten ihn an.
Ko-Ko und die anderen tanzten schreiend und brüllend um die
brennenden Leichen.
    Die dünnen Jäger schleppten Gefangene an. Es waren eine
Mutter mit Kind, ein dürrer Junge, der noch so klein war, dass
man ihn zu tragen vermochte. Die Jäger hatten sie an einer
Klippe umzingelt, wo sie sich hatte verstecken wollen. Dünne und
Robuste scharten sich brüllend und kreischend um die Mutter und
richteten Stoßspeere auf ihr Gesicht.
    Kieselstein hatte den Eindruck, als ob die Mutter wie gelähmt
war. Vielleicht stand ein Ausdruck von Schuld in das schmale,
vorspringende Gesicht geschrieben. Sie hatte überlebt,
während alle anderen gefallen waren, alle außer ihrem
kleinen Kind, und sie hatte keine Gefühle mehr.
    Ko-Ko trat vor. Mit einer fließenden Bewegung stieß er
der Frau den Speer in die Brust. Eine schwarze Flüssigkeit
spritzte aus dem Körper. Sie verkrampfte sich – mit dem nur
zu vertrauten Geruch des im Todeskampf abgesonderten Kots – und
sackte zusammen.
    Und das Kind lebte noch. Es klammerte sich wimmernd an seine
Mutter und versuchte sogar, noch an der blutigen Brust zu saugen. Und
wie eine

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