Ewig sollst du bueßen
auszusuchen. Wenn zehn Männer nach deiner Nummer fragen,
würdest du sie dem geben, der eine gemeine Ader hat.«
»Du solltest gerade reden!«, lachte Jody. »Was ist denn mit dem
Typen, mit dem du zusammen warst und der diesen Mörder verteidigt hat? Und du
erzählst mir, dass ich die Guten nicht von den Schlechten unterscheiden kann.
Ich bin froh, dass du ihn los bist.«
Anna hielt inne und blickte dann in ihren Kakao. Sie legte ihre
Finger um den warmen Becher und atmete tief ein.
»O nein«, sagte Jody. »Erzähl mir nicht, dass du wieder mit ihm
zusammen bist.«
»Nein«, sagte Anna nachdrücklich. »Aber â es ist kompliziert.«
»Was ist los?«, fragte Jody misstrauisch.
Anna wusste nicht, wo sie anfangen sollte. »Hast du einen Computer
hier?« Kurz darauf surfte sie auf Jodys groÃem alten Dell, der auf einem
Klapptisch in einem der freien Schlafzimmer stand, durchs Internet. Anna ging
auf die Seite eines juristischen Blogs: Ãber dem Gesetz: ein
juristisches Boulevardblatt. Unter dem Logo
waren geschwätzige Artikel über Klatsch und Tratsch aus der Welt des Rechts.
Anna scrollte zu einem neueren Eintrag mit dem Titel »Ein höherer Sexskandal«.
Fotos von Anna und Nick waren in den Text eingefügt. Sie stand auf und lieÃ
Jody den Artikel lesen. Anna konnte ihn so gut wie auswendig, seit er vor ein
paar Tagen erschienen war.
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Die pikanteste Geschichte des Tages betrifft Anna Curtis, eine
junge blonde Anwältin bei der Bundesstaatsanwaltschaft, die mit dem
Strafverteidiger Nicholas Wagner liiert war. Man könnte denken, dass da nicht
viel dabei ist â bis man erfährt, dass sie gegnerische Anwälte in einem der
gröÃten Mordfälle des Jahres in D.C. sind. Curtis ist Staatsanwältin im Fall
von Dâmarco Davis, der kürzlich eine Menge Presse erhielt, als der Angeklagte
aus dem Gefängnis entkommen und Curtis zu Hause überfallen hatte. Wagner ist
Davisâ Anwalt. Eine zuverlässige Quelle berichtete uns, dass Curtis und Wagner
über eine nicht näher angegebene Zeitspanne zusammen waren. Wir haben versucht,
Curtis bei der Arbeit zu erreichen, doch haben wir nur eine kryptische
Bandansage bekommen, die berichtete, dass sie »eine neue Aufgabe« habe. Gerüchte
besagen, dass sie entweder gefeuert oder freigestellt wurde. Wagner, der noch
bei der Verteidigung arbeitet, war für einen Kommentar nicht zu erreichen, und
Sprecher beider Büros riefen nicht zurück. Also müssen wir uns an Sie wenden,
liebe Leser. Sollten Sie irgendwelche Informationen zu dieser Geschichte haben,
dann senden Sie uns doch bitte eine E-Mail. Wir werden Sie auf dem Laufenden
halten, wenn Neues bekannt wird.
Unter der Geschichte hatten Leute mit mehr oder weniger
Schadenfreude Kommentare eingestellt. Einige schienen von Anwälten ihres Büros
zu stammen.
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Curtis hätte nie auf diesen Fall angesetzt werden dürfen. Sie
war erst seit ein paar Monaten bei der US-Bundesstaatsanwaltschaft. Das kommt
davon, wenn man eine unerfahrene Staatsanwältin an einen Mordfall lässt.
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Ich dachte, sie würde es mit dem Chef der Mordabteilung
treiben, nicht mit dem Strafverteidiger.
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Anna Curtis ist eine intelligente und hart arbeitende Anwältin
mit hohem ethischem Anspruch. Es ist eine Farce, dass ihr Name so durch den
Schmutz gezogen wird.
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egal. sie ist sexy.
Die Kommentare gingen über drei Seiten. Jody richtete sich
auf und schaute Anna an. »O nein, Annie«, meinte sie und schüttelte den Kopf.
Anna erzählte ihr von Nicks volltrunkenem Besuch, von Jack, der ihr
Blumen brachte, wie Nick an die Tür kam und sich die Blumen schnappte. Wie sie
versucht hatte, Jack das Ganze zu erklären und zusehen musste, wie er wegfuhr.
Sie erzählte, wie Jack sie von dem Fall abzog, wie sie es Carla erklärt hatte,
aber am Ende zur Fallerfassung degradiert wurde.
»Wenigstens bist du nicht gefeuert worden«, meinte Jody und schob
Anna zurück auf die Couch im Wohnzimmer, wo sie es sich wieder gemütlich
machten.
»Nein.« Anna war überrascht, dass sie darüber fast enttäuscht war,
anstatt erleichtert zu sein. »Sie feuern dich nicht. Sie weisen dir irgendeinen
Mistjob im Keller zu und warten darauf, dass du von selber gehst. Ich hätte
wirklich Lust dazu.«
Genau aus dem Grund war Anna hier. Sie hatte sich für ein paar Tage
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