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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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warum die Erinnerung an die letzten
Schläge, die ihre Mutter bekommen hatte, sich mit Bildern von Lapreas Fall
mischten, warum diese beiden Szenen sie diese Nacht und so viele davor nicht hatten
schlafen lassen. Anna hatte bei Laprea versagt – genau wie sie bei ihrer
Schwester vor so vielen Jahren versagt hatte. Deshalb wollte sie kündigen.
Deshalb war sie nach Michigan gekommen, um das herauszufinden.
    Ihr Schluchzen ließ nach und sie wischte sich mit dem Ärmel ihres
T-Shirts übers Gesicht.
    Â»Ich habe daran gedacht«, sagte Anna schließlich, »wie Mom das
letzte Mal von Dad geschlagen wurde.«
    Anna blickte ihre Schwester an, wartete darauf, dass sie ärgerlich
wurde. Aber da kam nichts. Stattdessen wurde Jodys Gesicht ganz weich …
warum? Anna wurde klar, dass es Erleichterung war, endlich darüber zu sprechen.
    Â»Erzähl mir darüber«, sagte Jody sanft und setzte sich neben sie.
    Â»Es tut mir so leid, Jo.« Annas Stimme zitterte. »Was ich dir an
jenem Tag angetan habe. Das hier.« Anna streckte ihre Hand aus und berührte die
verblassende Narbe auf Jodys Wange. »Ich habe dich geschubst, direkt in den
Gürtel. Diese Narbe … die Stiche … diese dummen Kinder, die dich Frankenstein
genannt haben – alles war meine Schuld.«
    Â»O Annie. Es war nicht deine Schuld. Es war Dads Schuld.«
    Â»Ich war so ein Feigling.«
    Â»Nun komm schon – du warst zehn. Ich werfe dir nichts vor. Ich bin froh, dass du es getan hast«, sagte Jody ernst und zog sich
ein Stück von Annas Decke über ihre Beine. »Ich hatte zu viel Angst, um selbst
etwas zu unternehmen, und Mom hat unsere Hilfe gebraucht. Wenn er mich nicht verletzt hätte, hätte Mom niemals die Polizei
gerufen, hätte sie ihn niemals verlassen, hätte sie ihn niemals verklagt. Hätte
es diese Narbe nicht gegeben, dann hätte sie ihn wieder zurückkehren lassen,
wie schon so viele Male vorher. Und wir hätten nicht diese zwölf Jahre mit ihr
gehabt, diese guten Jahre. Ich bin stolz auf diese Narbe, Anna, weil sie Mom
die Freiheit geschenkt hat. Sie hat uns die Freiheit geschenkt.«
    Anna biss sich auf die Lippe, als Jody sie umarmte. Es stimmte, nach
diesem Tag hatten sie Ruhe vor ihrem Vater gehabt. Er hatte sich schuldig
bekannt und ein Jahr im Gefängnis gesessen. Anna und Jody hatten ihn hinterher
nur ein paar Mal gesehen – während vom Gericht beaufsichtigten Besuchen, bei
denen beide Mädchen sich geweigert hatten, mit zu sprechen. Und endlich – nachdem
sie so oft geschlagen worden war – weigerte sich auch ihre Mutter, ihn wieder
bei sich aufzunehmen. Er gab schließlich auf und zog in einen anderen Staat,
sah sich nach einem anderen Job um. Der Weggang ihres Vaters war das Beste, was
ihnen hatte passieren können. Anna, Jody und ihre Mutter zogen zunächst zu Großtanten,
bis ihre Mutter ihre Ausbildung zur medizinischen Assistentin abgeschlossen
hatte und sie ihre eigene kleine Wohnung hatten. Nach all dem waren die Mädchen
regelrecht aufgeblüht.
    Aber das änderte nichts an der Feigheit von Annas Tat – oder der Narbe,
die Jody als Ergebnis davongetragen hatte.
    Â»O Jo, ich hätte Mom retten sollen. Ich
war deine große Schwester. Ich habe dich geopfert, anstatt dich zu beschützen«,
flüsterte Anna an Jodys Hals. Sie dachte an Laprea, die tot auf einem Haufen
Müll hinter D’marcos Wohngebäude gelegen hatte. »Ich kann niemanden beschützen.
Ich bin wertlos.«
    Â»Das reicht jetzt!« Jodys Stimme war freundlich, aber bestimmt, als
sie sich aufrichtete, um ihre Schwester anzuschauen.
    Â»Ich könnte doch einfach kündigen und wieder herziehen«, sagte Anna
leise. »In Flint brauchen sie auch Anwälte.«
    Â»Das kommt nicht in Frage!« Jodys Gesicht wirkte ernst. »Du hast es
geschafft, von hier wegzukommen! Und du wirst das durchstehen. Ich bin immer
stolz auf dich gewesen, und Mom war es ebenso. Du hast etwas aus deinem Leben
gemacht. Ich gebe bei meinen Freunden mit dir an: Großstadtanwältin, bekämpft
Verbrechen in der Hauptstadt der Nation.«
    Â»Damit ist es jetzt vorbei. Ich kann nicht dahin zurückgehen.«
    Â»Wer bist du, was ist nur aus meiner Schwester geworden?« Jody
runzelte die Stirn und sah sie streng an. »Du bist nicht aus Selbstmitleid so
weit gekommen. Und du hast Mist gebaut? Na und? Du bist auch nur ein Mensch.
Sie

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