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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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hoffen, dass sich
der neue Besitzer gut um sie kümmern würde.
    Dann fiel Annas Blick auf ihren Schreibtisch. Auf der Ecke lagen
drei dicke Aktenmappen, die zusätzlich zu den Kisten im Einsatzraum ihre
Arbeitsunterlagen zu Lapreas Fall enthielten. Anna strich mit der Hand darüber
und verharrte kurz bei dem Hefter, auf den sie gestern VATERSCHAFTSTEST
geschrieben hatte. Jack hatte ihr gestern Abend befohlen, ihn zurückzuziehen,
aber nun war es zu spät. Es war eindeutig nicht mehr ihr Fall. Jack würde das
erledigen. Jack würde sich von nun an um alles kümmern. Sie hievte die Akten
hoch und brachte sie zu Jacks Büro. Seine Tür war untypischerweise geschlossen.
    Â»Er ist in einer Besprechung«, rief Vanetta. »Kann ich
weiterhelfen?«
    Â»Mmh.« Anna schaute auf die Tür, dann wieder zurück zu der
Sekretärin. Sie fragte sich, ob Jack wirklich eine Besprechung hatte oder ob er
einfach nicht mit ihr reden wollte. Es spielte keine Rolle. Anna übergab
Vanetta widerwillig die Akten. »Können Sie ihm sagen, dass ich die
vorbeigebracht habe?«
    Â»Aber klar.«
    Anna ging niedergeschlagen in ihr Büro zurück und fing an, ihre
Sachen zusammenzupacken.
    Eine halbe Stunde später schob sie die Eingangstüren der
US-Bundesstaatsanwaltschaft auf, in ihren Händen eine Schachtel mit
Haarbändern, Energieriegeln, einer Packung Kniestrümpfen und anderem Zeug. Ein
paar Passanten schauten sie neugierig an. Ene, mene, mu, raus bist du. So
fühlte es sich also an, wenn man mitten am Tag aus seinem Büro kam und einen
Karton mit schnell zusammengekramten persönlichen Dingen trug.
    Sie blickte zum Gericht zu ihrer Linken. Wenn sie ihren Job behalten
wollte, musste sie zum Erfassungsraum in den Keller des Gerichtsgebäudes gehen.
Dann blickte Anna zu der U-Bahn-Station zu ihrer Rechten. Sie konnte einfach
den Aufzug nach unten fahren und den nächsten Zug nach Hause nehmen.
    Alles, was Anna an diesem Job liebte, war nun Vergangenheit. Wenn
sie jetzt kündigte, bliebe ihr eine Menge Kummer erspart, und, ganz im
Gegensatz zu einem Rausschmiss, würde es ihren Lebenslauf nicht ruinieren. Wenn
sie nicht hier arbeitete, würde es keine Untersuchung durch die Ethikabteilung
geben und auch keine anschließende Weiterleitung an die Anwaltskammer. Sie
würde ihre Lizenz behalten können. Und sie müsste nicht monatelang im
Erfassungsraum arbeiten, in der Hoffnung, von allen Vorwürfen freigesprochen zu
werden, während die Kollegen über ihre Degradierung tuschelten. Mit ihrer
Qualifikation könnte sie problemlos einen Job in einer Anwaltskanzlei bekommen.
Sie könnte Unmengen von Geld machen, in einem Büro mit Aussicht sitzen, jeden
Abend Sushi essen. Reinen Tisch machen. Neu anfangen.
    Es war verführerisch.
    Sie stand lange so da, schaute zwischen dem Gericht und der
U-Bahn-Station hin und her und fragte sich, welchen Weg sie nehmen sollte.

KAPITEL 31
    Die Straße vom Detroit Metro Airport nach Flint führte
schnurgerade über schneebedecktes Farmland. Die Novemberlandschaft bot neben
dem Weiß des Schnees nur Braun- und Grautöne: zinnfarbener Himmel, kahle Bäume,
tote Grasbüschel, die sich durch den Schnee bohrten. Am Highway waren die
weißen Felder mit Schneematsch und Haufen von rußigem Eis gesäumt, das auf den
Seitenstreifen geschoben worden war. Als die Stadt Flint näher kam, ging das
Farmland in besiedeltes Gelände über und es tauchten Lagerhallen,
Einkaufszentren, Supermärkte und Fastfoodläden auf. Die Felder wurden zu
Parkplätzen, auf denen reihenweise streusalzverkrustete SUVs standen.
    Anna saß auf dem Beifahrersitz des GMC Yukon ihrer Schwester, durch
die Sitzheizung von hinten angenehm warmgehalten. In Flint arbeiteten alle in
der Autoindustrie und kauften sich rundum ausgestattete Wagen zu Spottpreisen.
Der große Ledersitz des SUV war luxuriös im Vergleich zu den Plastiksitzen, die
Anna von der U-Bahn in Washington her gewohnt war. Aber sie hatte sich auch an
die eleganten Botschaften gewöhnt, die gepflegten Blumenbeete und glitzernden
Teiche, die staatlichen Museen und Denkmäler. Diese trüben vorstädtischen
Randgebiete hatten ihr nicht gefehlt.
    Ihre Schwester dagegen schon.
    Sie blickte Jody an, die den Truck über die nassen grauen Straßen
steuerte. Wenn sie Jody früher angesehen hatte, war es immer gewesen, als ob
sie in einen Spiegel

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