Ewig sollst du bueßen
Aufprallen von
Dâmarcos Fäusten auf ihrem Körper erinnerte.
»Er muss sehr hart zugeschlagen haben«, meinte Anna.
»Ich habe das Gefühl, dass er im Gefängnis trainiert hat.« Laprea
lachte laut und bitter auf. »Ich rannte aus dem Haus, doch er hat mich genau
vor der Tür wieder eingefangen. Er hat mich gleich dort an Ort und Stelle
plattgemacht, auf der vorderen Veranda, und Gott und die Welt konnten
zuschauen.«
»Plattgemacht?«, fragte Anna.
»Nach dem Gesicht gegriffen und zugedrückt, Maâam«, antwortete
Green.
»Es war so peinlich«, fuhr Laprea fort. »Mir wurde gar nicht richtig
bewusst, wie weh es tatsächlich tat â ich dachte nur, dass meine Nachbarn das
nicht sehen sollten. Ich wollte nur, dass er abhaut. Deswegen habe ich zu ihm
gesagt, dass ich mich eigentlich wirklich mit jemand anders treffen sollte,
weil er mich nicht verdient.«
Laprea fing wieder an zu weinen. Anna reichte ihr noch eine
Serviette.
»Dann zog er mich hoch und warf mich gegen die Hauswand und fing an,
in mein Gesicht zu schlagen. Meine Nase blutete und ich konnte kaum noch etwas
sehen. Dann presste er mein Gesicht so hart gegen die Wand, dass meine Haut
brannte.«
Laprea tupfte vorsichtig über ihre geschwollenen Augen. Das
Schlimmste an diesen Schlägen war nicht der Schmerz oder die Scham, nicht
einmal der Kummer. Es war die Frage, wie sie es ihren Kindern erklären sollte.
Sonst hatte sie ihnen erzählt, dass sie sich an einer Tür gestoÃen hätte oder
auf dem Bürgersteig gestolpert wäre. Doch sie wurden langsam älter und stellten
ihre »Unfälle« infrage. Sie hatten gesehen, wie Dâmarco sich an ihr vergriffen
hatte. Es jagte ihnen schreckliche Angst ein.
Sie schwor sich, dass sie das nie wieder mit ansehen mussten. Sie
würde alles dafür tun. Und jetzt musste sie diese schlimme Geschichte zu Ende
bringen. Sie atmete tief durch.
»Er drückte mein Gesicht gegen die Wand und kam ganz nah an mich
heran. Er hielt seinen Mund an mein Ohr, als ob er mir etwas Nettes zuflüstern
wollte. Und er sagte, wenn er mich jemals mit einem anderen Mann erwischen
würde, würde er mich töten.«
KAPITEL 3
Um halb sechs am Abend schlossen Anna und Grace den
Erfassungsraum ab und gingen über die StraÃe zum Gebäude der
Bundesstaatsanwaltschaft. Vor Anna lagen noch einige Stunden Arbeit, aber
wenigstens hätte sie ihre Ruhe in dem Büro, das sie mit Grace teilte. Als Anfängerin
war Anna zuständig für etwa zweihundert Vergehen, die auf der Wichtigkeitsskala
ganz unten standen. Sogar Fälle wie der von Laprea fielen in diese Kategorie.
Es gab so viel Kriminalität, dass das Opfer erschossen oder lebensgefährlich
verletzt sein musste, damit der Fall als schweres Verbrechen eingestuft wurde.
Eine Wand voll verschrammter Aktenschränke beherrschte ihr enges
Büro. Anna begann sofort die einundzwanzig neuen Fälle, die ihr an diesem Tag
zugewiesen worden waren, in Ordner zu sortieren. Neue Akten anzulegen war für
sie der einzige Weg, mit der Flut von Fällen mithalten zu können. Ihre
Bürokollegin ging anders damit um. Aktenstapel, Aufnahmen von Notrufen und
Designerschuhe bedeckten Graces Schreibtisch und den Boden um ihn herum. Trotz
ihres frischen maÃgeschneiderten ÃuÃeren war diese Frau völlig chaotisch.
AuÃerdem war sie die beste Freundin, die Anna in D.C. hatte.
Grace lieà sich auf ihren Stuhl fallen, kickte ihre konservativen
Gerichtspumps in eine Ecke und fischte ein Paar rote Stilettos aus Lackleder
aus einer Schublade ihres Schreibtischs.
»Die Schuhe haben heute Abend sicher etwas Aufregenderes vor als
ich«, mutmaÃte Anna.
»Charles führt mich in die Oper aus.«
»Wie schön!« Anna musste sich zwingen, etwas Begeisterung in ihre
Stimme zu legen. Sie würde den Abend wie immer allein verbringen.
Graces Ehemann war Partner in einer groÃen Anwaltskanzlei, und sie
hätte ihre Tage damit verbringen können, mit Damen zu Mittag zu essen und
Wohltätigkeitsveranstaltungen zu organisieren. Sie hatte sich diesen Job so
ausgesucht, wie andere Frauen sich dazu entschlieÃen, Quilts zu nähen oder an
Bauchtanzkursen teilzunehmen â weil es ein interessanter Zeitvertreib war.
Anna sah es eher als eine Form von BuÃe an.
»Arbeite heute nicht zu lange«, mahnte Grace an, als sie auf dem Weg
zur Tür war.
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