Ewige Schreie
helfen. Aber kam er gegen dieses Wesen überhaupt an, unter dessen schwarz gefärbtem oder verkohltem Gesicht knallrot die Schiingennarbe leuchtete, die der Seildruck beim Hängen hinterlassen hatte.
Das Bild des Abscheus und des Grauens.
Michael Facius vertraute auf die Kraft des Kreuzes. Davor hatte noch jeder kapituliert. Der Teufel war niemals stärker als das Kreuz. Schon der Heilige Antonius hatte der Versuchung des Satans widerstanden, das Kreuz hatte ihn gerettet, und in diesen Augenblicken fühlte sich der Geistliche ähnlich wie sein Vorbild, das vor langer, langer Zeit gelebt hatte.
Er drehte sich zur Seite, wollte das Kreuz fassen und griff ins Leere. Er erschrak, weil er zudem das häßliche Lachen des anderen hörte, und dem Pfarrer fiel mit Schrecken ein, daß er es gewesen war, der das Kreuz aus der Hand gelegt hatte, um dem Verletzten aus dem Grab zu helfen.
Da hatte er sich ins eigene Fleisch geschnitten.
Das merkte auch Sam Davies. Bevor der Pfarrer ein zweites Mal reagieren konnte, hatte der Unheimliche die Chance erkannt. Seine Knochenhände legten sich zusammen und wurden vorgetrieben. Der Pfarrer sah das Unheil kommen, er konnte ihm jedoch nicht ausweichen, denn er besaß nicht mehr die Reaktionsschnelligkeit wie vor 20 Jahren.
Am Kopf wurde er zwar nicht getroffen, den hatte er noch schnell genug zur Seite nehmen können, dafür bekam er den im wahrsten Sinne des Wortes knochenharten Hieb an der rechten Schulter mit. Auch sein Schlüsselbein wurde in Mitleidenschaft gezogen, und er hatte Mühe, einen Schmerzensschrei zu unterdrücken.
»Ins Grab mit dir!« dröhnte die Stimme des Unheimlichen in den Ohren des Geistlichen, als er sich bereits auf den Weg nach hinten befand und das Ubergewicht bekam.
Er schlug auf den Lehm und auch auf den Verletzten. James McMullogh stöhnte auf, dann kippte der andere Körper nach hinten und drückte ihm die Atemluft ab.
Am Grabende aber stand Sam Davies. Die Arme hatte er hochgerissen. Blutrot leuchtete die Schiingennarbe an seinem Hals. Aus dem Maul drang ein hallendes Gelächter, das schon mehr an das ferne Grollen eines Gewitters erinnerte.
»Ein Grab für zwei!« schrie er. »Ein Grab für euch zwei. Das ist die Rache des Gehängten…«
***
Es fiel ein Schuß!
Ich rechnete tatsächlich mit dem endgültigen Aus, denn einer Ladung Schrot konnte ich nichts entgegensetzen. Aber die Schwärze des Todes blieb aus. Statt dessen vernahm ich andere Geräusche. Ein erstickt klingendes Gurgeln, einen schleifenden Schritt, dann fiel etwas dicht neben mich, danach ein schwerer Fall und im nächsten Augenblick die Flüche der Männer, in die sich wieder ein Schrei mischte, ähnlich klingend wie der erste.
Was war geschehen?
Um mir darüber Gedanken zu machen, hatte ich keine Zeit. Ich mußte sofort etwas tun, sonst war alles verloren. Gedankenschnell rollte ich mich zur Seite und spürte etwas Hartes unter meinem Körper. An den Umrissen erkannte ich die Schrotflinte, die Garner aus den Händen gefallen war.
Was ich hier etwas breit erzähle, spielte sich tatsächlich innerhalb einer kurzen Zeitspanne ab.
Ich schaltete richtig, packte die Schrotflinte und wälzte mich mit ihr herum, um meinem Körper dabei den nötigen Schwung zu geben, damit ich in eine sitzende Stellung gelangte.
Die Waffe hielt ich im Anschlag, mein Finger lag am Abzug, und ich sah, was sich abgespielt hatte.
Neben mir lag Garner.
Wahrscheinlich tot, denn er war von einem Geschoß getroffen, das Helen abgefeuert hatte. Der kleine Eichenpfeil der Druckluftpistole steckte genau in seinem Hals.
Ein zweiter, es war Paddock, kniete am Boden. Auch er war getroffen worden. Weiß schimmerte sein Gesicht. Er hatte eine Hand halb erhoben und preßte sie auf die Brust. Der kleine Pfeil hatte ihn in Höhe des Herzens getroffen.
Zwei Hauptakteure hatte Helen ausgeschaltet. Sie stand da, als wäre sie aus Stein. Breitbeinig, die Arme vorgestreckt und die Druckluftwaffe mit beiden Händen haltend. Mund und Augen waren aufgerissen, wahrscheinlich hatte sie noch nicht richtig erfaßt, wie sehr sich die Lage durch ihr Eingreifen verändert hatte. Wenn sie es aber merkte, würde der Schock kommen, und bis dahin mußte ich die Situation fest im Griff haben.
Ich kam auf die Füße.
Es war schwierig, zudem hatte ich sehr viel Schwung hinter diese Aktion gelegt, und hundertprozentig fit war ich auch noch nicht, denn ich merkte deutlich, wie der Boden unter mir schwankte und sich die anwesenden
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