Ewiger Schlaf: Thriller
gesehen.«
»Aber du hast Wein getrunken.«
»Ein halbes Glas ungefähr.«
»Vielleicht war etwas in dem Wein.«
»Könnte sein. Aber ich hatte noch nie das Gefühl, unter Drogeneinfluss zu stehen, wenn ich bei ihr war. Was denkst du?«
Penn lehnte sich im Stuhl zurück und hob einen blauen Schaumstoff-Basketball vom Boden auf. »Ich weiß es noch nicht. Ich muss erst verarbeiten, was du mir erzählt hast. Aber es ist wohl offensichtlich, dass du sehr bald ernste Probleme bekommen könntest.«
»Sonst wäre ich nicht hier.«
»Deshalb hast du mich nach Lynne Merrill gefragt – ob man jemals über eine solche Beziehung hinwegkommt. Du hast Mallory gemeint.«
»Ja.«
»Sie war auf der St. Stephens nur ein Jahr über mir. Ich dachte, ich wüsste einiges über sie. Jetzt weiß ich, dass ich mich geirrt habe. An der Ole Miss habe ich nicht viel von ihr gesehen. Du offensichtlich schon.«
Waters nickte.
»John, du hast von Mallorys Psychose gesprochen, von schrecklichen Dingen, die geschehen sind ... von üblen Dingen, die sie getan hat. Aber du hast nicht gesagt, was es war. Auf der anderen Seite hast du erklärt, dass Eve nach und nach das gleiche Verhalten an den Tag legte wie Mallory, als sie den Verstand verlor.«
»Richtig.«
»Dann solltest du mir wohl von Mallory erzählen. Womit begann ihr Abrutschen in die Geisteskrankheit, wie du es genannt hast?«
Waters blickte nach links, wo ein großes Fenster den Blick auf einen Garten freigab. Dort stand eine hübsche Spiellandschaft aus behandeltem Holz; Waters hatte eine ähnliche für Annelise gebaut. »Ich weiß nicht, ob ich das kann, Penn. Ich meine ... hier sitzen wir, zwei Männer, am helllichten Tag, zwanzig Jahre, nachdem das alles passiert ist. Ich weiß nicht genau, ob ich dir vermitteln kann, wie das alles damals passiert ist und welche Wirkung es hatte.«
Penn lächelte. »Ich bin Schriftsteller. Mit diesem Problem schlage ich mich jeden Tag herum. Könnten Worte menschliche Gefühle mit genügend Macht vermitteln, müssten wir keine Tränen vergießen, niemanden umarmen, niemanden töten. Und weil ich das weiß, höre ich anders zu als die meisten anderen Menschen.«
Waters fühlte sich ermutigt, doch er zögerte noch immer. »Als ich meinen Abschluss an der South Natchez machte, wog ich mehr als neunzig Kilo. Während meines ersten Jahres an der Ole Miss habe ich weitere acht Kilo zugenommen. Nach einem Jahr mit Mallory wog ich nur noch achtzig. Ich sah aus wie ein Skelett.«
»Ich werde dir jetzt Fragen stellen«, sagte Penn, »aber du brauchst dich nicht verpflichtet zu fühlen, sie genau zu beantworten. Sag einfach, was dir in den Sinn kommt.«
»Okay.«
»Wenn du mit einem Wort beschreiben müsstest, wo die Wurzeln von Mallorys mentalen Problemen lagen – wie würde das Wort lauten?«
»Eifersucht.«
»Erklär mir das genauer.«
»Mallory war krankhaft eifersüchtig. Es fällt schwer, das zu glauben, so schön wie sie war, aber was mich betraf, schien Aussehen keine Rolle für sie zu spielen.«
»War sie auch in ihren früheren Beziehungen eifersüchtig?«
»Das weiß ich nicht. Vor mir hatte sie nur mit zwei Männern geschlafen. Einer war Football-Spieler an der St. Stephens, älter als sie.«
»Wade Anders wahrscheinlich. Ich erinnere mich, dass sie eine Zeit lang miteinander gingen. Anders war ein Arschloch.«
»Dann war sie mit einem Burschen von der Ole Miss zusammen, in ihrem ersten Jahr an der Uni. Als ich sie fragte, wer er gewesen sei, sagte sie, er sei älter als sie und von der Uni abgegangen. Ich war neugierig, weil sie mir sagte, sie hätten sexuell viel experimentiert – und ich glaubte ihr, denn es gab nichts, das Mallory nicht kannte oder tat.«
»Und?«
»Später fand ich heraus, dass der Mann Englischdozent war, achtunddreißig Jahre alt. Er verlor seinen Job. Kündigte oder wurde entlassen – ich weiß es nicht genau. Als Mallory ihn verließ, drehte der Bursche durch. Er verfolgte sie richtiggehend. Später fand ich heraus, dass Mallory auch gelogen hatte, was den Sex betraf: Sie hatten gar nicht so viel experimentiert. Sie hatte den Kerl dazu gebracht, ihr all die exotischen Dinge zu erzählen, die er gern mit ihr treiben würde, und was er sich wünschte, das sie für ihn tun sollte – aber die beiden taten diese Dinge gar nicht. Ich glaube, es war so etwas wie eine Folterung von Seiten Mallorys.«
»Aber mit dir hat sie diese Dinge getan.«
»Ja. Und damit begann das Problem. Ich war der Erste,
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