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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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eilends in den zweiten Hubschrauber gestapelt. Die Fahrer zogen sich zu ihren Wagen zurück und wendeten sie hastig von der Betonfläche zur Militärstraße. Rhita fragte sich, was passieren würde, falls man sie erwischte. Warum war es schiefgegangen? War dies wirklich der Fall?
    Sie drückte die Hände über die Ohrenschützer und schloß die Augen. Sie war noch nie geflogen.
    Oresias klopfte sie auf die Schulter, und sie schlug die Augen auf.
    Wir starten, bedeutete er ihr. Sie schaute aus dem quadratischen Fenster zwischen dem Platz des Erkunders und ihrem eigenen und sah, wie die mächtigen Gondeln des Düsenantriebs verschwammen, als die Rotorblätter schneller wurden. Das Gedröhn schien ihren ganzen Körper in Flüssigkeit zu verwandeln. Sie hatte seit Stunden kein Wasser gelassen. Der Drang war heftig. Sie biß die Zähne zusammen.
    Die beiden Maschinen verließen den festen Boden und hoben in nördlicher Richtung vom Asphalt ab. Sie konnte nicht sehen, was die Soldaten in den Fahrzeugen hinter ihnen machten. Sie hoffte, daß sie nicht schießen würden.
    Demetrios, der auf der anderen Seite des Gangs neben dem Kelten saß, grinste trotz seines grauen Gesichts und der angespannten Miene. Rhita schloß wieder die Augen.
    Sie wußte, daß sie Rhodos oder Rhamon oder das Heiligtum der Athene Lindia nie wiedersehen würde. Dieses Gefühl überkam sie jäh mit absoluter Gewißheit.
    Zum erstenmal begriff sie wirklich die Parallelen zwischen der Reise ihrer Großmutter und der eigenen. Auch die Großmutter war jung gewesen, nur ein paar Jahre älter als jetzt sie. Aber sie war nicht bloß aus ihrer Heimat fortgeflogen, sondern war von Raketen in den Weltraum gehoben, weg von Gaia – von der Erde.
    Wer war nun also verantwortlich? Was hätte sie tun können, um dieses Elend zu vermeiden? Rhita betete. Sie erinnerte sich an die Annehmlichkeit und den Frieden, ruhig im Schatten von Athenes Heiligtum zu sitzen; und für einen Augenblick war sie wieder dort, wo Athene in dem dunklen Holzschrein über ihr aufragte.
    Dann rollte der Hubschrauber scharf, und sie sah im Fenster etwas wie blitzendes Sandpapier mit Eisen- und Zinnspänen. Der Ozean lag direkt unter ihnen in Hunderten, vielleicht Tausenden von Ellen Entfernung.
    »Wir kurven nach Osten«, brüllte ihr Oresias ins Ohr. »Ich glaube, daß wir ohne Schaden weggekommen sind. Zumindest verfolgt man uns nicht.«
    »Wie werden wir es bei unserer Rückkehr antreffen?« rief Atta. Selbst bei hoher Lautstärke verriet seine Stimme Unbehagen. Er streckte die Hände aus und rieb sich mit den Fingerspitzen die Schläfen. »Was ist schiefgegangen?«
    Die Frage blieb ohne Antwort. Wie vorgesehen hielten sie Funkstille, fünf oder sechs Parasangen von der Küste entfernt.
    Der Druck in ihrer Blase wurde zu stark. Sie beugte sich nach vorn, bedeutete Oresias, einen Ohrschützer anzuheben, und sagte leise etwas. Er konnte sie trotzdem nicht hören.
    »Ich muß pinkeln«, brüllte sie. Der Erkunder hob eine Braue und deutete nach hinten, wo ein Besatzungsmitglied in einen Metallkanister urinierte. »Da gibt es einen Vorhang.«
    Rhita nickte. Nicht allzu peinlich für einen halb männlichen Wildfang, wie Patrikia zu sagen pflegte. Als sie fertig war, entleerte sie den Inhalt in einen Trichter im Fußboden. Vermutlich fiel er aus dem Flugzeug und tröpfelte übers Meer als ihr eigener persönlicher Regen.
    Schließlich gewöhnte sie sich an den Lärm und aß aus einem Paket Trockenfrüchte und Nüsse. Dazu trank sie Wein, der stark mit Wasser verdünnt war. Einer der drei Männer der Besatzung gab kleine Plastikbehälter mit Olivenöl aus und sagte allen: »Für eure Gesundheit. Lutscht es runter!«
    Rhita schaute zum Gepäckhalter über ihr und sah, daß das Schlüsselbein hinter seinem Netz sicher war. Sie suchte sich zu überzeugen, daß die Expedition unterwegs war und daß das Bedauern keinen Sinn hatte, welches sie trotzdem erfüllte.
    Nach einer Stunde änderte sich allmählich ihr Verhalten. Sie hatte sich an das Stoßen und das Auf und Ab in ihrem Magen fast gewöhnt. Wenn sie aus dem Fenster blickte und die klare, wolkenlose Luft der Küste sah und fern im Südwesten den Dunst über dem Delta, so gab ihr das eine neue Perspektive, die wirklich aufregend war. Sie hörte zu, wie Oresias und Jamal Atta mit dem Kybernetes, der das Flugzeug seinem Assistenten übergeben hatte, den Kurs absetzten. Rechts hinter ihnen flog die zweite Maschine mit genau dem gleichen Kurs

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