EwigLeid
äußere Erscheinung. Er kleidete sich gut. Sah gut aus. Roch gut. Aber er war zu sensibel und zugleich zu männlich, um sich in diese Kategorie eingliedern zu lassen.
Von daher verwunderte es nicht, dass Jase sehr feminine Frauen bevorzugte. Weshalb war er dann hier draußen bei ihr statt in der Bar bei seiner Begleitung?
Carrie verzog das Gesicht, nicht etwa, weil er hier bei ihr stand, sondern weil sie gerade deswegen so verdammt erleichtert war. „Was gibt’s, Tyler? Hat deine Freundin dich rausgeschickt, damit du den Rest ihres Outfits für sie holst? Ist ihr kalt geworden?“
Er hatte sie mit ernster Miene gemustert. Jetzt schenkte er ihr dieses Grinsen, bei dem Frauen immer weiche Knie bekamen und die Augen verdrehten, Carrie inbegriffen. Zum Glück war sie, abgesehen von ihrem Ausrutscher in Seths Gegenwart, ziemlich geübt darin, es zu verbergen.
„Ich bin ziemlich versiert darin, meine Frauen warm zu halten“, erwiderte Jase gedehnt. Ein leicht nasaler Texas-Dialekt färbte seine tiefe Stimme. „Ich habe dich gehen sehen und mich gefragt, warum du nicht wenigstens Hi gesagt hast.“
Spöttisch hob sie eine Augenbraue. „Hab ich das versäumt? Tut mir leid. Hi, Jase. Wie geht’s? Ist irgendwas Interessantes vorgefallen, seit wir uns zuletzt getroffen haben? Das muss vor … Moment …“ Sie warf einen Blick auf die Uhr, eine schlichte, einfache Ausführung mit kräftigem schwarzem Armband, genauso modisch und geschlechtsneutral wie ihre Gesamterscheinung. „Das war vor anderthalb Stunden im Büro, oder?“
Sie schaute wieder zu ihm hoch. Zu ihrer Überraschung war er näher an sie herangetreten und hatte sich geradezu vor ihr aufgebaut. So nahe, als wollte er sie allein mit seiner maskulinen Präsenz einschüchtern. Seine Körperwärme strahlte so intensiv wie ein loderndes Feuer auf sie ab. Sein Duft, frisch und sauber, aber mit einem Hauch Parfüm unterlegt, überwältigte sie. Begehren durchströmte ihren Körper, ihr wurde schwindelig, und sie verspürte Panik. Automatisch trat sie einen Schritt zurück.
Sie schob sich eine Locke zurück hinters Ohr und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Vorsicht, Tyler. Deine Freundin ist vielleicht nicht damit einverstanden, wenn du mir so nahe kommst. Was nicht heißen soll, dass sie mich als Bedrohung oder dergleichen betrachten würde, aber du weißt ja, wie dumm manche Frauen sein können.“
Jase ballte die Hände zu Fäusten. Geistesabwesend registrierte Carrie, dass er die Hände aus den Taschen genommen hatte. Er hatte große Hände. Lange, elegante Finger, die besser zu einem Künstler gepasst hätten als zu einem Cop. Große Füße hatte er auch. Zwar war er ungewöhnlich groß, allerdings nicht so massig wie einige von ihren Teamkollegen, zum Beispiel Liam „Mac“ McKenzie und Simon Granger. Und Jase sah zwar gut aus, jedoch eher wie ein hübscher Junge, nicht auf gnadenlos maskuline Art. Deswegen wurde er häufig unterschätzt, und wenn sich der strahlende Charmeur vor aller Augen in einen gefährlich harten Typ verwandelte, waren die meisten geschockt. Manchmal vergaß selbst Carrie, wierabiat er sein konnte. Wenn es dazu kam, erinnerte Jase sie unweigerlich daran, indem er einen gefährlichen Verdächtigen verhaftete oder mit einer ätzenden Retourkutsche auf eine ihrer bissigen Bemerkungen reagierte.
Jetzt erfolgte keine Retourkutsche. Stattdessen hob Jase die eine seiner besagten großen Hände und strich Carrie mit den Fingerspitzen sacht über die Wange. Ihr Herz klopfte wild. Spontan war sie versucht, die Augen zu schließen und sich an diesen wunderbaren Mann zu lehnen. Sie dachte ohnehin schon an das erste und einzige Mal, als er sie vor knapp einer Woche geküsst hatte. Macs Freundin Natalie Jones war überfallen worden und im Krankenhaus gelandet. Jases Kuss war als Trost gedacht, weil Carrie sich große Sorgen gemacht hatte. Eine leichte, flüchtige Berührung ihrer Lippen und viel zu schnell vorüber. Doch die Wirkung war verheerend gewesen. Genauso wie seine jetzige Berührung. Carrie konnte nicht anders; sie begann zu zittern, und die Art, wie er die Augen zusammenkniff, und die Glut in seinem Blick verrieten ihr, dass ihre Reaktion ihm nicht entgangen war.
„Regina sollte dich aber eindeutig als Bedrohung betrachten“, erwiderte er leise.
Ungläubig schaute sie Jase an. Nein. Sie hatte sich bestimmt verhört. Sie versuchte ein höhnisches Lachen, doch es klang eher atemlos.
„Ich möchte dich noch
Weitere Kostenlose Bücher