EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
empfangen können. Wir zwingen die Menschen, ihre Informationen vom TV zu beziehen. Weil es den höchsten emotionalen Faktor hat. Schließlich geht es um Angst – politische Angst!
Zum vierten Punkt, Real-Events. Um die Authentizität des Programms zu steigern, wird ein Linienflugzeug ganz in der Nähe von Globalvillage abstürzen, am helllichten Tag – es soll möglichst viele Augenzeugen geben. Das Flugzeug wird ferngesteuert sein, niemand wird zu Schaden kommen. Die Folge des Absturzes wird sein, dass von uns gestellte TV-Teams nach Globalvillage kommen, um Interviews mit Augenzeugen zu machen. Die Bewohner werden also im Verlauf dieser sich entwickelnden, unglaublichen Nachrichtenlage auf einmal ihr eigenes Dorf, ihre eigenen Bekannten und Freunde am ›nationalen TV‹«, er zeichnete Anführungszeichen in die Luft »sehen – es gibt wenig, nein, nichts, was wir unternehmen könnten, um das Erlebnis für die Bewohner noch echter, noch reeller, noch authentischer zu gestalten.«
Warren machte eine Kunstpause und blickte mit großen Augen in die Runde. Paul und Patricia nickten anerkennend. »Aus den Nachrichten werden sie erfahren, dass angeblich Terroristen das Flugzeug entführt hätten, um es mitten in einer Großstadt abstürzen zu lassen – Atlanta, New Orleans, Dallas, wo auch immer – eine Stadt in der Nähe von Globalvillage. Die Passagiere hätten dies aber dadurch verhindert, dass sie das Flugzeug heroisch auf freiem Feld zum Absturz gebracht hätten; man kennt diese Geschichte.« Warren machte eine verwerfende Geste und leerte mit einem einzigen Zug einen ganzen Becher Wasser. »Da Globalvillage physisch und hinsichtlich aller Kommunikationsmittel von der Außenwelt isoliert sein wird, angeblich aus Gründen der nationalen Sicherheit, eben um den Terroristen die Kommunikation zu verunmöglichen, kann die Nachrichtenlage innerhalb des Dorfes nicht verifiziert werden. Man wird unser Nachrichtenszenario für die wahre, echte Realität halten . Selbst Satellitensignale können in Globalvillage nicht empfangen werden, da wir sie elektronisch überlagern und auf diese Weise stören werden.« Er wandte seinem Publikum den Rücken zu und blickte zur Leinwand. »Real-Time, Real-World, Real-News und Real-Events. Zehn Tage, eine Kleinstadt, eintausendzweihundert Stunden Nachrichten, ein abstürzendes Verkehrsflugzeug – und das alles zum Schnäppchenpreis von nur einer Milliarde Dollar. Das ist Excess! « Warren drehte sich um und lächelte. Beeindrucktes Schweigen.
»Wie beenden wir das Experiment?«, stellte Patricia eine allen durch den Kopf gehende Frage.
Warren wusste, dass nun der schwächste Punkt im Konzept an die Reihe kam. Wie kann man so ein Experiment beenden? Er hielt sich weiter an die Vorgaben der Auftraggeber, auch wenn er sie für wenig realistisch hielt. Ist mir egal, dann bin ich längst weg, dachte er. Er bemühte sich, im selben Tonfall weiter zu sprechen wie vorher. »Wir werden jedem Bewohner eine Entschädigung von einhunderttausend Dollar anbieten, steuerfrei. Was übrigens, sie können alle rechnen, bei angenommenen eintausend Personen einhundert Millionen Dollar des Budgets ausmacht. Zehntausend Dollar pro Tag – kein schlechter Lohn für texanische Verhältnisse. Einhundert Millionen Dollar,« sprach er weiter, »genug, um in Globalvillage alle Straßen mit italienischem Marmor zu pflastern. Im Gegenzug werden die Bewohner eine Schweigeverpflichtung unterzeichnen. Bei Vertragsbruch muss die Entschädigung verzinst zurückgezahlt werden. Abgesehen von den massiven rechtlichen Konsequenzen, die man in diesem Fall zu gewärtigen hätte – wer macht sich schon gerne die Regierung zum Feind? Ein Verstoß gegen das Informationszugangsgesetz hat massive Konsequenzen, das sollten Sie sich merken. Der Gesetzgeber hat Geldstrafen bis zu fünfhunderttausend Dollar vorgesehen und Freiheitsentzug bis zu fünfzehn Jahren. Wir werden die Bewohner außerdem eindringlich darauf aufmerksam machen, dass kein Journalist auch nur eine Silbe über das Experiment schreiben wird, weil es ein Staatsgeheimnis ist.«
»Und wenn einer der Bewohner anonym auf dem Web über das Experiment berichtet?«, fragte Eugene.
»Natürlich, ein nahe liegender Gedanke. Wie verhindert man, ganz allgemein gesprochen, die Verbreitung der Wahrheit? Indem man sie verwässert, verzerrt, verbiegt, zerschnetzelt, einschmilzt und wieder neu formt, und das in unterschiedlichsten Varianten.
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