Exil
hat. Er hat sich entschuldigt.«
Alisons Stimme ist eiskalt: »Du belügst mich nie wieder über diesen Mann. Nie wieder. Sonst ist es vorbei.«
»Ja.«
»Außerdem soll er sich nicht bei dir entschuldigen. Sondern bei Samantha.«
»Ja«, sagt Frans noch einmal. Sie träumt.
Ich setze mir Kopfhörer auf, höre Musik. Ständig wird über die Liebe gesungen. Aber es nützt nichts.
Aufbruch
Ich fahre zum Norad-Haus. Jarno ist zu Hause. Er soll morgen fliegen. Christian ist mit Shakila am Strand. Nanu, rennt er jetzt ihr hinterher? Wir fahren hin. Christian sieht mich verwirrt an, als ich auftauche. Es ist egal. Ich verberge meine schlechte Laune. Frage ihn, was er vorhat. Er will nach Shinyanga, seinen Vater besuchen, vielleicht trifft er seinen Vater aber auch in Moshi.
»Und was ist mir dir, Shakila?«
Sie lächelt.
»Auf die Universität nach Kuba.«
»Hast du ein Praktikum bekommen?«
»Ja. Mein Vater hat den Leistenbruch des kubanischen Botschafters operiert und ihm ein sehr billiges Ferienhaus in Pangani verschafft. Sie spielen Golf zusammen«, erzählt Shakila, noch immer lächelnd.
»Das ist doch fantastisch«, meint Jarno.
»Das ist normal«, antwortet Shakila. »Wenn Kanada zwanzig Studienplätze als Auslandshilfe finanziert, dann stehen sämtliche Freunde des Kultusministers am Flughafen und winken ihren Kindern zum Abschied, die alle in Kanada studieren sollen. Und der Minister hat plötzlich ganz viele feine Knochen abzuknabbern.« Shakila zuckt die Achseln.
»Verflucht, wieso wollen alle hier weg?«, frage ich.
»Wir wollen weg«, erwidert Shakila, »weil Gott Afrika vergessen hat.«
»Gehst du noch immer in die Kirche?«
»Ja.«
»Wieso?«
»Es ist schön, Gott an meiner Seite zu wissen.«
»Christian, weißt du eigentlich, dass Shakila wie ein Engel singt?«, frage ich ihn.
»Nein. Wirklich?«
»Ja. Aber Samantha auch, als wir jünger waren, auf dem Internat in Arusha.«
»Du bist in Arusha aufs Internat gegangen?«, fragt Jarno und schaut Shakila an. Mich fragt er nicht – ich habe verschissen, weil ich ihn nicht rangelassen habe.
»Von der ersten Klasse an«, antwortet Shakila.
»Wieso haben sie dich von der ersten Klasse aufs Internat geschickt?« Jarno ist neugierig.
»Ich denke, mein Vater hat mich nicht geliebt.«
»Du auch?«, fragt Christian und sieht mich an.
»Zwei Jahre bei den Katholiken in Tanga und von der dritten Klasse an auf dem Internat in Arusha«, sage ich.
»Kannst du dich noch an die Uniformen erinnern?« Shakila lacht. Wir trugen alle Uniformen: flaschengrüne Unterhose, flaschengrüne oder schwarze Socken, khakifarbenen Rock und weiße Bluse, wie kleine Soldaten. Wenn wir am Abend in die Dusche mussten, gingen wir im Gänsemarsch in den Waschsaal, wuschen uns, putzten die Zähne, und dann zurück in unsere Schlafsäle. Am Wochenende durften wir unsere eigenen Sachen tragen, außer wenn wir sonntags in die Kirche gingen: die Jungen in weißen Hemden, schwarzen Hosen und blankgeputzten Schuhen, die Mädchen in weißen Blusen und weißen Schuhen.
»Und diese furchtbaren Pastorenkinder und missionarischen Lehrer aus Makumira «, sage ich. Shakila grinst: »Einen großen Christen haben sie nicht aus dir gemacht.« Sie hat Recht. Makumira ist ein Theologiezentrum mit europäischen und amerikanischen Lehrern, deren Kinder auf die Schule in Arusha gingen. Vor allem brachten wir uns gegenseitig bei, Zigaretten zu rauchen.
»Und was hast du vor, Christian?«, erkundige ich mich.
»Was meinst du?«
»Willst du wieder nach Hause und zur Schule gehen, oder bleibst du hier, aber, fuck, wovon willst du leben?«
»Vielleicht mach ich eine Taucherausbildung in Dänemark und starte ein Tauchzentrum für Touristen hier in Dar oder irgendwo an der Küste.«
»Da wird niemand kommen«, sage ich. »Wir hatten so was in Tanga, aber sowohl Tanga wie auch Dar sind zu weit weg von der nördlichen Touristenroute. Es funktioniert nicht. Wer tauchen will, geht nach Mombasa oder auf die Seychellen.«
»Ich habe auch schon daran gedacht, in Moshi eine Diskothek zu eröffnen.«
»Du hast keine Anlage.«
»Doch, habe ich, in Dänemark. Ich muss nur die Möglichkeiten abchecken, dann könnte ich eine Anlage hierher schicken.«
Ich glaube nicht, dass er hier zurechtkommt, aber ich halte meinen Mund. Es ist nicht meine Sache, außerdem bin ich ja wirklich die Letzte, die weiß, wie man hier zurechtkommt.
»Und in den nächsten Tagen, was willst du machen?« Ich bin
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