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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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vom Schulgelände, biege zum Fluss ab und gehe an der steilen Böschung die Treppe hinunter. Es hat einige Zeit nicht geregnet, deshalb kann ich von Stein zu Stein bis zum anderen Ufer springen, an dem ich ein Stück das Flussbett entlanggehe, bevor ich mich hinsetze und mir eine Zigarette anzünde. Ich schaue einem Waran zu, der am gegenüberliegenden Ufer einen Gecko jagt. Gefühlskalte Augen. Trockne eine Träne im Augenwinkel. Ziehe fest an der Zigarette, bis der Filter in meinen Fingern heiß und weich wird. Höre ein Stück entfernt ein Geräusch. Trete die Zigarette hastig unter meinem Schuh aus und schubse die Kippe die Böschung hinunter. Warte und beobachte die Treppe. Wahrscheinlich nur eine Frau auf dem Heimweg vom Markt … nein, Jarno, er läuft. Das T-Shirt in der Hand, die Bauchmuskeln angespannt unter der dünnen, schweißschimmernden Haut.
    Mama Mbege
    »Sam the man«, sagt er, bleibt stehen, lächelt und verschnauft, sein langes Haar hängt über den pissgelben Augen.
    »Wohin rennst du?«
    »Zum pombe -Haus, Mama mbege .«
    »Du läufst dahin, um Bier zu trinken?«
    »Ein paar Mal die Woche«, sagt Jarno. Mbege ist das einheimische, aus Hirse gebraute dickflüssige Bier, das lauwarm serviert wird. Man wird davon betrunken und satt.
    »Okay.« Ich gehe mit ihm. Wir erreichen den Rand eines kleinen Dorfes und das pombe -Haus; pombe ist eine allgemeine Bezeichnung für alkoholische Getränke. Ein paar Eingeborene sitzen auf dem gefegten Hofplatz in der Hocke. Wir setzen uns auf eine der Bänke, Jarno begrüßt die Männer und die Mama, wir bekommen eine Kalabasse an einem Stock. Jarno trinkt und zündet sich eine Zigarette an. Ich probiere einen Schluck. Man kann es kaum schlucken, wenn man es nicht gewohnt ist. Ich höre ein Lachen: Ebenezer, die Nachtwache, tritt durch die Öffnung in der Hecke.
    »Samantha und Jarno«, stellt er fest und nickt. »Ihr seid richtige waswahili .«
    »Vollkommen«, erwidert Jarno und fragt die Mama nach gongo , einem kräftigen Selbstgebrannten. Die einheimischen Viehbauern kaufen bei der TPC Melasse, ein Restprodukt der Zuckerproduktion, um sie ins Tierfutter zu mischen. Aber in Wahrheit verwenden sie das meiste zum Brennen von Alkohol. Gongo – als bekäme man einen Knüppel auf den Kopf.
    Bei der Fete am Abend soll es ein Barbecue am Kishari geben, dem Haus für die ältesten Jungen. Jarno ist als Jüngster gerade dort eingezogen.
    »Geht’s dir gut?«, erkundigt er sich mit einem Seitenblick.
    »Alles okay. Legst du heute Abend auf?«
    Er nickt und schaut mit einem leeren Blick durch seine Haarsträhnen. Reicht mir eine Zigarette. Um dann wieder stumm zu bleiben. Wie Finnisch kann man eigentlich sein?
    »Bis nachher«, sage ich und wackele in meinen Shorts davon. Es wird schnell dunkel. Ich hole die letzten Zigaretten aus meiner Schachtel und halte die Streichhölzer bereit, um die Schachtel anzuzünden, sollte ein streunender Hund auftauchen. Hunde haben Angst vor Feuer, und die herumstreunenden Köter können Tollwut übertragen.
    Jarno holt mich nicht ein, als ich am Fluss zurückgehe. Vielleicht hat er einen anderen Weg genommen. Die anderen Schüler sind schon auf dem Weg zur Fete. Ich dusche. Ziehe Jeans und Tazims gelbes T-Shirt an, streife die Flip-Flops über. Gehe zum Kishari-Haus. Aziz kümmert sich mit zwei anderen von den Ältesten um den Grill; ihnen fehlt nur das Examen, dann sind sie fertig. Ich finde Tazim. Gespielt wird irgendwelcher schlechter englischer Rock. Ich schaue durchs Fenster in den Aufenthaltsraum, aus dem die Möbel geräumt sind, damit man tanzen kann. Jarno steht nicht an der Stereoanlage.
    »Und, wurden dir deine Sünden erlassen?«, frage ich Tazim.
    »Ja. Jetzt kann ich von vorn anfangen.« Aber wirklich glücklich sieht sie nicht aus.
    »Wurden dir auch die Sünden für deine hässlichen Pläne erlassen?«
    »Nein, Gott mochte sie nicht.«
    »Hast du dir gedacht, sie aufzugeben?«
    »Gott bestimmt nicht alles.«
    »Hat jemand Jarno gesehen?«, erkundigt sich Aziz.
    »Nein, aber deswegen könnt ihr trotzdem vernünftigere Musik auflegen«, antwortet ein älteres Mädchen.
    »Die ist in seinem Schrank eingeschlossen«, erwidert Aziz. In diesem Moment läuft Jarno durch die Pforte, feiner Staub auf der schweißigen Haut, breites Lächeln. Er läuft mitten zwischen die Leute. Sie lachen, klatschen, rufen: »Hier kommt Mr. Dee-jay , der Mann mit der Musik!« Kurz darauf sind die ersten Töne zu hören. Baltazar hat mich entdeckt,

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