Exodus
dem Berg war eine Wiedersehensfeier. Die Palmach-Soldaten mußten aus Gründen der Tarnung in kleinen Gruppen und in verschiedenen Kibbuzim ausgebildet werden. Am heutigen Abend konnten sich Freunde wiedersehen und Liebespaare sich nach langer Trennung einmal treffen. Die Teilnehmer, lebhafte junge Leute von etwas unter oder über Zwanzig, begrüßten einander mit großer Herzlichkeit.
Auch Joab Yarkoni und Seew Gilboa erschienen, und Kitty freute sich sehr, die beiden zu sehen.
David und Jordana kamen ebenfalls. Jordana war über die Aufmerksamkeit, die David Kitty erwies, verärgert, doch sie beherrschte sich, um eine Szene zu vermeiden.
Als es dunkel geworden war, hatten sich fast zweihundert junge Palmach-Soldaten versammelt. In der Nähe der Mauer des Kastells wurde eine Feuergrube ausgehoben, während einige der Palmach-Männer darangingen, Holz für ein Feuer zu sammeln, das die ganze Nacht hindurch brennen sollte. Drei Lämmer wurden auf Bratspießen am offenen Feuer gebraten. Als die Sonne hinter dem Jesreel-Tal versank, versammelten sich die Paare rings um das Feuer in einem großen Kreis. Kitty mußte an der Seite von Joab, Seew und Ari den Ehrenplatz einnehmen.
Vom Gipfel des Berges Tabor ertönten Gesänge. Es waren die gleichen Lieder, die Kitty die Kinder in Gan Dafna hatte singen hören. Sie handelten von dem Wunder der Wassersprenger, die das Land wieder fruchtbar machten, und von der Schönheit Galiläas und Judäas. Sie sangen von der verwunschenen und lieblichen Negev-Wüste und sie sangen die mitreißenden Marschlieder der alten Wachmannschaften, der Hagana und des Palmach. Sie sangen ein Lied, das erzählte, daß König David noch immer über die Erde des Landes Israel wandelte.
Joab saß mit verschränkten Beinen da, vor sich eine mit Ziegenfell bespannte Trommel, auf der er mit den Fingerspitzen und den Handballen einen Rhythmus zu einer uralten, hebräischen Melodie schlug, die ein anderer Palmach-Angehöriger auf einer Rohrflöte blies. Dazu tanzten mehrere der orientalischen Jüdinnen einen Tanz mit den gleichen langsamen, schwingenden, ausdrucksvollen Bewegungen, die die Tänzerinnen im Palast Salomons gehabt haben mußten.
Mit jedem neuen Lied und jedem neuen Tanz wurde die Gesellschaft lebhafter.
»Jordana!« rief einer aus dem Kreis. »Jordana soll tanzen!«
Sie trat in den Kreis, von allgemeinem Beifall begrüßt. Ein Akkordeon spielte eine ungarische Volksweise, alle klatschten im Rhythmus dazu. Jordana wirbelte die Reihe der im Kreis sitzenden Teilnehmer entlang und holte sich daraus Partner für einen wilden Czardas. Sie tanzte wild, und ihr rotes Haar, beleuchtet von dem flackernden Feuer, fiel ihr in das Gesicht. Die Musik wurde immer schneller, und die Zuschauer klatschten immer rascher, bis Jordana schließlich erschöpft stehenblieb.
Ein halbes Dutzend neuer Tänzer traten in den Kreis und begannen eine Horra, den Tanz der jüdischen Bauern. Der Horra-Ring wurde immer größer und größer, bis alle Anwesenden auf den Beinen waren und sich außen um den ersten Ring ein zweiter bildete. Joab und Ari zogen Kitty mit in diesen äußeren Kreis. Der Kreis bewegte sich in eine Richtung, bis die Tänzer plötzlich mit einem Sprung kehrtmachten und sich in die entgegengesetzte Richtung bewegten. Das Tanzen und Singen hatte schon vier Stunden gedauert, und immer noch ging es mit unverminderter Lebhaftigkeit weiter. David und Jordana entfernten sich unbemerkt und gingen durch die Räume des Sarazenenschlosses, bis von der Musik und dem Rhythmus der Trommel fast nichts mehr zu hören war. Sie kamen zu einer kleinen Zelle in der Mauer der östlichen Winde. Hier war nichts mehr zu hören außer dem Geräusch des Windes, der aus dem Jesreel-Tal kam. David breitete seine Decke auf der Erde aus, und sie umarmten sich zärtlich und liebend.
»David!« rief Jordana leise und mit bebender Stimme. »David, ich liebe dich so sehr!«
Der Wind erstarb, und sie hörten wilde Musik.
»David — David — David —«, flüsterte Jordana, während sie ihre Lippen an seinen Hals drückte, und auch David wiederholte immer wieder ihren Namen.
Dann lag Jordana still in seinen Armen, und seine Finger strichen sanft über ihre Lippen, ihre Augen und durch das Haar.
»Ich bin eine Blume zu Scharon und eine Rose im Thal«, flüsterte Jordana. »Mein Freund antwortet und spricht zu mir: Stehe auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm her! Denn siehe, der Winter ist vergangen, der Regen ist weg
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