Exodus
in den nächsten vierundzwanzig Stunden angezogen würden?
FREITAG, DEN 29. NOVEMBER 1947.
Der Hammer ertönte. Die Sitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen war eröffnet.
»Wir werden die einzelnen Nationen namentlich aufrufen, wenn sie ihre Stimme zu der Resolution des Untersuchungsausschusses abgeben. Für die Annahme des Vorschlages zur Teilung Palästinas ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Delegierten wollen sich bitte darauf beschränken, ihre Stimme entweder dafür oder dagegen abzugeben oder aber sich der Stimme zu enthalten.«
In dem großen Raum entstand eine erwartungsvolle Stille, und der Vorsitzende begann, die einzelnen Länder aufzurufen.
»Afghanistan!«
»Afghanistan stimmt dagegen.«
Der Jischuw hatte die erste Stimme verloren. Barak notierte es auf seinem Block.
»Argentinien!«
»Die Regierung von Argentinien möchte sich der Stimme enthalten.«
»Wir müssen etwas gegen diese Stimmenthaltungen unternehmen«, flüsterte Barak. »Sie können uns das Genick brechen.«
»Australien.«
Alles beugte sich gespannt vor, als sich Evatt erhob, um als erster Vertreter einer Nation, die dem Britischen Commonwealth angehörte, seine Stimme abzugeben.
»Australien stimmt für die Teilung«, sagte Evatt.
Durch den Raum ging ein Summen. Überall wurden geflüsterte Vermutungen ausgetauscht. Weizmann beugte sich zu Barak und sagte ihm leise ins Ohr: »Halten Sie es für möglich, daß das die allgemeine Haltung der Commonwealth-Staaten sein könnte?« »Schwer zu sagen — wir werden es erleben.«
»Belgien.« »Belgien stimmt für die Teilung.«
Erneut erhob sich aufgeregtes Stimmengewirr in dem großen Sitzungssaal. Bei der Testabstimmung vor einigen Tagen hatte sich Belgien der Stimme enthalten. Doch Spaak hatte sich in letzter Minute über den Druck hinweggesetzt, den England auf Belgien auszuüben versucht hatte.
»Bolivien.«
»Bolivien stimmt für die Teilung.«
»Brasilien.«
»Brasilien befürwortet die Teilung.«
Die südamerikanischen Länder hielten zusammen. Der nächste Aufruf mußte eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung erbringen. Hatte die Sowjetunion ein doppeltes Spiel gespielt, so würde die Welt es jetzt erfahren, denn als nächster Staat war ein Satellitenstaat an der Reihe, Weißrußland.
»Belorußland.«
»Weißrußland stimmt für die Teilung.«
Alle Mitglieder der jüdischen Nation atmeten gleichzeitig erleichtert auf. Der slawische Block war auf ihrer Seite. Die Aussichten waren gut.
»Kanada.«
Lester Pearson erhob sich und verkündete mit fester Stimme: »Kanada stimmt für die Teilung.«
Das zweite Land des Commonwealth hatte sich in Gegensatz zu Großbritannien gestellt.
»Chile.«
Anstelle des Leiters der chilenischen Delegation, der aus Protest von seinem Posten zurückgetreten war, erhob sich einer der anderen Delegierten. »Chile wurde angewiesen, sich der Stimme zu enthalten«, sagte er langsam.
»China.«
China, das darauf ausging, die herrschende Macht in Asien zu werden, scheute sich, die Mohammedaner in Indien und in Pakistan zu brüskieren.
»China enthält sich der Stimme.«
Das war ein Rückschlag für den Jischuw.
»Costarica.«
Mit dem Delegierten von Costarica hatten sich die Araber in Verbindung gesetzt und versucht, ihm seine Stimme durch das Versprechen abzukaufen, ihm einen einflußreichen Posten bei der
UNO zu verschaffen. Er erhob sich und richtete seinen Blick auf die ägyptische Delegation.
»Costarica stimmt für die Teilung«, sagte er.
Der Mann, der sich nicht kaufen lassen wollte, nahm lächelnd wieder Platz.
»Kuba.«
»Kuba stimmt gegen die Teilung.«
Das war für den Jischuw ein Schock, der völlig unerwartet kam. »Tschechoslowakei.«
»Die Tschechoslowakei stimmt für die Teilung«, sagte Jan Masaryk. »Dänemark.«
»Dafür.«
»Dominikanische Republik.«
»Die Republica Dominicana stimmt zugunsten der Teilung.« »Ägypten.«
»Ägypten ist dagegen, und wird sich an diese schandbare Verletzung seiner Rechte nicht gebunden fühlen!«
Der Vorsitzende klopfte mit dem Hammer, und nach dem wütenden Protest Ägyptens wurde es langsam wieder ruhig.
»Ekuador.«
»Ekuador stimmt für die Teilung.«
»Äthiopien.«
»Äthiopien — enthält sich der Stimme.«
Die Erklärung schlug wie eine Bombe ein! Die Gesichter sämtlicher arabischer Delegierten wandten sich voller Verblüffung dem Äthiopier zu. Der syrische Delegierte drohte ihm wütend mit der
Weitere Kostenlose Bücher