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Exodus

Titel: Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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und er wollte nicht, daß ihr Erscheinen in Gan Dafna irgendwelche vagen Vermutungen auslöste.
    Den ganzen Tag über hielten sich die Freiwilligen verborgen.
    Zehn Minuten vor sechs Uhr, genau vierzig Minuten vor Sonnenuntergang: der entscheidende Teil des Unternehmens beginnt. Fünf Minuten vor sechs: die Kinder, die evakuiert werden sollen, werden gefüttert. Jedes Kind trinkt mit seiner Milch ein Schlafmittel. Viertel nach sechs: die Kinder werden in ihren unterirdischen Schlafräumen zu Bett gebracht. Man läßt sie gemeinsam Lieder singen, bis sie, durch das Narkotikum betäubt, in einen tiefen Schlaf fallen.
    Sechs Uhr zweiunddreißig: die Sonne geht hinter Fort Esther unter. Sechs Uhr vierzig: Ari ruft sämtliche Angehörige des Stabs von Gan Dafna zu einer Besprechung vor den Schlafbunker der Kinder zusammen.
    »Hören Sie bitte alle sehr genau zu«, sagte er mit zwingendem Ernst. »In einigen Minuten werden wir mit der Evakuierung der jüngeren Kinder beginnen. Jeder von Ihnen wird namentlich aufgerufen und erhält einen bestimmten Auftrag. Alles ist auf die Minute genau festgelegt, und die geringste Störung des planmäßigen Ablaufs kann unter Umständen sowohl das Leben der Kinder und ihrer Begleiter als auch Ihr eigenes Leben gefährden. Ich wünsche keinerlei Diskussion. Ich werde gegen jeden, der sich nicht strikt an seinen Auftrag hält, drastische Maßnahmen ergreifen.«
    Sechs Uhr fünf und vierzig: Jordana bat Kanaan stellt rund um Gan Dafna eine Wache auf, die aus allen zurückbleibenden Kindern besteht. Diese Wache ist um das Vierfache stärker als normalerweise. Gleichzeitig gehen Seew Gilboa und seine zwanzig Mann Palmach, die zum Schutz von Gan Dafna abkommandiert worden sind, mit einem Spezialauftrag zur Sicherung des Unternehmens auf das Gebirge vor.
    Sobald die Meldung kommt, daß alle Posten des dichten
    Sicherungrings um die Siedlung an Ort und Stelle seien, begeben sich fünfundzwanzig Angehörige des Stabes in die Bunker, um die schlafenden Kinder warm anzuziehen. Kitty geht von einem Kind zum andern und überzeugt sich, daß das Schlafmittel gewirkt hat. Jedem Kind wird der Mund mit einem breiten Klebestreifen zugeklebt, damit es selbst im Schlaf nicht schreien kann.
    Sieben Uhr dreißig: die bewußtlosen Kinder sind angezogen und transportbereit. Ari bringt die Einsatztruppe aus ihrem Versteck. Von den Schlafbunkern aus wird eine Kette gebildet, und die schlafenden Kinder werden eins nach dem andern herausgereicht. Aus Gurten hat man behelfsmäßige Tragsitze zusammengenäht, so daß die Männer die Kinder wie Rucksäcke auf dem Rücken tragen können. Dadurch haben sie beide Hände frei für das Gewehr, und um sich beim Abstieg zu stützen.
    Acht Uhr dreißig: die zweihundertfünfzig Mann mit ihren kleinen schlummernden Bündeln auf dem Rücken werden einer letzten Kontrolle unterzogen. Man überzeugt sich, daß die Kinder einwandfrei festgegurtet sind. Dann setzt sich die Reihe der Träger in Bewegung und zieht zum Haupteingang hinaus, wo das Sicherungskommando von einhundertfünfzig Mann mit automatischen Waffen bereitsteht. Unter Aris Führung entfernen sie sich über den Rand des Abhangs. Einer nach dem andern verschwindet langsam mit dem Kind auf dem Rücken im Dunkel der Nacht.
    Die Zurückbleibenden standen schweigend am Tor von Gan Dafna. Es gab für sie jetzt nichts mehr zu tun, als den Morgen abzuwarten. Sie begaben sich langsam zurück in die Bunker, um die Nacht schlaflos zu verbringen, stumm und bebend vor Angst um die Kinder und um das Schicksal dieses seltsamen Geleitzuges.
    Kitty Fremont stand, als der Zug verschwunden war, noch über eine Stunde lang allein draußen am Tor und starrte in die Dunkelheit.
    »Es wird heute eine sehr lange Nacht werden«, sagte eine Stimme hinter ihr, »und es ist kalt hier draußen. Wollen Sie nicht lieber hineingehen?«
    Kitty drehte sich um. Jordana stand vor ihr. Zum erstenmal, seit sie sie kennengelernt hatte, war Kitty wirklich froh, das rothaarige Sabre-Mädchen zu sehen. Seit sie sich entschlossen hatte, in Gan Dafna zu bleiben, hatte sie in zunehmendem Maße Bewunderung für Jordana empfunden. Denn Jordana trug die größte Verantwortung dafür, daß in Gan Dafna alles ruhig blieb. Sie hatte die Soldaten ihrer
    Gadna-Jugend mit einer Zuversichtlichkeit erfüllt, die ansteckend wirkte; diese halben Kinder zeigten den kriegerischen Mut erprobter Veteranen. In allen Schwierigkeiten, die sich seit der Sperrung der Straße ergeben

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