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Extraleben

Extraleben

Titel: Extraleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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dann ...« oder »Wenn die Dreißig fünfzehn Mal hintereinandergekommen ist, kommt als Nächstes ...« und natürlich der Klassiker »der Schlüter hat letzte Woche hundertzwanzig Mark aus dem Ding rausgeholt«, Irgendwann war der Spuk dann vorbei, und der Schlüter musste seinen Golf GTD wieder daheim auf Papas Hof mit verbilligtem Traktordiesel befüllen. Eigentlich hätte ich Lust auf eine Runde Arkanoid, doch die Kiste nimmt ausschließlich Kronen, und ich habe nur noch Dollar in der Tasche; immerhin konnte ich mit denen im Würstchenwagen das Essen bezahlen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als weiter auf das Demoprogramm zu starren und zu warten, bis der Regen ein wenig nachlässt. Der Spielautomat stammt sicher noch aus der Zeit, als hier die Leute von der US Air Force ihre Zeit totgeschlagen haben. Anfang der Neunziger ist der letzte G.I. ins Flugzeug nach Hause gestiegen, dann wurde die Base still und leise dichtgemacht, hat die Dame an der Theke erzählt. Für die Einheimischen muss das ein schwererAbschied gewesen sein, schließlich stand ihr Ort jahrzehntelang im Scheinwerferlicht der Geopolitik, ein bisschen wie Bonn. Zu Zeiten des Kalten Krieges ging es auf dem eisigen Felsen zwischen USA und UdSSR nämlich ziemlich heiß zu; Grönland war Schauplatz von ziemlich vielen merkwürdigen Geheimaktionen. und es sollte mich wundern, wenn meine Mission nichts damit zu tun hätte. Meine Hypothese für die kommenden Tage lautet: Die versteckten Koordinaten in Moonlander weisen den Weg zu einer Radarstation - danach sahen die paar Striche auf dem Bildschirm zumindest aus. Sollte das stimmen, hätte ich mir keinen besseren Punkt auf dieser Erde aussuchen können, denn Radarstationen sind sozusagen - wie die Moschusochsenwurst - eine lokale Spezialität: Während des Kalten Krieges errichteten die USA nämlich quer durch das Land einen Gürtel von Radar-Frühwarnstationen, mit deren Hilfe man anfliegende russische Atombomber aufspüren wollte. Diese so genannte Linie von Distance Early Warning-Posten, kurz Dew-Line genannt, wurde quer durch Grönland angelegt, inklusive geheimer Landebahnen, Straßen und Wasserreservoirs. Klingt extrem geheim und gut. Diese Info hat mich ungefähr zehn Dollar gekostet; so viel musste im am Terminal in der Hotellobby für eine Stunde Netzzugang zahlen. Dafür bekam ich eine Datenrate. die an 56K-Modem- Zeiten erinnerte, plus eine Displaygrafik aus der MosaicÄra. Wieder einmal hinterließen Nick und sein Rechner eine große Leerstelle. Da ich ohnehin schon beim Researchen war, entschied ich mich, gleich noch eine Nachricht an die Redaktion zu schicken, um darin meinen verlängerten Urlaub anzukündigen. Nick müsste ja heute wieder an Deck sein und würde sicher ein paar mehr oder weniger glaubhafte Entschuldigungen dazu stammeln. Jetzt, nachdem das getan ist und sich das mentale Wurmloch zum Alltag wieder schließt, kann ich mich voll und ganz der Expeditionslogistik zuwenden, falls man davon überhaupt sprechen kann. Was mir für den Marsch morgen sicher am meisten fehlt, ist ein mobiles Navigationsgerät. Ich fürchte, ohne Orientierungshilfe werde ich mich schon hinter der ersten Hügelkette verlaufen. Da es auch im Netz kein Kartenmaterial gab, blieb mir nichts anderes übrig, als heute Morgen im Flughafen-Souvenirshop einen gedruckten Plan zu kaufen. Mit einem sanften Lächeln rief die Dame an der Kasse 15 Dollar für die Wanderkarte auf; sie schien sich noch an meine dumme Frage von gestern zu erinnern. Die Maschine aus Kopenhagen muss mittlerweile da gewesen sein, denn die atmungsaktiv gekleideten Massen waren aus dem Terminal verschwunden. Ich nippe wieder am Kaffee - den Rat der Bedienung, einmal den hauseigenen Apfelsaft zu kosten, schlage ich aus. Woher sollen hier die Äpfel kommen? Ich falte die Karte auf. Meine Augen brennen, weil ich das Schlafdefizit von L.A. immer noch nicht aufgeholt habe. „Das Erste, was Sie bemerken werden, ist die Stille«, hatte das örtliche Tourismusbüro im Netz geworben. Von arktischer Ruhe konnte heute Nacht aber keine Rede sein: Mein Zimmer liegt zwischen dem örtlichen Elektrizitätswerk, einer Laderampe und der Landebahn des Flughafens. Besser gesagt, ich wohne im Flughafen, denn das Hotel Kangerlussuaq und der Airport sind ja ein und dasselbe. Wer am Gate ankommt, fällt quasi direkt ins Zimmer. Das ist natürlich irre praktisch, wenn man, so wie ich, die kurzen Wege liebt, geht aber nach hinten los, weil diese lästigen

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