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Extrem laut und unglaublich nah

Extrem laut und unglaublich nah

Titel: Extrem laut und unglaublich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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6, 5, 2, 4, 6, 5, 5, 5, 2! 4, 5, 2, 4, 5, 5, 6, 5! 8, 6, 3, 9, 6, 3, 6, 6, 3, 4, 6, 3, 2, 2, 3, 2, 6, 3, 4, 2, 5, 6, 3, 8, 3, 2, 6, 3, 4, 3? 5, 6, 8, 3? 5, 5, 8, 6, 2, 6, 3, 4, 5, 8, 3, 8, 8, 2, 3, 4, 8, 3, 9, 2, 8, 8, 4, 3, 2, 4, 3, 3, 4, 6, 3, 3, 3, 8!! 4, 3, 2, 4, 3, 3, 4, 6, 3! 5, 6, 8, 3? 5, 6, 8, 3? 5, 6, 8, 3! 4, 2, 2, 6, 5, 4, 2, 5, 7, 4, 5, 2, 2, 6, 5, 4, 5, 2, 7, 2, 2, 7, 4, 5, 2, 4, 6, 3, 5, 8, 6, 2, 6, 3, 4, 5, 8, 7, 8, 6, 3, 6, 3, 4, 3? 5, 6, 8, 3? 5, 3, 6, 3, 5, 8, 6, 2, 6, 3, 4, 5, 8, 3, 8, 2, 3, 4, 8, 8! 3, 3, 4, 8, 3, 3, 2, 8, 3, 4, 3, 2, 4, 7, 6, 6, 7, 8, 4, 6, 8, 3, 8, 8, 7, 2, 7, 4, 2, 5, 9, 2, 2, 2, 4, 5, 2, 5, 6, 8, 3? 5, 5, 6, 5, 2, 4, 6, 5, 5, 5!«
    Ich brauchte lange dafür, keine Ahnung wie lange, Minuten, Stunden, mein Herz wurde müde, mein Finger wurde müde, ich versuchte, die Mauer zwischen mir und meinem Leben mit meinem Finger einzureißen, ich drückte immer eine Zahl, mein Vierteldollar war verbraucht, vielleicht hatte sie auch aufgelegt, ich rief noch einmal an: »2, 4, 7, 8, 3, 8, 3, 7, 9, 4, 7, 5, 5, 4, 2, 4?« Sie sagte: »Soll das ein Scherz sein?« Ein Scherz, es war kein Scherz, was ist ein Scherz, war es ein Scherz? Sie legte auf, ich rief noch einmal an: »3, 7, 4, 7, 8, 5, 3, 4, 6, 7, 2, 4, 3, 7, 9!« Sie fragte: »Oskar?« Da hörte ich zum allerersten Mal seinen Namen … Ich war im Dresdner Bahnhof, als ich zum zweiten Mal alles verlor, ich schrieb dir gerade einen Brief, obwohl ich wusste, dass ich ihn nie abschicken würde, manchmal schrieb ich hier, manchmal dort, manchmal im Zoo, ich hatte nur den Brief an dich im Kopf, alles andere interessierte mich nicht, alles andere existierte nicht für mich, es war wie damals, als ich mit gesenktem Kopf zu Anna gegangen war und mich vor der Welt versteckt hatte, genau deshalb war ich mit ihr zusammengestoßen, und genau darum bemerkte ich nicht, wie die Leute sich vor den Fernsehern versammelten. Erst als das zweite Flugzeug einschlug und jemand unwillkürlich aufschrie, hob ich den Kopf, inzwischen hatten sich Hunderte von Menschen vor den Fernsehern versammelt, wo waren sie alle hergekommen? Ich stand auf und schaute auf den Bildschirm, ich verstand nicht, was da vor sich ging, war es eine Werbung, ein neuer Film? Ich schrieb: »Was ist da los?«, und zeigte die Worte einem jungen Geschäftsmann, der ebenfalls vor dem Fernseher stand, er nippte an seinem Kaffee und sagte: »Weiß man noch nicht«, der Gedanke an seinen Kaffee verfolgt mich, mich verfolgt der Gedanke an sein »noch«. Da stand ich, ein Mensch in einer Menschenmenge, sah ich nur irgendwelche beliebigen Bilder oder ging etwas viel Kom plexeres vor sich? Ich versuchte, die Stockwerke über den Einschlagstellen der Flugzeuge zu zählen, das Feuer würde sich bis nach oben durchfressen, ich wusste, dass es keine Rettung für die Menschen gab, und wie viele Passagiere hatten sich an Bord der Flugzeuge befunden, und wie viele standen unten auf der Straße, ich überlegte und überlegte. Auf dem Heimweg blieb ich vor einem Elektrogeschäft stehen, im Schaufenster stand eine ganze Wand aus Fernsehern, alle außer einem zeigten die Gebäude, immer wieder dieselben Bilder, als wäre die Welt eine Endlosschleife, auf dem Bürgersteig versammelte sich eine Menschenmenge, am Rand stand ein Fernseher, in dem eine Tiersendung lief, ein Löwe fraß einen Flamingo, die Menge wurde unruhig, irgendjemand schrie auf, rosa Federn, ich sah in einen anderen Fernseher, eines der Gebäude war eingestürzt, hundert Decken waren zu hundert Fußböden geworden, die zu nichts geworden waren, ich war der Einzige, der das glauben konnte, der Himmel war voller Papier, rosa Federn. An diesem Nachmittag waren alle Cafés voll, man lachte, vor den Kinos standen die Menschen Schlange, sie wollten Komödien sehen, die Welt ist so groß, die Welt ist so klein, man war einander im selben Moment so nah und so fern. In den Tagen und Wochen darauf las ich in der Zeitung die Listen der Toten: Mutter von drei Kindern, Collegestudentin, Yankees-Fan, Rechtsanwalt, Bruder, Börsenmakler, Amateurzauberer, humorvoller Mensch, Schwester, Philanthrop, mittlerer Sohn, Hundeliebhaber, Hausmeister, einziges Kind, Unternehmerin, Kellnerin, Großvater von vierzehn Enkelkindern, gelernte Krankenschwester, Buchhalter, angehende Ärztin, Jazzsaxophonist, liebevoller Onkel, Heeresreservist, Hobbydichter, Schwester, Fensterputzer, Scrabble-Spieler, freiwilliger Feuerwehrmann, Vater, Vater, Aufzugsmechaniker,

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