Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Extrem laut und unglaublich nah

Extrem laut und unglaublich nah

Titel: Extrem laut und unglaublich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
Vom Netzwerk:
Ich starrte den Ton an, sie sagte: »Ich finde es schön, dass du so ehrlich bist«, und sie nahm meine Hand von ihrer Schulter und schob sie zwischen ihre Beine, sie wandte den Kopf nicht ab, sie schloss nicht die Augen, sie starrte unsere Hände an, die zwischen ihren Beinen steckten, ich hatte das Gefühl, etwas zu töten, sie löste meinen Gürtel und zog den Reißverschluss meiner Hose auf, sie schob ihre Hand in meine Unterhose, »Ich bin nervös«, sagte ich ihr mit einem Lächeln, »Schon gut«, sagte sie, »Tut mir Leid«, sagte ich ihr mit einem Lächeln, »Schon gut«, sagte sie und schloss hinter sich die Tür, sie öffnete sie wieder und fragte: »Hast du je überlegt, eine Skulptur von mir zu machen?« … Die Seiten dieses Buches reichen nicht aus, um dir alles zu erzählen, was ich dir erzählen müsste, ich könnte kleiner schreiben, ich könnte die Seiten so aufschneiden, dass aus einer zwei werden, ich könnte das Geschriebene überschreiben, aber was würde das nützen? Sie bekam jeden Nachmittag Besuch, ich hörte, wie die Wohnungstür aufging, und ich hörte die Schritte, leichte Schritte, und ich hörte jemanden reden, eine Kinderstimme, melodisch wie ein Lied, es war die Stimme, die ich bei meinem Anruf vom Flughafen gehört hatte, die beiden unterhielten sich stundenlang, eines Abends, als sie kam, um mir Modell zu stehen, frag te ich sie, wer sie besuche, sie sagte: »Mein Enkel.« »Ich habe einen Enkel.« »Nein«, sagte sie, »ich habe einen Enkel.« »Wie heißt er?« Wir probierten es wieder, wir zogen einander aus, wir waren so vorsichtig wie Menschen, die genau wissen, wie leicht man enttäuscht werden kann, sie legte sich auf den Bauch, ihre Taille hatte rote Striemen von den Hosen, die ihr seit Jahren nicht mehr passten, ihre Schenkel waren faltig, ich knetete sie mit JA und NEIN , sie sagte: »Sieh nichts anderes an«, ich spreizte ihre Beine, sie holte tief Luft, ich konnte den intimsten Teil ihres Körpers sehen, ohne dass sie meinen Blick bemerkte, ich schob meine Hand darunter, sie winkelte die Beine an, ich schloss die Augen, sie sagte: »Leg dich auf mich«, ich hatte nichts, um ihr zu schreiben, wie nervös ich war, sie sagte: »Leg dich auf mich.« Ich hatte Angst, zu schwer für sie zu sein, sie sagte: »Dein ganzes Du auf meinem ganzen Ich«, ich ließ mich auf sie sinken, sie sagte: »Genau das habe ich mir gewünscht«, warum konnte ich mich damit nicht zufrieden geben, warum musste ich unbedingt noch etwas schreiben, ich hätte mir besser die Finger gebrochen, ich nahm einen Stift vom Nachtschrank und schrieb auf meinen Arm: »Darf ich ihn sehen?« Sie rollte sich herum, ihr Körper glitt neben meinen: »Nein.« Ich bewegte bittend die Hände. »Nein.« »Bitte.« »Bitte.« »Ich werde ihm nicht verraten, wer ich bin. Ich will ihn doch einfach nur sehen.« »Nein.« »Warum nicht?« »Weil.« »Warum weil?« »Weil ich seine Windeln gewechselt habe. Und zwei Jahre nicht auf dem Bauch schlafen konnte. Und ihm das Sprechen beigebracht habe. Und geweint habe, wenn er geweint hat. Und weil er mich angeschrien hat, wenn er trotzig war.« »Ich verstecke mich in der Kleiderkammer und schaue durchs Schlüsselloch.« Ich hatte geglaubt, sie würde ablehnen, sie sagte: »Wenn er dich je sehen sollte, hast du mich verraten.« Hatte sie Mitleid mit mir, wollte sie, dass ich litt? Am nächsten Morgen ging sie mit mir zur Kleiderkammer, sie war gegenüber vom Wohnzimmer, sie ging mit mir hinein, obwohl sie wusste, dass ihr Besuch erst am Nachmittag kam, verbrachten wir den ganzen Tag darin, die Kammer war zu klein, wir brauchten beide mehr Platz für uns selbst, wir brauchten Nicht-Orte, sie sagte: »Genauso hat es sich angefühlt, außer, dass du nicht da warst.« Wir betrachteten einander schweigend, stundenlang. Als geklingelt wurde, ging sie öffnen, ich hockte mich auf Hände und Knie, damit mein Auge auf der richtigen Höhe war, durchs Schlüsselloch sah ich, wie die Tür aufging, die weißen Schuhe, »Oskar!«, sagte sie und hob ihn hoch,»Ich bin okay«, sagte er, diese Melodie, in seiner Stimme hörte ich meine Stimme und die meines Vaters und Großvaters, und ich hörte zum ersten Mal deine Stimme, »Oskar!«, wiederholte sie und hob ihn wieder hoch, ich sah sein Gesicht, Annas Augen, »Ich bin okay«, wiederholte er, er fragte sie, wo sie gerade gewesen sei, »Ich habe mich mit dem Mieter unterhalten«, sagte sie. Dem Mieter? »Ist er noch da?«, fragte er, »Nein«,

Weitere Kostenlose Bücher