Extrem skurril - Heiteres, Unglaubliches und Skurriles aus Alltag, Recht & Co.
wolle stattdessen den Titel „doctora“ verliehen bekommen und nicht „doctor“. Dabei wusste sie sehr wohl, dass es im Lateinischen den Titel „doctora“ nicht gibt, dieses also ein Kunstwort ist und nicht in der Tradition der üblicherweise auf Latein verliehenen Titel an Hochschulen. Aber dieses „doctora“ klang eben weiblicher und deshalb wollte sie es so haben. Grund genug, eine entsprechende Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht einzureichen.
Die Richter nahmen die Klage zur Entscheidung an und machten der Klägerin auch direkt Hoffnung, Ja, so führten die Richter aus, die Klägerin habe tatsächlich einen Anspruch auf einen „weiblichen“ Titel und müsse nicht den bis dahin immer sowohl an Männer wie auch an Frauen verliehenen männlichen Titel „doctor“ annehmen. Die Universität, so die Richter weiter, sollten also der Klägerin den weiblichen Titel verleihen. Doch jetzt erhielt die Klägerin nicht den gewünschten Titel „doctora“, den es im Lateinischen nicht gibt, sondern den korrekten weiblichen Titel „doctorix“. Als die Klägerin dagegen aufbegehrte, führten die Richter aus, dass die Organe der Bundesrepublik Deutschland weder das Recht noch die Pflicht hätten, die lateinische Sprache so anzupassen und zu verändern, bis es passt. Da der Klägerin der erstrittene weibliche Titel „doctorix“ aber zu sehr nach Asterix und Obelix klang und sie die Lächerlichkeit fürchtete, lehnte sie diesen schließlich resigniert ab.
Tja, manchmal bekommt man vor Gericht eben viel mehr Recht, als man eigentlich wollte.
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Hoffentlich würde meine Tochter nicht so pingelig sein, aber dafür müsste sie erst einmal das Studium bestehen und ihre Email ließ mich wirklich nicht mehr wirklich voller Hoffnung sein.
Dass das Recht sehr skurril sein kann und teilweise zu geradezu absurden Entscheidungen führt, beweisen auch andere Fälle, über die ich in meinen Büchern geschrieben habe. Hier eine Auswahl davon, die in eine „Best of“- Ausgabe wie diese zweifellos herein gehören. Viel Vergnügen bei den Highlights der skurrilsten Entscheidungen deutscher Gerichte!
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Kapitel II - Das skurrilste aus deutschen Gerichtssälen
Der bissige Hund
Einen Fall, bei dem man sich sehr gut selbst die Frage stellen kann, wie man an der Stelle des Richters entschieden hätte, liegt in den Archiven des Landgerichts in Bückeburg unter dem Aktenzeichen 2 O 277/96 versteckt. Stellen Sie sich vor, Sie wären Richter oder Schöffe in einem Prozess und hätten über einen Sachverhalt wie diesen zu richten:
Es ist Vorweihnachtszeit, die Geschäfte sind weihnachtlich dekoriert und aus den Eingängen der Geschäfte und Supermärkte dringt weihnachtliche Musik zu den vorbeigehenden Passanten in der Fußgängerzone. In eben jener vorweihnachtlichen Zeit spazierte eine Frau, nennen wir sie der Einfachheit halber und zum Fest passend „Maria“, durch die abendliche Fußgängerzone. Mit sich führte sie ihren Hund, der bei dieser Gelegenheit gleich sein Geschäft verrichten sollte. Ohne erkennbaren Grund warf sich der Hund, ein Rüde, plötzlich neben einer mit Weihnachtsbeleuchtung dekorierten Laterne in der Fußgängerzone auf den Boden und jaulte. Als sich Maria besorgt zu ihrem Hund herunter beugte, um nach ihm zu sehen, biss dieser plötzlich und unerwartet zu. Die Bisse waren dabei so heftig, dass sie sich an beiden Händen mehrere schwere Wunden und Quetschungen zuzog. Der Mittelfinger wurde bei diesem Vorfall derart in Mitleidenschaft gerissen, dass er seither nicht mehr gebrauchsfähig ist. Maria war derart schwer schockiert, dass sie daraufhin eine Elektrofirma damit beauftragte, den Mast näher zu untersuchen, da sie annahm, der Hund habe durch die Weihnachtsbeleuchtung einen Stromschlag erlitten. Tatsächlich stellte die beauftrage Elektrofirma fest, dass durch die Nässe eine undichte Stelle am Kabel dieser dekorativen Beleuchtung den Boden in der näheren Umgebung unter Strom gesetzt haben könnte und der Hund dadurch den Stromschlag erlitten habe, in dessen Folge er sein Frauchen so unerwartet biss. Maria sah die Stadt als Betreiberin der dekorativen Weihnachtsbeleuchtung in der Haftung und verlangte Schadenersatz in Höhe von 1.000 DM. Immerhin trage sie die Sorgfaltspflicht für die Sicherheit der von ihr eingesetzten Lichtanlage und müsse deshalb auch regelmäßig prüfen, ob sich derartige
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