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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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schwitzend. Sie duschte und
setzte sich an das Feuer, das der Turm für sie entfacht hatte,
um ihr Haar auf natürliche Weise trocknen zu lassen, als
Gravious, der schwarze Vogel, einmal gegen das Fenster pochte und
dann wieder verschwand.
    Sie zog ihren Umhang fester um sich, als die große, dunkel
gekleidete Gestalt von Amorphia die Treppe heraufkam und den Raum
betrat.
    »Amorphia«, sagte sie und verstaute ihr Haar in der
Kapuze ihres Umhangs. »Hallo. Kann ich dir irgend etwas
anbieten?«
    »Nein. Danke«, sagte der Awatara und sah sich dabei in
dem runden Wohnraum nervös um.
    Dajeil deutete auf einen Stuhl, während sie sich auf einer
Couch am Feuer niederließ. »Bitte.« Sie zog die Beine
unter sich. »Nun, was führt dich heute hierher?«
    »Ich… «, begann der Awatara, dann hielt er
inne und zupfte sich an der Unterlippe. »Also, es hat den
Anschein…«, setzte er erneut an und zögerte wieder. Er
holte tief Luft. »Die Zeit«, sagte er, dann verstummte er
und machte ein verwirrtes Gesicht.
    »Die Zeit?« hakte Dajeil Gelian nach.
    »Sie ist… gekommen«, sagte Amorphia und sah
beschämt aus.
    »Für die Veränderungen, von denen du gesprochen
hast?«
    »Ja«, sagte der Awatara und hörte sich ein wenig
erleichtert an. »Ja. Für die Veränderungen. Sie
müssen jetzt anfangen. Genau gesagt haben sie bereits
angefangen. Zuerst kommt das Einsammeln der Geschöpfe, und
dann…« Er machte wieder ein verunsichertes Gesicht und
runzelte die Stirn. »Die… Entlandschaftung«,
stieß er hervor. Die nächsten Worte sprudelten nur so aus
ihm heraus, so schnell wollte er sie loswerden. »Die
Un-Geometrie-… Die Un-Geomorphologisierung. Die
Verursprünglichung!« Er schrie es beinahe.
    Dajeil lächelte und bemühte sich, sich nichts von ihrer
Beunruhigung anmerken zu lassen. »Ich verstehe«, sagte sie
langsam. »Also wird es tatsächlich alles
geschehen?«
    »Ja«, antwortete Amorphia, schwer atmend. »Ja, es
wird geschehen.«
    »Und ich muß das Schiff verlassen?«
    »Ja. Du mußt das Schiff verlassen. Es… es tut mir
leid.« Der Awatara wirkte plötzlich niedergeschlagen.
    »Wohin soll ich gehen?«
    »Wohin?« Bestürzung.
    »Wo wirst du anhalten, oder wohin wird man mich bringen?
Handelt es sich um ein anderes Schiff oder ein Habitat oder eine
O-Station oder einen Planeten oder einen Felsen. Was?«
    »Ich…« Der Awatara runzelte erneut die Stirn.
»Das Schiff weiß es noch nicht«, sagte er. »An
den Plänen wird noch gearbeitet.«
    Dajeil sah Amorphia eine Zeitlang an, wobei ihre Hände
geistesabwesend die Wölbung ihres Bauches unter ihrem Umhang
streichelten. »Was ist los, Amorphia?« fragte sie mit
leiser Stimme. »Warum geschieht all das?«
    »Ich kann es nicht… es ist nicht nötig… es ist
nicht nötig, daß du es weißt«, antwortete der
Awatara zögernd. Er wirkte ungehalten und schüttelte den
Kopf, als ob er wütend wäre, während sein Blick durch
den Raum wanderte, als ob er etwas suchte.
    Schließlich sah er wieder sie an. »Vielleicht kann ich
dir später mehr sagen, wenn du einverstanden bist, an Bord zu
bleiben, bis… bis die Zeit kommt, da ich dich nur mittels eines
anderen Schiffes evakuieren kann.«
    Sie lächelte. Das hörte sich nicht nach etwas gar so
Schwerwiegendem an. »Heißt es, daß ich noch eine
Weile hierbleiben kann?«
    »Nicht hier; der Turm und alles andere werden verschwinden;
es bedeutet, im Innern zu leben. Im Innern des ASF.«
    Dajeil zuckte die Achseln. »Gut. Ich glaube, das kann ich
ertragen. Wann soll das geschehen?«
    »In ein paar Tagen«, sagte Amorphia. Dann machte der
Awatara ein besorgtes Gesicht und beugte sich auf seinem Stuhl nach
vorn. »Es gibt… möglicherweise gibt es…
vielleicht ein leicht erhöhtes Risiko für dich, wenn du bis
dahin an Bord bleibst. Das Schiff wird natürlich alles in seiner
Macht Stehende tun, um dieses so klein wie möglich zu halten,
aber es ist nicht vollständig auszuschließen. Und es
könnte sein, daß…« Plötzlich zitterte
Amorphias Kopf. »Ich… das Schiff möchte, daß du
bis dahin an Bord bleibst, wenn es irgendwie geht. Es könnte
wichtig sein. Gut.« Der Awatara sah aus, als ob er sich selbst
verblüfft hätte. Dajeil erinnerte sich plötzlich,
daß sie einmal ein winziges Baby in den Armen gehalten und es
laut gefurzt hatte; der Ausdruck der tiefsten, blanken
Überraschung damals auf seinem Gesichtchen war nicht
unähnlich jenem, der jetzt auf Amorphias Gesicht geschrieben
stand. Dajeil bezwang den Drang

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