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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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unter seinen sanft schlagenden
Flügeln, noch einen über ihm und einen zu jeder Seite.
    Der Vogel hatte sich in seiner Umgebung umgesehen, hatte die
riesigen, düsteren Gegenstände in sich aufgenommen und
vermutete, daß er sich bevorzugt vorkommen sollte; das Schiff
hatte ihn während der letzten vierzig Jahre von diesen Orten
ferngehalten, so daß er auf die oberen Kilometer seines Rumpfes
beschränkt gewesen war, wo die alten Unterkunftsbereiche sowie
die Mehrheit der Eingelagerten untergebracht waren. Gravious
verfügte über Sinne, die über die eines
gewöhnlichen Tieres weit hinausgingen, und er hatte einige davon
eingesetzt bei dem Versuch, die Laderaumtüren zu erkunden und
herauszufinden, was darunterläge, falls irgend etwas
dahinterläge. Soweit er festgestellt hatte, waren die Tausende
von Laderäumen leer.
    Seine Erkundungen hatten ihn lediglich bis in den technischen Raum
des Hauptladeraums geführt, dem größten in die Tiefe
reichenden Einzelvolumen im Schiff; neuntausend Meter tief, beinahe
doppelt so breit und angefüllt mit Krach und flackernden
Lichtern und verwirrend schnellen Bewegungen, während das Schiff
Tausende von neuen Maschinen schuf… zu wer weiß welchem
Zweck.
    Der größte Teil des technischen Raums war nicht einmal
mit Luft gefüllt; das Material, die Einzelteile und Maschinen
konnten sich auf diese Weise schneller bewegen. Gravious flog durch
eine transparente Reiseröhre, die in die Decke eingelassen war.
Nach neun Kilometern würde er zu einer Wand gelangen, die in die
relative Gelassenheit – oder zumindest Stille – des
Seeschlachtbildes führte. Bis jetzt hatte er etwa die
Hälfte dieser Strecke zurückgelegt; nun hatte er noch
einmal viertausend Meter vor sich. Seine Flügelmuskeln
schmerzten.
    Er landete auf der Brüstung eines Balkons, der hinausging auf
den hinteren Teil dieser Reihe von allgemeinen Laderäumen.
Darunter waren zweiunddreißig Kubikkilometer leerer Luft; ein
vollkommen leerer Universalraum, ein Ort also, wo ein normales ASF
dieser Größe ein kleineres ASF bauen, als Wirtsschiff
für Besucher dienen, ein fremdweltliches Umfeld in Form eines
riesigen Gästehauses unterhalten würde und den es für
irgendwelche sportlichen Veranstaltungen zur Verfügung stellen
oder in kleinere Lager- oder Produktionsstätten unterteilen
würde.
    Gravious blickte zurück zu dem bescheidenen Bild auf dem
Balkon, das in seinem früheren Dasein, bevor das ASF beschlossen
hatte, ein Exzentriker zu werden, Teil eines Cafes mit einer
hübschen Aussicht auf den Universalraum gewesen war. Hier waren
sieben Menschen in starrer Pose, jeweils mit dem Rücken zu der
Aussicht auf den leeren Raum, mit dem Gesicht dem Hologramm eines
stillen, leeren Schwimmbeckens zugewandt. Die Menschen trugen
Badekleidung; sie saßen in Liegestühlen um einige flache
Tischchen herum, auf denen Getränke und Imbisse standen. Sie
waren dabei eingefangen worden, wie sie lachten, sich unterhielten,
blinzelten, sich am Kinn kratzten, tranken.
    Anscheinend handelte es sich um irgendein berühmtes
Gemälde. Für Gravious sah es nicht besonders
künstlerisch aus. Er nahm an, daß man es aus dem richtigen
Winkel betrachten mußte.
    Er hob ein Bein von der Brüstung, rutschte und fiel in die
Luft des Universalraums. Er traf auf etwas zwischen ihm und dem Raum
und fiel weiter, prallte von der hinteren Wand des Raums und dann von
der unsichtbaren Mauer ab, dann fing er sich wieder, flog mit kurzen
Flügelschlägen dicht an der Wand entlang, drehte sich in
der Luft, als er auf der Höhe des Balkons war, und kehrte auf
ihn zurück.
    Uh-huh, dachte er. Er riskierte es noch einmal, die Sinne
einzusetzen, über die er eigentlich gar nicht hätte
verfügen dürfen. Da war etwas Festes in dem Raum, auf das
er getroffen war. Es war weder Glas noch ein Feld zwischen ihm und
dem leeren Raum; der Raum war gar nicht leer, und auf was er geprallt
war, war der Feld-Rand einer Projektion. Auf der anderen Seite war
über mindestens zwei Kilometer feste Materie. Dichte, feste
Materie. Teilweise exotische, dichte, feste Materie.
    Nun, so war das also. Der Vogel schüttelte sich und plusterte
sich ein wenig auf, um mit dem Schnabel sein Gefieder ein wenig zu
ordnen. Dann blickte er sich um und näherte sich halb
hüpfend, halb fliegend einer der erstarrten Gestalten. Er
unterzog alle nacheinander einer kurzen Untersuchung, blickte hier in
ein Auge, pickte dort in ein Ohr, anscheinend auf der Suche nach
einem saftigen Parasiten,

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