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Der Kater läßt das Mausen nicht

Der Kater läßt das Mausen nicht

Titel: Der Kater läßt das Mausen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Kapitel 1
     
     
     
     
     
     
     
    »E dmund!
Was fällt dir ein? Du kannst mir doch nicht so einfach ein armes, totes Viech
ins Haus schleppen, wo ich gerade eben erst den Boden aufgewischt habe.«
    Betsy Lomax balancierte genauso
vorsichtig über die Zeitungen, die sie zum Schutz des frisch gereinigten, noch
feuchten Linoleumbodens überall verteilt hatte, wie Eliza, die Sklavin aus Onkel
Toms Hütte, bei ihrer Flucht über die Eisschollen. Edmund war eine
guterzogene Katze, soweit man das von einer Katze überhaupt sagen konnte, doch
das änderte nichts daran, daß Männer eben Männer waren.
    »Typisch Mann! Ich habe noch nie ein
männliches Wesen gesehen, ob Kater, Mensch oder was auch immer, das sich die
Chance entgehen ließe, mit dreckigen Füßen durch eine frisch geputzte Küche zu
marschieren«, schimpfte sie. »Am liebsten würde ich dir mit meinem Mop
ordentlich eins zwischen die Schnurrhaare geben.«
    Doch was würde das schon ändern?
Edmunds Gedächtnis für Bestrafungen, die mit seinem Jagdtrieb kollidierten, war
ausgesprochen schlecht. Außerdem war Betsy Lomax ihrem Edmund äußerst zugetan.
Auch wenn sie seine blutigen Beutezüge kategorisch ablehnte, mußte sie immerhin
zugeben, daß Streifenhörnchen nicht gerade vom Aussterben bedroht waren. Und es
handelte sich zweifellos um ein Streifenhörnchen. Der nasse Fellklumpen
zwischen Edmunds Kiefern war bei weitem zu groß für eine Feldmaus.
    Nein, ein Streifenhörnchen war es wohl
doch nicht. Und auch kein braunes Eichhörnchen. Genausowenig war es ein
Maulwurf oder eine Wühlmaus oder überhaupt irgendein anderer identifizierbarer
Vierbeiner. Es war lediglich ein Fetzen Fell. Wieder falsch, es war auch kein
Fell. Es waren Haare. Allem Anschein nach stammten sie von einem Menschen. Mrs.
Lomax neigte keineswegs zu Hysterie, doch sie mußte zuerst ein paarmal schlucken,
bevor sie in der Lage war, sich den Saum ihrer Schürze um die Finger zu wickeln
und sich herunterzubeugen, um Edmunds Maul gewaltsam zu öffnen.
    »Das darf doch nicht wahr sein!« stieß sie
hervor, nachdem sie ihm seine Beute entwunden hatte. »Edmund, hast du dich etwa
wieder in Professor Ungleys Schlafzimmer herumgetrieben? Er wird todsicher an
die Decke gehen, wenn er entdeckt, daß du das weggeschleppt hast. Was zum
Teufel soll ich denn jetzt bloß machen?«
    Betsy Lomax hatte allen Grund zu dieser
Überlegung. Professor emeritus Herbert Ungley war in diversen Punkten
außerordentlich empfindlich, ganz besonders jedoch, wenn es sich um sein Toupet
handelte. Er befand sich nämlich in dem irrigen Glauben, daß kein Mensch in
ganz Balaclava Junction davon auch nur das geringste ahnte, obwohl sein Toupet
immer noch genau denselben rötlichen Farbton hatte wie an dem Tag, als er es
vor etwa 40 Jahren heimlich in Boston erstanden hatte, und die wenigen Haare,
die er noch sein eigen nennen konnte, inzwischen eine unschöne gelblichweiße
Färbung angenommen hatten.
    Ungley war übrigens ein äußerst
unangenehmer alter Mann, wenn man ganz ehrlich war. Dafür war er allerdings ein
höchst korrekter Mieter, der seit vielen Jahren — wie lange schon, mochte Mrs.
Lomax gar nicht erst ausrechnen — stets pünktlich seine Miete bezahlte. Eine
Witwe wie sie, die mit dem Nötigsten auszukommen hatte und nur von ihrer Hände
Arbeit und der Miete lebte, die ihr die Parterrewohnung einbrachte, mußte sich
daher immer beide Seiten der Medaille vor Augen halten. Es war zweifellos das
Beste, das Haarteil irgendwie wieder in sein Zimmer zu schmuggeln, bevor er es
vermißte und einen Wutanfall bekam.
    Mrs. Lomax legte sich also einen Schlachtplan
zurecht. Professor Ungley war bestimmt noch nicht aufgestanden. Er hatte noch
nie dazu geneigt, beim ersten Morgengrauen aus dem Bett zu steigen. Auch nicht
beim zweiten, wenn es so etwas überhaupt gab. Am vergangenen Abend hatte er an
dem monatlichen Treffen dieser lächerlichen Balaclava Society teilgenommen, so
daß er sicher noch später als gewöhnlich zu Bett gegangen war. Sie nickte
Edmund kurz zu, schnitt ein Stück von ihrem frisch gebackenen Kuchen ab, legte
es auf einen Teller und deckte eine Papierserviette darüber. Dann ließ sie das
inzwischen etwas ramponierte Toupet in ihre Schürzentasche gleiten, nahm den
Kuchenteller und stieg die Hintertreppe hinunter.
    Natürlich besaß sie einen Schlüssel zur
Wohnung ihres Mieters. Sie war es gewöhnt, dort ein und aus zu gehen, denn sie
säuberte das Zimmer des alten Herrn einmal in der

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