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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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möglich, daß er sich
sogar mit ihr kameradschaftlich angefreundet hätte… aber
wie die Dinge lagen, mochte er sie genausowenig, wie sie ihn mochte,
und sie mochte ihn wirklich nicht besonders.
    Er vermutete, daß dies einfach nicht die richtigen
Umstände waren. Die richtigen Umstände hätten
bedeutet, daß sie beide sich in einer zivilisierten und
kultivierten Umgebung befunden hätten, mit vielen Leuten um sie
herum und Dingen, die geschahen und die man unternehmen konnte, mit
allen möglichen Gelegenheiten und Orten, um sich kennenzulernen,
und nicht eingepfercht – herrje, bis jetzt waren es erst zwei
Tage, und ihm kam es länger vor als ein Monat – in einem
kleinen Modul mitten in einem Krieg, ohne einen Hinweis darauf, wohin
ihr Weg sie hätte führen sollen, und in der Erkenntnis,
daß all ihre Pläne vereitelt worden waren. Es machte die
Sache wahrscheinlich auch nicht besser, daß er quasi ein
Gefangener war.
    »Wer also war das erste Mädchen?« fragte er sie.
»Das vor dem Heiligtum der Erhabenen?«
    »Wahrscheinlich von den BG«, erklärte Ulver Seich
mürrisch. Sie warf einen Blick zu der Drohne. Die beiden
menschlichen Wesen saßen in denselben Sitzen, in denen sie
aufgewacht waren. Der Boden des Kabinenbereichs hinter ihnen konnte
sich verzerren und verschiedene Kombinationen von Sesseln, Sofas,
Tischen und so weiter hervorbringen, aber von Zeit zu Zeit setzten
sie sich immer wieder in die nach vorn gerichteten Sitze und
betrachteten den Bildschirm und die Sterne. Die Drohne Churt Lyne
hockte gedankenverloren am Kabinenboden und nahm anscheinend keine
Notiz vom Blick des Mädchens. Die Drohne war offenbar
blicksicher. Anscheinend war es gestattet, sich ungestraft als
Kommunikationsmuffel zu gebärden.
    Genar-Hofoen lehnte sich in seinem Sitz zurück. Die Sterne
vor ihnen sahen genauso aus wie einige Minuten zuvor. Das Modul
strebte keinem eigentlichen Ziel zu; es bewegte sich einfach nur weg
von Stuf, in einem der vielen Korridore, die die Verkehrswacht von
Stuf zur kriegsschifffreien Zone erklärt hatte, ohne
Volumenwarnungen oder Einschränkungen. Das Mädchen und die
Drohne hatten ihm nicht erlaubt, Kontakt zu Stuf oder irgend jemand
anderem aufzunehmen. Sie hatten Verbindung zu etwas gehabt, das wie
ein Schiffsgehirn geklungen hatte, und mit ihm mittels
bildschirmgeschriebener Nachrichten kommuniziert, die er nicht sehen
durfte. Hin und wieder waren das Mädchen und die Drohne
gemeinsam verstummt, offenbar durch einen Kommunikator und eine
Neurallitze miteinander verbunden.
    Theoretisch hätte er vielleicht die Möglichkeit gehabt,
ihnen in einer solchen Situation mit Gewalt die Kontrolle über
das Modul zu entreißen, aber in der Praxis wäre das
nutzlos gewesen; das Modul hatte sein eigenes
halb-empfindungsfähiges System, das er nicht zu knacken vermocht
und dessen Schlüssel er ihnen auch nicht hätte abschwatzen
können, selbst wenn es ihm irgendwie gelungen wäre, sein
Verhältnis zu dem Mädchen und der Drohne zu verbessern, und
überhaupt, wohin sollte er steuern? Stuf kam nicht mehr in
Frage, er hatte keine Ahnung, wo die Grauzone oder die ASF Sleeper Service waren, und vermutlich wußte auch sonst
niemand, wo sich die beiden Schiffe aufhielten. Er nahm an, daß
die BG ihn suchten. Er täte gut daran, sich finden zu
lassen.
    Übrigens, als er endlich von dem Sitz befreit worden war, an
den er während seiner Bewußtlosigkeit gefesselt gewesen
war, hatte die Drohne ihm eine alte, aber bösartig
glänzende Messer-Rakete gezeigt, die sie in ihrem Gehäuse
enthielt, und ihm einen kurzen, aber schmerzhaften Stich in den
linken kleinen Finger versetzt und ihm versichert, daß das
ungefähr ein Tausendstel des Schmerzes sei, den ihre Effektoren
ihm zufügen konnten, falls ihm einfallen sollte, sich
töricht zu benehmen. Er hatte der Maschine seinerseits
versichert, daß er kein Krieger sei und daß jegliche
kriegerische Begabung, mit der er vielleicht geboren worden war,
vollkommen auf Kosten eines überentwickelten
Selbsterhaltungstriebs verkümmert sei.
    Deshalb gab er sich damit zufrieden, ihnen ihren Spaß zu
lassen, wenn sie schweigend kommunizierten. Tatsächlich bot das
eine willkommene Abwechslung. Jedenfalls schien sie das, was immer
sie im Laufe all dieser Kommunikation herausgefunden haben mochten,
nicht besonders zu erfreuen. Vor allem das Mädchen machte einen
bekümmerten Eindruck. Ihm kam es so vor, als ob sie sich
betrogen fühlte, als ob sie dahintergekommen wäre,
daß

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