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F (German Edition)

F (German Edition)

Titel: F (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kehlmann
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ist und das lesen kann.»
    «Ihre Freundin?»
    «Facebook-Freundin. Ich habe allen gesagt, jetzt höre ich auf, jetzt wird es anders. Aber es ist so schwer! Wie machen Sie es denn? Nie eine Frau! Ich werde schon nach zwei Stunden zittrig.»
    «Sprechen wir von Ihnen.»
    «Außerdem habe ich Geld genommen.»
    «Ach.»
    «Nicht sehr viel. Tausend Euro. Aus der Firmenkasse.»
    «Was ist Ihr Beruf?»
    «Ich bin Steuerberater. Meine Freundin arbeitet in meiner Kanzlei.»
    «Welche?»
    «Welche Kanzlei?»
    «Welche Freundin!»
    «Na Klara. Die, von der meine Frau weiß.»
    «Warum wird man Steuerberater?»
    «Bitte?»
    «Warum Steuerberater? Ich habe mich das immer wieder gefragt.»
    Er schweigt. Aber warum soll ich keine Fragen stellen, wo steht geschrieben, dass ich in der Beichte nicht auch etwas lernen darf?
    «Ich mag Kreuzworträtsel», sagt er dann. «Wenn alles säuberlich ausgefüllt ist. So richtig. Ich mag das. Man bekommt die Belege, es ist erst ein Chaos, aber dann fängt man mit dem Ausfüllen der Formulare an. Hierhin etwas und dorthin etwas, dieses Feld und jenes Feld, irgendwann stimmt alles. Im Leben ist ja sonst nie etwas in Ordnung. Brauchen Sie einen Steuerberater?»
    «Nein, nein. Danke.»
    «Das Geld war nicht von einem Klienten. Das dürfen Sie nicht glauben. Es war aus der Kanzleikasse für Büroausgaben. Ein Freund von mir hat einen Vertrieb für Möbel, ich habe ihm gesagt, ich kaufe neue Drehstühle, aber du musst die Rechnung etwas höher ausstellen, dreitausend Euro etwa, und dann –»
    «Eben haben Sie gesagt: Tausend!»
    «– hat er die Stühle geliefert, und ich habe bezahlt und die Differenz mit ihm geteilt. Leider wollte er dann das Geld, das ich bekommen habe, als Sonderausgabe von der Steuer absetzen, und da er unser Klient ist, musste ich ihm sagen, dass das nicht geht. Ich habe ein paar Buchhaltungstricks versucht –»
    «Reden wir von den Frauen.»
    «Es ist furchtbar, Herr Pfarrer! Sie rufen ständig an.»
    «Wer?»
    «Alle außer meiner Frau. Die ruft nie an. Warum auch. Und jeden Tag besuche ich eine von ihnen, ich habe das gut organisiert, aber wenn es zu lange dauert, muss ich trotzdem … so wie vorhin! Wie halten Sie das aus, Herr Pfarrer? Einmal habe ich es eine Woche lang geschafft. Ich bin zu Hause geblieben, habe mit den Kindern gespielt und meiner Frau beim Kochen geholfen. Abends haben wir YouTube-Videos von lustigen Tieren gesehen. Es gibt so viele. Tausende Videos. Tausende lustige Tiere.»
    «Was machen die?»
    «Fressen, herumrollen, Geräusche. Am dritten Tag dachte ich: So schlimm ist das gar nicht. Am fünften dachte ich, ich muss mich umbringen. Dann bin ich zu ihr gegangen.»
    «Zu welcher?»
    «Ich weiß nicht mehr, ist das wichtig?»
    «Nein.»
    «Also was soll ich tun?»
    «Genau das. Bleiben Sie daheim. Helfen Sie kochen. Sehen Sie Tiervideos.»
    «Aber das ist schrecklich.»
    «Natürlich ist es schrecklich. Das ist das Leben.»
    «Warum sagen Sie mir so etwas?»
    «Weil ich nicht Ihr Therapeut bin. Ich bin auch nicht Ihr Freund. Sehen Sie der Wahrheit ins Gesicht. Sie werden nie glücklich sein. Aber das macht nichts. Man kann auch so leben.» Ich warte einen Moment, dann schlage ich das Kreuz. «Ich spreche dich frei von deinen Sünden. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Seien Sie Ihrer Frau treu, solange es geht. Versuchen Sie es zwei Wochen lang. Zwei Wochen müssen möglich sein. Und geben Sie das Geld zurück. Das ist Ihre Buße.»
    «Wie soll ich das verbuchen?»
    «Finden Sie einen Weg.»
    «Das sagt sich leicht! Wie stellen Sie sich das vor? Ich kann nicht einfach so zwölftausend Euro zurück an die Kanzlei überweisen!»
    «Zwölf?»
    «Ich bleibe lieber drei Wochen daheim. Drei, ja?»
    «Geben Sie das Geld zurück!»
    Er schweigt. «Die Lossprechung gilt doch? Ich meine, unabhängig von der Buße? Die ist keine … Bedingung?»
    «Das Sakrament ist vollzogen. Aber das Geld nicht zurückzugeben wäre eine neue Sünde.»
    «Dann komme ich wieder.»
    «So geht das nicht!»
    «Natürlich könnte ich es als Steuererstattung ausgeben. Aber wenn dann eine Betriebsprüfung stattfindet, was mache ich? Ich kann es nicht verbuchen!»
    Er wartet. Ich antworte nicht.
    «Auf Wiedersehen, Herr Pfarrer.»
    Das Holz knarrt, seine Schritte entfernen sich. Ich hätte gern einen Blick auf sein Gesicht geworfen, aber das Beichtgeheimnis verbietet es mir, und ich halte mich an die Regeln. Die Protestanten haben einen Gott, der wissen

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