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F (German Edition)

F (German Edition)

Titel: F (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kehlmann
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ebenfalls Ron heißt. Also: Er, Ron und Carsten hätten Streit mit Ron gehabt, aus Gründen, an die keiner sich mehr erinnern könne, womöglich sei es um Geld gegangen, vielleicht um ein Mädchen oder auch um nichts, es gebe schließlich immer wieder mal Streit um nichts, aber wenn dann einer zugeschlagen habe, sei nicht mehr der Grund dafür wichtig, sondern nur noch der Umstand, dass einer zugeschlagen habe.
    «Was heißt das eigentlich, da auf deinem Hemd? Bubbletea is not a drink I like , was heißt das?»
    Er sieht mich ratlos an, er scheint noch nie darüber nachgedacht zu haben.
    «Egal», sage ich. «Weiter.»
    Er hustet, reibt sich die Augen. Er, Ron und Carsten hätten also Ron, den Kerl, der vorgestern auf Ron in der Diskothek losgegangen sei, eben auf der Straße getroffen.
    «Das ist aber ein Zufall!»
    Kein besonderer Zufall, sagt er, sie seien am Nachmittag oft auf dieser Straße, und Ron sei fast jeden Nachmittag auch auf dieser Straße, dennoch hätten sie die Begegnung nicht kommen sehen, und Ron offenbar auch nicht, denn sonst wäre es ja wirklich zu blöd von ihm gewesen, zu genau der Zeit allein auf dieser Straße aufzukreuzen. Also sei er aufgemischt worden. Gar nicht einmal auf die allerbrutalste Art, aber doch gründlich und wie es sich gehöre.
    «Das ist schlimm», sage ich.
    Ja, aber noch nicht das Schlimmste, denn da sei das Butterfly noch nicht im Spiel gewesen. Ein Mann habe sich wichtiggemacht, und …
    Pater Tauler steht auf, geht zum Getränkeautomaten, zieht eine Cola-Flasche heraus, öffnet sie, geht wieder zu den beiden Mädchen und trinkt. Ich sehe ihm neidvoll zu.
    «Wie bitte? Entschuldige, ich war einen Moment … Wie?»
    Ron fragt, ob ich ihm nicht zugehört hätte.
    «Bitte noch einmal!»
    Na, dieser Mann also. Habe sich wichtiggemacht! Obwohl ihn das doch gar nichts angegangen sei, nicht das Geringste! So ein Schnösel sei das gewesen. Habe gar nicht in die Gegend gepasst, wer weiß, woher der gekommen sei! Habe sich einfach wichtiggemacht!
    «Und dann?»
    Na, Messer. Butterfly. Einfach so, zack, klick, zugestochen, ganz schnell. Dann seien sie weggelaufen, bloß Ron sei liegen geblieben.
    «Ron?»
    Na, nicht der, der zugestochen habe, der andere! Er reibt sich das Gesicht.
    Die Aufschrift auf seinem T-Shirt stört mich plötzlich enorm. Warum wird so etwas hergestellt? «Hat jemand die Polizei gerufen?»
    Wahrscheinlich, sagt er. Irgendwer rufe doch immer die Polizei.
    «War der Mann verletzt?»
    Er sieht mich an, als wäre ich schwer von Begriff. Klar, sagt er langsam. Na sicher doch. Na wie denn nicht! Ron habe zugestochen! Mit dem Butterfly! Wie solle man denn da bitte nicht verletzt sein? Er blickt zum Pingpongtisch hinüber, dann zu den PlayStations, dann beugt er sich vor und fragt, ob ich ihm Solution erteilen könne.
    «Absolution?»
    Absolution, ja. Ob er die von mir haben könne. Und wenn die Polizei bei ihm auftauche, ob ich bestätigen könne, dass nicht er zugestochen habe, sondern dass das Ron gewesen sei.
    «Wie soll ich das bestätigen?»
    Mir ist schwindlig, und diesmal liegt es nicht an der Hitze. Passiert das tatsächlich? Noch nie ist jemand mit einer Gewalttat zu mir in die Beichte gekommen, so etwas geschieht einfach nicht, auch wenn Krimi- und Drehbuchautoren denken, dass es jede Woche vorkommt. Ich könnte die Polizei rufen. Aber das darf ich nicht. Oder muss ich sogar? Ist das hier überhaupt eine Beichte? Wir sind nicht im Beichtstuhl, nicht einmal in einer Kirche. Bin ich etwa verpflichtet, die Polizei zu rufen? Alles ist schwierig, und es ist so heiß.
    Als hätte er meine Gedanken erraten, beginnt er zu weinen. Tränen rollen ihm über die stoppeligen Kinderwangen. Bitte, sagt er. Bitte! Herr Pfarrer!
    Andererseits, denke ich, nehmen wir eben an, es ist eine Beichte. Ich kann das entscheiden, ich mache es zu einer. In diesem Fall darf ich gar nicht zur Polizei. Das Kirchenrecht verbietet es, und das Gesetz des Staates schützt mich. Die Angelegenheit wäre sofort erledigt. Und die Absolution? Warum denn nicht! Es gibt keinen Gott, der dem Jungen verzeihen muss, nur weil ich das Kreuz geschlagen habe. Es sind Worte. Es ändert nichts.
    Ron wischt sich die Tränen weg. So schnell sei alles gegangen. Er habe doch nichts dafürgekonnt. Und warum habe der Schnösel sich auch wichtigmachen müssen!
    Ich weiß, dass ich es mir vorwerfen werde, oder vielmehr: dass ich gezwungen sein werde, es zu vergessen, damit ich es mir nicht vorwerfen muss. Aber da

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