F (German Edition)
stechend, eine halbe Stunde später starb er an vergiftetem Blut und kam nie zurück.
Seinen Vater machte der größte Krieg groß. Bei Lüttich verlor er drei Finger, vor Antwerpen ein Ohr, bei Prag eine Hand, wenn auch leider nicht jene, der schon die Finger fehlten. Aber er war geschickt im Plündern, er wusste, wo Gold zu finden war, und als er genug beisammen hatte, verließ er den schwedischen Dienst und kaufte ein Gutshaus. Er heiratete, zeugte drei Kinder und wurde kurz darauf von Marodeuren umgebracht. Es war eine langwierige Angelegenheit, denn sie wollten Verschiedenes an ihm ausprobieren, seine Frau versteckte sich unterdessen mit den Kindern im Keller. Als die Eindringlinge fort waren, war er noch am Leben, aber die Seinen erkannten ihn kaum mehr; es dauerte zwei Tage, bis er starb. Er kam zurück. Noch heute sieht man nachts jemanden, der wohl sein Geist ist, mit müdem Ausdruck durchs Haus streifen.
Seine Mutter war eine ungewöhnliche Frau. Sie hatte starke Träume, und manchmal war ihr, als könnte sie die Zukunft sehen oder Dinge, die in der Ferne geschahen. Wäre sie ein Mann gewesen, viele Wege hätten ihr offengestanden, und sie hätte ein Schicksal gehabt. Eines Nachts träumte sie von einem einäugigen und einbeinigen Alten, versteckt in einem Schuppen. Er spürte, wie sein Körper starr wurde, er spürte eine kalte Hand an seinem Hals, und er lachte, als wäre ihm etwas so Interessantes noch nie zugestoßen. Aber bevor er starb, war sie aufgewacht.
Viele Dinge trieben sie um. Heimlich zerschnitt sie Leichen, man fand genug davon, der Krieg dauerte schon so lange, dass es alte Menschen gab, die noch nie Frieden gesehen hatten. Sie beschäftigte sich mit den Muskeln, den Fasern, den Nerven, zwischendurch gebar sie ihrem Mann fünf Kinder, von denen drei die Geburt überlebten, aber dann fiel ihr ein Ziegelstein auf den Kopf. Gott hatte das nicht geplant, kein Schicksal hatte es herbeigeführt, bloß der Dachdecker war unfähig gewesen, und sie kam nie zurück.
Ihr Vater war zunächst Wegelagerer gewesen. Seine Mutter hatte ihn ausgesetzt, er war von einem Bauernpaar aufgezogen worden, die einen billigen Knecht brauchten. Sie gaben ihm wenig zu essen, und er machte sich bald davon.
Es gab unvorstellbar viel Wald. In ihm herrschte kein Gesetz, und wer ihn durchqueren musste, den beschützte Gott nicht, und dem half kein Fürst. Eine Zeitlang bestahl er Reisende und schlief in Erdlöchern, aber eines Tages stand er unversehens vor einer Hexe: einem scheußlichen Wesen voller Haare und Warzen, ein Drittel Frau, ein Drittel Mann, ein Drittel horniges Wildschwein. Sie fraß ein kleines, blutiges Ding, ein Rehkitz vielleicht, womöglich auch ein Menschenkind, er wagte nicht hinzusehen. Die Hexe hob den Kopf, ihre Augen waren giftgrün, die Pupillen nur ein Punkt. Er begriff, dass sie ihn bis ins Innerste erkannt hatte und dass sie ihn nicht vergessen würde. Er rannte los. Sein Atem ging rasselnd. Äste schlugen ihm ins Gesicht, es wurde Nacht und wieder Tag. Außer sich vor Erschöpfung, erreichte er eine ummauerte Stadt.
Dort ließ er sich nieder und arbeitete als Verwalter von Häusern, Gütern, Feldern. Er zeugte neun Kinder, von denen drei Mädchen die Geburt überlebten. Er gewann Freunde und verdiente Geld und lebte, als hätte er vergessen, dass er verdammt war. Seine Töchter unterrichtete er wie Söhne und war stolz auf sie. Sie heirateten und schenkten ihm Enkel. Die Familie war gut katholisch, weil die Stadt gut katholisch war, jeden Sonntag ging er zur Kirche und bezahlte den Priester für sein Seelenheil. Man sagte, dass es Krieg geben werde, aber er glaubte nicht daran. Und eines Nachts stand die Hexe doch vor ihm, er sah sie deutlich, obgleich es stockdunkel war im Zimmer und sie selbst noch dunkler als die Dunkelheit. Sie fanden ihn am nächsten Morgen. Er kam nie zurück.
Sein Vater war Hauslehrer im Dienst eines Grafen Schulenburg. Der Graf hatte eine Tochter, es gab heimliche Briefe, Schwüre und Pläne zu einer Flucht übers Meer, wo angeblich neues Land gefunden worden war, was aber auch ein Märchen sein konnte, wie sollte man das wissen. Ihr Schicksal kam den beiden so wichtig vor, als stünde es in einem Buch.
Aber als das Mädchen schwanger wurde, fingen den Hauslehrer zwei Männer auf der Straße ab und schlugen ihn mit Eisen, bis er tot war. Sie gebar heimlich, das Kind wurde ausgesetzt, sie musste einen Landadeligen heiraten, der nie erfuhr, dass er nicht der
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