Fado Alexandrino
irgendwie bereute er es, irgendwie hatte er Schuldgefühle, während der Morgen die Bäume und die Häuser und die am Vortag ausgeleerten, umgekippten Mülltonnen brutal aus der Dunkelheit riß. Seine Schritte machten einen Höllenlärm in der Stille, als würde er durch das von Echos widerhallende Schiff einer leeren Kirche gehen, er öffnete das Glasbüro, setzte sich an den Schreibtisch, starrte blöd das Telefon an, das niemals läutete, und die Straße dort oben, die ganz allmählich eine geheimnislose Dichte erlangte. Der Besitzer der Drogerie hängte die Luken ab, die Mechaniker der Autowerkstatt kamen in kleinen Gruppen rauchend den Bürgersteig herunter, die erste schüchterne Sonne leckte die abgenutzte Rampe aus Beton. Kein Hunger, keine Müdigkeit, kein Durst, nur eine flüchtige, hoffnungslose Traurigkeit schwappte flüssig in ihm: er legte die Damesteine auf das Brett, rieb sich mit dem Handballen den Schlaf aus den Augen, Motorengeräusche, Gespräche, Schreie, die quietschenden Gefährte der Obst- und Gemüseverkäufer: und jetzt?
– Ein Vogel, ließ der Leutnant nicht locker. Still, ängstlich,
sorgenvoll schlug er auf der Sitzstange mit den Flügeln und wartete. Ein ungewöhnlicher Vogel, der sich rasiert, sich Kleider und Strümpfe und Schuhe anzieht, der spricht, und das alles inmitten der Glocken, der Plakate, der Haken, die ihm den Bauch durchbohren, der Anweisungen des Biologen, der Schielenden, des Polen. Und darüber, mal näher, mal ferner, die Schiffe im Hafen, die im diffusen Meeresnebel meines Schlafes ankern und, wissen Sie, nicht aufhören, mich zu rufen.
– Ein Soldat, ein alter, ein Mistkerl, der keinen hochkriegt, sagte die Concierge, einer von denen, die, wenn sie es nicht schaffen, anfangen, sich zu entschuldigen und zu jammern: ich will blind sein, wenn mir das keine Lehre war. Daher, mein Lieber, kümmerst du dich entweder um die Papiere oder ziehst Leine.
Der Stumme kam immer um neun, Viertel nach neun, bereits mit unsicheren Fingern und gewaltig nach Wein riechend, die galligen Augen schwammen in seinem Gesicht wie anatomische Teile in einem Glas mit Alkohol, die Knochen stachen spitz wie Hähnchenknochen durch das abgewetzte Hemd. Onkel Ilídio erschien einmal pro Jahr, schaute sich das Lager mit einem trüben, uninteressierten Seitenblick an, zog sich keuchend zurück, wobei er ständig gierig an der Asthmapumpe saugte wie an einer Nuckelflasche, nur ein Koffer mit Kleidung und niemand, der sich von mir am Flughafen verabschiedete, Passagiere mit dem Beerdigungsausdruck von Flugzeugunfällen saßen zwischen Säcken, warteten auf den Flug, wenn diese kleine Frau in dasselbe Flugzeug steigt wie ich, wird ganz bestimmt etwas geschehen, wenn dieser dicke Kerl sich neben mir in den Sitz kippt, dann geht bestimmt eine Turbine kaputt, und sie heißen uns die Gurte anlegen, und die Stewardessen werden unruhig, irgendeine Stimme fängt an zu schreien, da fährt mein Koffer, gleitet auf einem Gummilaufband dahin und verschwindet, ich fühlte mich winzig, bedeutungslos, nutzlos, besiegt, der Stumme schob einen Stein weiter und lehnte sich zurück, während er in den Taschen nach dem Streichholzbriefchen suchte, selbst heute noch, Herr Hauptmann,
fuhr der Leutnant fort, nach so vielen Jahren, so vielen Nöten, so vielen Augenblicken der Ungewißheit, so vielen morbiden Traurigkeiten fällt mir, wenn ich mit einer Frau zusammen bin, wenn ich ihre Arme berühre, ihre Brüste liebkose, wenn ich mich zu ihrem Mund herunterbeuge wie zu meinem Gesicht im Spiegel, nur ein, was weiß ich, daß mir ein Zahn weh tut, daß ich eine Aphte an der Zunge habe, daß ich in der vorigen Woche ein Kilo abgenommen habe, daß ich in zwanzig Minuten, wenn ich mit dem Schweiß meiner Flanke die Kurve ihrer Flanke streife, die Zigarette der Enttäuschung und des Überdrusses anstecken werde, die Mäuse traben unter den kaputten Möbeln im Lager herum, die zerbrochenen Scheiben der Decke zerreißen die geschwollene, schimmlige, fleckige Wolkenhaut des Himmels, das Telefon schweigt beharrlich wie das strenge, stille Gesicht eines Toten, der Alte verbringt seine Tage damit, zu Hause auf dem Bett ausgestreckt verzweifelt so wenig zu atmen wie möglich, das Streichholz des Stummen geht im Zickzack und trifft vorbei und zittert vor der erloschenen Spitze der Kippe, und wenn ich den Magen nicht mit aller Kraft festhalte, Herr Hauptmann, erklärte der Soldat, wenn ich nicht die Bauchmuskeln anspanne, wenn ich den
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