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Fächergrün

Fächergrün

Titel: Fächergrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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Tisch. Er dachte dabei an die einfachen Zimmer oben im Schuppen, in denen früher sicherlich die Arbeiter gehaust hatten.
    »Hier geht’s los.« Die ältesten Unterlagen datierten aus dem Jahr 1966. Damals waren die ersten italienischen ›Gastarbeiter‹ bei den Gebrüdern Maiwald angemeldet worden.
    Die Kommissare arbeiteten sich durch Lohnabrechnungen, Finanzamts-, Krankenkassen- und andere Sozialversicherungsnachweise.
    »Alles penibel geführt«, konstatierte Lindt, als sie, nur unterbrochen von einer kurzen Mittagspause im Straßencafé, vier Stunden später fertig waren und eine dreiseitige Liste mit den Namen aller Arbeiter erstellt hatten, die zwischen 1966 und 2003 hier beschäftigt waren.
    »Nur Italiener«, stellte er fest. »Die haben ihr Maurertalent wahrscheinlich noch von den römischen Vorfahren vererbt bekommen.«
    Wellmann zeigte auf einen Namen, der ganz oben stand: »Vittorio Gallo, das war der erste und der letzte. Alle anderen finden sich meist nur ein paar Jahre auf der Gehaltsliste, Gallo dagegen während der gesamten Zeit. Nach Deutschland gekommen mit 26, in Rente gegangen mit 63, volle 37 Jahre.«
    »Dann war er wohl der Kapo, der Vorarbeiter?«
    »Vielleicht auch der Mann für Nachschub.« Paul Wellmann zählte durch und fand in den ersten 15 Jahren acht Mal den Familiennamen Gallo. »Ich wette, der hat nach und nach seine ganze kalabrische Verwandtschaft bei den Maiwalds untergebracht.«
    »Aber immer nur für kurze Zeit. Außer Vittorio blieb keiner lange hier.«
    »Oskar, lass uns doch mal die Löhne vergleichen. Da ist mir beim Durchblättern was aufgefallen.« Wellmann nahm wieder die ältesten Abrechnungen zur Hand. »Sieh mal, da, früher wurde jede Woche ausbezahlt.«
    »Die sprichwörtliche Lohntüte, samstags gab es Bares. War damals so üblich. Da hatte man vielleicht ein Sparbuch, aber sicherlich kein Girokonto«, erinnerte sich Lindt.
    Wellmann deutete mit seinem Kugelschreiber auf die Abrechnungsbogen: »Arbeitszeit mal Stundenlohn macht Wochenlohn, darunter die Abzüge. Steuern, Krankenkasse, Rente, Arbeitslosenversicherung und so weiter. Und was soll das hier: Unterkunft?«
    »Ganz einfach, Paul. Die Miete für die Zimmer oben im Schuppen.«
    »Mag sein, aber weshalb werden diese Beträge immer weniger, während die Löhne kontinuierlich ansteigen? Und ab 1973 taucht der Posten Unterkunft gar nicht mehr auf.«
    »Dann haben die Maurer eben nicht mehr hier gewohnt. Hast du dir angeschaut, wie einfach die Zimmer ausgestattet sind? Bestimmt zog es die Männer in bessere Wohnungen.«
    »Auch die, die frisch aus Italien kamen? Das müsstest du eigentlich genauer wissen, Oskar. Wer 20 Jahre gegenüber wohnt, der sieht doch, was abgeht.«
    Lindt kratzte sich am Hinterkopf. »Lass mich überlegen. Eines weiß ich sicher. Das große grüne Tor war schon immer da und es war immer geschlossen, außer zum Raus- und Reinfahren. Italiener gab es auch schon immer, aber ob die nur zum Arbeiten oder auch zum Wohnen …, keine Ahnung, Paul. Merkwürdig, dass ich da nicht drauf geachtet habe.«
    »Und die Mieter hier im Haus, in den oberen Wohnungen? Die müssten doch was wissen.«
    »Daran kann ich mich ziemlich genau erinnern. Früher wohnte außer den Brüdern niemand hier drin. Es hieß immer, die Wohnungen wären noch nicht richtig renoviert und die Maiwalds hätten zu sehr mit anderen Baustellen zu tun, um das eigene Haus fertig zu bekommen.«
    »Jede Wette, die wollten nur nicht, dass ihnen jemand allzu genau in den Hof schaut.«
    »Kann ich mir echt nicht vorstellen, Paul, dass die beiden was zu verbergen hatten.« Lindt zeigte auf die Batterie von Ordnern, die vor ihnen auf den Schreibtischen standen. »Hast du jemals eine solch akkurate Buchführung gesehen? Ich glaube wirklich nicht, dass es da Unregelmäßigkeiten gab.«
    »Glauben hilft ab und zu, Oskar. In diesem Fall sollten wir eher nach Fakten suchen. Hat sich die Spusi eigentlich den gesamten Schuppen vorgenommen?«
    Lindt fischte sein Handy aus der Jackentasche. »Das können wir rausfinden.« Er bestellte die Kriminaltechnik erneut in die Oststadt und rief danach bei Jan Sternberg an, um ihm die Namen der italienischen Maurer durchzugeben.
    Als Ludwig Willms mit zwei seiner Mitarbeiter eintraf, konnte man ihm den Missmut deutlich ansehen. »Was soll das, Oskar. Erst gibst du die Devise aus: ›Vom Schuppen nur das Erdgeschoss‹, eben da, wo der eine Maiwald sein Leben ausgehaucht – oder soll ich besser sagen

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