Fächergrün
dass du dieses Zeug immer verbrennen musst.« Dann zerkrümelte er die Platten mit der Hand, füllte die Ladung in den Mörser und schob ihn zu Oskar Lindt über den Tisch. »Bitte möglichst fein. Dir als Hobbykoch dürfte die Handhabung eines solchen Geräts ja keine Schwierigkeiten bereiten.«
Der Kommissar nahm den massiven Stößel in die Faust und begann unter ständigem Gejammer »Das kann ja kein Mensch mehr rauchen« den Tabak zu zerreiben.
»Je feiner die Konsistenz, desto größer die Oberfläche und umso mehr Angriffsfläche hat die Flüssigkeit. Halt, das genügt.« Ludwig Willms ließ den Inhalt des Mörsers in einen gläsernen Messbecher gleiten, ging zum Waschbecken und goss Wasser über die braunen Krümel. »Stellt euch vor, das wäre Alkohol«, erklärte er.
»Schnaps aus dem Wasserhahn, steigert die Arbeitsmoral, verbessert das Betriebsklima. Sollte echt eingeführt werden, ich reich gleich einen Vorschlag ein«, konnte sich Jan Sternberg nicht verkneifen.
»Was wären wir auch ohne deine intelligenten Bemerkungen«, seufzte Lindt. »Es würd uns echt was fehlen.«
Zuerst schwammen die Tabaksfäden obenauf, aber nach und nach sogen sie sich voll und sanken tiefer. Einige Male rührte Willms um, danach füllte er das Gemisch in eine braune Glasflasche und schraubte sie zu. »Jetzt das Ganze an einen warmen Ort«, er stellte das Objekt auf die Fensterbank, »einige Tage abwarten, dann haben sich die Inhaltsstoffe gelöst. Abseihen. Erst durch ein Teesieb und anschließend über ein Filterpapier gießen – fertig!«
»Je mehr Material und je weniger Alkohol, umso konzentrierter die Flüssigkeit«, stellte Paul Wellmann fest. »Und was lernen wir daraus? Mit normalem Haushaltsgerät kann jeder problemlos das Taxin aus den Eibennadeln herausziehen.«
»Ein paar chemische Grundkenntnisse genügen«, bestätigte KTU-Chef Willms.
»Bleiben Spurenreste?«, wollte Lindt wissen.
»Oskar, falls du an eine Hausdurchsuchung denkst, um Beweise zu sammeln – vergiss es einfach. Wenn nicht gerade irgendwo eine Flasche mit dem gelösten Gift herumsteht, haben wir keine Chance. Mörser und Sieb in die Spülmaschine, danach ist alles wieder fit für die Küche.«
»Also müssen wir die Sache anders anpacken«, rieb sich Lindt die Stirn und angelte seine Tabaksdose von der Tischplatte, um sie zu stopfen. »Mit unseren herkömmlichen Methoden sind wir hier am Ende. Sowohl den rabiaten Exmietern als auch der gierigen Nichte können wir auf diese Art nichts beweisen.«
»Ob sie schon weiß, dass der Geldsegen an ihr vorbeigeht?«, überlegte Paul Wellmann. »Wie alt ist dieses Testament zugunsten von Udo Kern eigentlich?«
Sternberg blätterte in der Akte: »Knappe zwei Jahre. Genau die Zeit, als die Neudorff ihre Eigentumswohnung verkaufen musste. Jede Wette, dass sie da versucht hat, die Erbonkel anzupumpen.«
»Nach meiner Ansicht hat sie das stärkste Motiv«, stellte Lindt fest. »Die anderen Verdächtigen kommen erst danach.«
»Also müssen wir sie doch noch intensiver ins Gebet nehmen. Am besten, wir machen es wie in Gernsbach und bereiten ihr eine Überraschung.«
Sternbergs Vorschlag wurde angenommen. Er bekam den Auftrag, ein weiteres Mal mit dem Nachlassgericht zu sprechen, um zu klären, ob Eva Neudorff nachgefragt hatte, und um darüber hinaus die Heidelberger Lehrerin ins Karlsruher Polizeipräsidium zu bitten.
Lindt und Wellmann machten sich so lange wieder an das Aktenstudium im kühlen Büro der Baufirma in der Oststadt.
Nach und nach füllten die Kommissare ihre Liste mit Vorkommnissen, bei denen Mieter mit den Brüdern Maiwald Konflikte gehabt hatten. Bis auf den Fall Schneeberger/Krauss handelte es sich bei den dokumentierten Zwangsräumungen um Fälle, die mindestens vier Jahre zurücklagen. Meist konnten die Leute nicht mehr zahlen, bekamen deshalb die Kündigung und zögerten ihren Auszug bis zum letzten Tag hinaus. In drei Fällen war zudem Sachbeschädigung der Grund für die Beendigung des Mietverhältnisses, aber immer waren die Maiwalds auf ihren Schäden sitzen geblieben, weil bei den Mietern absolut nichts zu holen war. »Amtsbekannt ohne Habe«, zitierte Wellmann eine häufig gebrauchte Formulierung.
Die Kommissare waren sich einig, dass von diesen Fällen keiner konfliktträchtig genug war, um die Leute in den Kreis der Verdächtigen aufzunehmen.
»Bleiben die früheren Mitarbeiter«, sagte Oskar Lindt und stellte die letzten unbearbeiteten Ordner auf den
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