Fächergrün
ausgekotzt – hat. Und jetzt müssen wir wieder anrücken und den Rest machen. Hast du eine Ahnung, was das kostet?«
»Ein neuer Ermittlungsstand macht einen erneuten Einsatz der Kriminaltechnik notwendig – am besten schreibst du dir diesen Satz gleich auf, falls die Verwaltungsstelle eine Begründung verlangt«, konterte Lindt und zeigte auf die Dachfenster. »Nur oben im Schuppen. Im Keller waren Paul und ich bereits, dort gibt es wirklich nichts außer kaltem, grünem Beton.«
»Überleg es dir gut. Wehe, wir müssen deswegen ein drittes Mal unseren ganzen Krempel hierher schleppen.«
Der Kommissar schüttelte den Kopf: »Aber wenn es dich beruhigt, kannst du ja …« Er hielt dem KTU-Chef den Schlüsselbund von Anton Maiwald hin: »Einer davon passt.«
Lindt und Wellmann begleiteten die Techniker in die Dachzimmer des Schuppens. Stickige Sommerhitze empfing die Beamten, als sie oben an der Treppe angelangt waren. Willms stieß eines der einfach verglasten Kippfenster auf. »Im Sommer heiß, im Winter kalt, garantiert nichts isoliert hier.« Anschließend ging er den schmalen Flur entlang, um sich einen Überblick zu verschaffen.
»Viel ist das ja nicht«, kommentierte der KTU-Chef, als er die drei grünen Holztüren geöffnet und einen Blick in die spartanisch eingerichteten Zimmer geworfen hatte. Jeweils ein Doppelstockbett, roh aus Holz zusammengenagelt. Er hob eine der Matratzen hoch: »Brett statt Lattenrost«, und sperrte die Tür des ebenfalls aus unbehandeltem Holz gezimmerten Kleiderschranks auf. Zwei Stühle und ein Tisch, fertig war die Einrichtung, identisch in allen drei Kammern. Die Backsteinwände waren unvergipst, aber dick mit derselben grünen Ölfarbe wie die Türen gestrichen, lediglich der PVC-Boden und die Spanplatten zur Verkleidung der Schrägen schienen neueren Datums zu sein. »Vielleicht 70er-Jahre«, mutmaßte Willms. »Wahrscheinlich hat es im Winter zwischen den Dachziegeln reingeschneit.«
»Heizung?«, fragte Paul Wellmann und suchte.
»Fehlanzeige«, antwortete Oskar Lindt. »Hinten in der Küche steht ein großer alter Holzherd, der musste wahrscheinlich für das ganze Stockwerk reichen.«
»Wo sind denn die Duschen?«, schaute sich Willms um.
Lindt lachte: »Ich weiß ja nicht, wie luxuriös deine Jugend war, Ludwig. Wir auf dem Land hatten fließend Kaltwasser in der Küche und die ganze Familie wusch sich am Schüttstein. Samstags wurde unten in der Waschküche der Badeofen geschürt und dann die Wanne gefüllt. Das war’s. Damit bin ich groß geworden.«
»Ganz schön groß«, stichelte Willms und schielte eine Spur zu deutlich auf den rundlichen Kommissar.
»An die Arbeit!«, kommandierte der barsch und ging voran in die Küche. »Klo ist übrigens ein Stock tiefer, aber das kennt ihr ja schon. Dort, wo …«
»Ja, ja, danke, dass du uns die Erinnerung an den Einsatz der Atemschutzmasken wieder wachrufst.«
Zwei Stunden später meldete Willms Vollzug. »Insgesamt nur ganz wenige Spuren. Hier muss nach dem Auszug der letzten Bewohner alles blitzblank geputzt worden sein. Jetzt lag natürlich eine Menge Staub überall, aber nirgends etwas, das uns auf Anhieb weiterbringen würde. Abfalleimer wie ausgeleckt und auch die berühmten Indizienfundstellen wie Aschenkasten oder Spültisch-Siphon waren völlig sauber. Auf Türklinken und den gestrichenen Flächen gab es ein paar Fingerabdrücke, aber nur sehr vereinzelt. Wir werden sie eingeben, doch große Hoffnungen macht euch lieber nicht.«
»Wann hat das letzte Mal einer hier drin gewohnt?«, fragte Oskar Lindt. »Wenn wir das wüssten …«
»In den letzten Jahren jedenfalls nicht. Dazu war die Staubschicht zu dick. Allerdings scheinen mir zwei der Matratzen neueren Datums zu sein. Wir haben die Etiketten fotografiert, vielleicht ergibt sich da was.«
Die Kommissare entschieden sich, wieder die Kühle des Maiwald-Büros aufzusuchen. Nachdem sie alle Ordner zurück hinter die Glastüren gestellt und ihre Aufschriebe sortiert hatten, meinte Lindt, indem er mehrere blaue Wolken ausstieß: »Spurenlage äußerst dünn, Indizien sehr dürftig. Wie kommen wir weiter? Wer sagt uns mehr über die Maiwalds und ihre Italiener?«
»Kann auch eine Sackgasse sein, Oskar. Immerhin liegt die letzte Lohnabrechnung sieben Jahre zurück. Sieht ganz so aus, als ob die Baufirma im Jahr 2003 ihre Geschäftstätigkeit eingestellt
hätte.«
Handyklingeln unterbrach die Überlegungen. Jan Sternberg meldete sich aus dem
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