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Fahr zur Hölle, Mister B.: Fantastischer Thriller (German Edition)

Fahr zur Hölle, Mister B.: Fantastischer Thriller (German Edition)

Titel: Fahr zur Hölle, Mister B.: Fantastischer Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barker Clive
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war. Vielleicht handelte es sich um höhere Formen von Dämonen oder niedere Formen von Engeln; möglicherweise beides. Undenkbar schien mir das nicht. Wie rein gar nichts an diesem Tag.
    Und so bog ich um eine letzte Ecke und kam in die Straße, wo Johannes Gutenberg, der angesehenste Goldschmied in Mainz, seine Werkstatt hatte.
    Es war ein gewöhnliches Haus in einer gewöhnlichen Straße. Hätten sich die Mächte nicht dort versammelt, hätte ich es keines zweiten Blickes gewürdigt. Aber es bestand kein Zweifel daran, dass sich in diesem unscheinbaren Bauwerk etwas Bedeutendes befand. Warum sonst sollten sich die Vertreter von Himmel und Hölle so einen erbitterten Kampf auf dem Dach liefern, und ebenso in der Luft über dem Dach, wo sie kreuz und quer durcheinanderstoben, umeinander geschlungene Gestalten aus Sonne und Schatten?
    Das waren keinesfalls Schaukämpfe, sondern Duelle auf Leben und Tod. Ich sah einen Dämon nicht unerheblichen Ranges vom Himmel stürzen, nachdem ihm das Schwert eines Engels die obere Hälfte des Kopfes abgetrennt hatte; einen anderen rissen vier himmlische Geister an seinen Gliedern in Stücke. Andere Mächte kämpften in weitaus größerer Höhe, sodass Blitze von Wolke zu Wolke zuckten und verstümmelte Leiber in einem Regen aus Kot und Gold herabstürzten.
    Die Bürger von Mainz weigerten sich störrisch, zu sehen, was über ihnen vor sich ging. Das einzige Zugeständnis, dass dieser Tag nicht wie jeder andere war, bildete ihr Schweigen, als sie an Gutenbergs Werkstatt vorübergingen. Sie betrachteten ihre schlammverkrusteten Füße, während sie dahinschritten, und setzten dabei gespielt konzentrierte Mienen auf, als würde ihre Zielstrebigkeit sie vor jedwedem Regenschauer beschützen, ob Manna oder Schwefel.
    Mich interessierte der Ausgang dieser Kämpfe so wenig wie sie. Was ging es mich an, ob Himmel oder Hölle diesen Tag für sich entschieden? Auf diesem überfüllten Schlachtfeld war ich meine eigene Streitmacht: Hauptmann, Soldat und Trommler in einer Ein-Mann-Armee vereinigt.
    Was nicht heißen soll, dass ich Gelegenheiten, die mir der Kampf bot, nicht sofort ergriffen hätte – und die erste ergab sich, als ich die drei Stufen der Treppe von der verdreckten Straße zur Tür der Werkstatt erklomm. Ich klopfte mit den Knöcheln an, drei kurze Geräusche. Die Tür blieb verschlossen.
    Ich geriet in Versuchung, die Kräfte freizusetzen, die in mir gärten. Kräfte, die, ich schwöre es, sich auf meinem Weg zu dieser Tür mit jeder Biegung der Straße verdoppelt hatten. Doch sobald ich sie nutzte, wüssten die rivalisierenden Mächte, dass ich einer der ihren war, und dann rief mich entweder die Hölle zu sich oder der Himmel griff mich an. Besser, sie hielten mich für das verbrannte Wrack eines Mannes, der an die Tür des Goldschmieds klopfte, um zu betteln.
    Nach einer Weile klopfte ich erneut, aber nicht mehr höflich mit den Knöcheln, sondern mit der Faust. Und ich beendete das Trommelfeuer auch nicht mehr, sondern hämmerte immerzu weiter, bis ich schließlich hörte, wie die Riegel der Tür zurückgeschoben wurden, oben wie unten. Die Tür ging gerade weit genug auf, dass ein Mann Mitte 20 mich ansehen konnte. In seinem blassen, leicht sommersprossigen Gesicht hatte er schwarze Streifen. Trotz dieser Kriegsbemalung betrachtete er den Anblick meines Gesichts mit nicht unerheblichem Entsetzen.
    »Wir geben Bettlern nichts.«
    Ich antwortete mit nur vier Worten: »Ich bin kein Bettler.« Aber sie kamen mir so herrisch über die Lippen, dass selbst ich, obwohl ich sie ausgesprochen hatte, ganz überrascht war. Und wenn selbst ich, wie viel mehr dann der Mann auf der anderen Seite der Tür? Er ließ die Hand sinken, mit der er die Tür festhielt, damit ich nicht eintreten konnte, und betrachtete mich mit traurigen Augen.
    »Ist es das Ende?«, fragte er.
    »Das Ende?«
    »Es ist das Ende, richtig?«
    Er wich von der Tür zurück und sie schwang auf, als würde meine Anwesenheit auf der Schwelle genügen, und gab den Blick auf den jungen Mann frei, der gerade ein Messer fallen ließ, das er hinter der Tür versteckt gehalten hatte, und auf den Flur. Den lief er jetzt hastig entlang in einen großen, hell erleuchteten Raum, wo mehrere Männer arbeiteten.
    »Johannes!«, rief der junge Mann einem in ihrer Mitte zu. »Johannes! Dein Traum! Oh Gott im Himmel! Dein Traum!«
    Anscheinend erwartete man mich.
    Ich will Sie nicht belügen und behaupten, ich sei nicht überrascht

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