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Fahr zur Hölle, Mister B.: Fantastischer Thriller (German Edition)

Fahr zur Hölle, Mister B.: Fantastischer Thriller (German Edition)

Titel: Fahr zur Hölle, Mister B.: Fantastischer Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barker Clive
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der hinab auf den Fliesenboden rutschte.
    »War das deine Vorstellung von Spaß, Dämon?«
    Ich stand auf und wischte mir das Blut an der Kleidung ab.
    »Warum interessierst du dich so für meinen Spaß?«, fragte ich den Erzbischof.
    »Ich muss jede Arglist der Hölle kennen, wenn ich meine Schäfchen vor ihren Grausamkeiten beschützen will.«
    »Grausamkeiten?« Ich blickte zu Quitoon hinüber. »Was hat er dir erzählt?«
    »Dass ihr euch Stunden vor der Geburt in den Schößen von Müttern einnistet und die Ungeborenen zu Tode erschreckt, noch bevor sie überhaupt das Licht der Welt erblicken.«
    Ich lächelte.
    »Hast du das getan, Dämon?«
    »Durchaus, Exzellenz«, antwortete ich und lächelte, so gut es mein vernarbtes Gesicht zuließ. »Mein sodomitischer Freund Quitoon hat es vorgeschlagen. Er sagte, ich müsste mindestens einmal in meinem Leben in einer Frau gewesen sein. Aber das waren Kleinigkeiten. Einmal brachten wir mit einem uralten Zauberbuch, für dessen Einband wir die Eingeweide seines Besitzers benutzten, sämtliche Toten auf einem Friedhof in Hamburg ins Leben zurück; dann suchten wir jeden einzelnen Kadaver in der Erde auf und versicherten ihnen, dass das Ende der Welt bevorstünde und sie sich sofort aus ihren Gräbern freischaufeln und tanzen müssten. Tanzen und singen, in welchem Stadium der Verwesung sie sich auch befinden mochten.«
    »Der Hamburger Totentanz war dein Werk?«
    »Ja. Natürlich.« Jetzt lächelte ich so sehr, dass es wehtat. »Hast du gehört, Quitoon? Er weiß von Hamburg. Ha!«
    »Derlei abscheuliche Obszönitäten sind kein Triumph«, sagte der Erzbischof wütend. »Deine Seele ist so abscheulich wie dein Äußeres! Stinkender, widerwärtiger Abschaum. Mehr bist du nicht. Weniger als ein Wurm in den Gedärmen eines Hundes.«
    Er sprach diese rechtschaffenen Worte mit so großem Nachdruck, dass ihm die Spucke von den Lippen flog. Aber irgendwie kam mir die Ansprache gezwungen und gekünstelt vor. Ich schaute zu Hannah, dann zu Gutenberg, und schließlich zu Quitoon. Von den dreien sah nur Gutenberg wie ein Gläubiger aus.
    »Bete, Hannah«, sagte Gutenberg. »Und danke Gott, unserem Herrn, dass wir den Erzbischof zu unserem Schutz hier haben.«
    Gutenberg wandte dem zerbrochenen Fenster, wo sich der Dämon noch festklammerte, den Rücken zu, ging zur Wand hinter der Druckerpresse und nahm ein schlichtes Holzkreuz herunter. Sollte es sich zum Schutz der Männer dort befunden haben, die an der Druckerpresse arbeiteten, so hatte es seine Aufgabe höchst unzulänglich erfüllt; die Beweise dafür lagen tot und blutend zu Füßen des Druckers. Aber es schien, als würde Gutenberg noch auf seine Wirksamkeit vertrauen.
    Als er das Kreuz von der Wand nahm, ertönte lautstarker Lärm aus allen Richtungen: Glas zerschellte, Holz splitterte, Scharniere wurden aus Türrahmen gerissen, Riegel aus Fenstern gebrochen. Das ganze Haus erbebte bis in die Grundmauern. Hinter mir ertönte ein Krachen wie von einem Sommergewitter; als ich mich umdrehte, sah ich einen gezackten schwarzen Riss, einem Blitz nicht unähnlich, in der Mauer hinter der Presse. Und dieser Riss gebar sofort mehr seiner Art, schwarze Blitze von Rissen, die sich an manchen Stellen bis zur Decke, an anderen bis zum Fußboden ausbreiteten, während Verputz und Staub herabregneten und den Raum in ein Chaos verwandelten.
    Der Staub fühlte sich unter meinen Lidern wie Glaskörnchen an. Meine Augen tränten. Ich kämpfte dagegen an, vermochte sie jedoch nicht zu trocknen. Die Tränen liefen an meinen Wangen hinab – die Art von Schauspiel, wegen dem Quitoon mich stets gern verspottet hatte.
    »Alles in Ordnung, Mister B.?«, fragte er, als wäre er aufrichtig um mein Wohlergehen besorgt.
    »Ging mir nie besser!«, fuhr ich ihn an.
    »Aber sieh nur deine Tränen, Mister B.! Wie ein Wasserfall!«
    »Das liegt am Staub, Quitoon. Wie du sehr wohl weißt.«
    In dem Moment ergriff Hannah das Wort – die ihr Mann losgeschickt hatte, damit sie etwas zu essen und zu trinken holte, jedoch mit leeren Händen und in Begleitung von Quitoon zurückgekehrt war. Aber nichts in ihrer Stimme deutete mehr auf die gestrenge, aber fügsame Hausfrau hin, die ich bei unserer ersten Begegnung in ihr gesehen hatte.
    Sie wirkte wie verwandelt. Den Blick ihrer tief in den Höhlen liegenden Augen richtete sie auf das Genie, das sie beschützte, und breitete dabei die Arme aus. Einen Augenblick lang schien es, als würde der gesamte Raum – jedes

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