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Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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tummeln sich noch mehr Krieger. Sie bewegen sich unter den Füßen der Passanten fort.«
    »Sagt er die Wahrheit?«, wandte sich Gutenberg an den Erzbischof.
    Bevor Seine Exzellenz die Frage beantworten konnte, musste er das Stück Schweinefleisch kauen und schlucken, das er verstohlen abgebissen hatte. Er unternahm einen Versuch, mit halb vollem Mund zu sprechen, brachte aber nur unverständliche Worte heraus. Und so warteten wir eine knappe Minute, während er seinen Bissen gründlich kaute und schluckte. Dann legte er den Schweineknochen auf den Teller, auf dem er ihn serviert bekommen hatte, wischte sich die Finger an einer Stoffserviette ab, die daneben lag, spülte den Mund mit einem kräftigen Schluck Wein aus und wandte sich dann endlich an uns.
    »So traurig sein äußeres Erscheinungsbild auch sein mag, dein Besucher weiß, wovon er spricht. Und ich weiß mit Sicherheit, dass Engel sich hier versammelt haben, da ich mich persönlich an den Papst wandte. Natürlich weckte ihre Anwesenheit hier das Interesse des Gefallenen. Das sollte uns nicht überraschen. So wenig wie die Tatsache, dass er sein Ungeziefer in den Kampf mit den Mächten des Himmels schickt, die der Papst zu unserem Schutz erbat.«
    »Und jetzt kämpfen sie auf dem Dach meiner Werkstatt.« Gutenberg schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Und auf der Straße«, fügte der Erzbischof hinzu und griff damit auf Details meiner Schilderung zurück, um seiner Glaubwürdigkeit zu verleihen. Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass der Mann im Leben je auch nur ein Geschöpf gesehen hatte, das nicht vorher nach seinem Geschmack gebraten und gewürzt worden wäre. Doch die Last seiner Talare und Kruzifixe schien seinen Worten Gewicht zu verleihen.
    »Wir sind vollkommen von Soldaten des Herrn umringt«, versicherte er Gutenberg. »Das sind Engelskrieger, Johannes, deren einzige Aufgabe darin besteht, Euch und Eure Erfindung vor Schaden zu bewahren.«
    »Da wir gerade beim Thema sind …«, begann ich.
    »Ich bin noch nicht fertig!«, fuhr der Erzbischof mich an und spuckte dabei eine einzige Faser Schweinefleisch aus, die auf meiner Wange landete. Seine vulgäre Art veranlasste mich, die Reihenfolge meiner Exekutionsliste ein wenig zu verändern. Seine gefräßige Exzellenz war soeben auf Platz zwei vorgerückt, gleich nach Quitoon.
    Quitoon. Ha. Obwohl ich auf der Jagd nach ihm hierhergekommen war, hatte sich so viel zugetragen und trug sich noch zu, dass er mir vollkommen entfallen war – was eine erfreuliche Abwechslung für mich darstellte. Zu viele Jahre hatte ich an ihn und nur an ihn gedacht: Ich war ständig um sein Wohlergehen besorgt gewesen, hatte mich von seinen Wutanfällen einschüchtern lassen, verzweifelte, wenn er nicht bei mir war und zeigte jämmerliche Dankbarkeit, wenn er zurückkehrte. Doch paradoxerweise hatte mich die Jagd auf eine Bühne geführt, wo ein Drama gespielt wurde, größer als die Liebe, eine Bühne, auf der die Waffe der Vernichtung, in die mein Schmerz mich verwandelt hatte, die idealen Voraussetzungen bot, um Schaden anzurichten. Falls auch nur zur Hälfte zutraf, was über Gutenbergs Erfindung gesagt wurde, dann würde ich, wenn ich sie vernichtete – oh Gott, wie seltsam, diese Worte zu formen, und noch mehr, sie ernsthaft in Erwägung zu ziehen –, die ganze Welt schädigen.
    Welch betörender Gedanke.
    »Was meint Ihr, Mister B.?«
    Durch meine Überlegungen zum Thema Liebe und Zerstörung hatte ich vorübergehend den Faden der Unterhaltung verloren. Um ein wenig Zeit zu gewinnen, wiederholte ich die Frage.
    »Was ich meine? Jetzt, da Ihr fragt, ja, was meine ich denn?«
    »Wie kann es da Zweifel geben?«, fragte der Erzbischof und schlug das Ende seines Hirtenstabs auf die Bodendielen, um der Frage Nachdruck zu verleihen. »Der Teufel wird nicht siegreich aus dem heutigen Tag hervorgehen.«
    Jetzt verstand ich, was mir entgangen war: Gutenberg hatte Zweifel geäußert, wie der Kampf ausgehen würde, der um sein Haus herum tobte – und auf dem Dach, bis hinauf in den Himmel, und unter dem Keller, bis hinab in die Hölle. Seiner nervösen Miene nach zu schließen, schien Gutenberg keinesfalls sicher, dass die Legionen der Engel triumphieren würden. Die Antwort des Erzbischofs fiel entschieden aus.
    »Zweifle nicht an der Macht des Herrn, Johannes«, flüsterte er.
    Darauf gab Gutenberg keine Antwort, was den Erzbischof offenbar noch mehr in Rage brachte, da er wieder mit dem funkelnden Stock auf den Boden

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