Faith (German Edition)
hatte.
Im Ohr hatte er noch das grässliche schadenfrohe Gelächter Leathans, der sich im üblichen Strudel aus grauschwarzem Nebel auflöste.
Fragen
Eine Sekunde später klammerte er sich, nach einem Sprung über die untersten Stufen der Felsnadel vor ihm, an das Geländer der ersten Brücke.
Unter ihm rollte eine braune, undurchsichtige Woge weiter ansteigenden Wassers, das die Fundamente der Felsen umspülte und mit gewaltigem Tosen, das jedes andere Geräusch erstickte, den glitschigen Steinboden unter sich begrub.
War das Wasser die Erklärung für die Brücken, die es möglich machten, sich fortzubewegen, ohne die Felsen zu verlassen? Wie oft kam das Wasser? Kam es regelmäßig oder überraschend?
Tausend Fragen gingen Robert durch den Kopf.
Das Wasser schwoll nicht weiter an, aber es war doch tief genug, um in seinem strudelnden Sog umzukommen. Von den Artisanen war nichts mehr zu sehen, die Wölfe waren über die oberen Brücken hinweg verschwunden.
Robert sah sich um. Er war allein.
Unter ihm gurgelten die schmutzigbraunen Wassermassen, über ihm drohten die hochaufragenden Felsspitzen. Darüber spannte sich ein farbloser Himmel.
Er konnte sich nichts Traurigeres vorstellen als das Bild, das er in diesem Moment vor Augen hatte.
Er ließ das Geländer, an das er sich immer noch klammerte, los.
Langsam stieg er die steinernen Stufen hoch. Er wollte die Höhlen von innen sehen und hoffte, dass deren unterdrückte Bewohner sich wie Florus an ihn erinnerten und ihm nach wie vor freundlich gesinnt waren. Wie waren die Artisanen überhaupt in Leathans Gewalt geraten?
Eifersucht
Patricia sah Faith böse hinterher und wandte sich dann zornig an Richard, ohne Jamal und Christian zu beachten.
„Lässt du dich so leicht einwickeln? Mit dir kann wohl Jede machen, was sie will. Gestern Nacht hast du mich angemacht und heute knutscht du mit ihr?“
„Ich hab dich angemacht?“
Richards Verblüffung nahm sie gar nicht zur Kenntnis.
Sie schaute verächtlich hinter Faith her und machte eine wegwerfende Handbewegung.
Ja, er hatte nichts dagegen gehabt, als sie ihm in der Nacht ihre Füße auf den Schoß legte, aber unter Anmachen verstand er dann doch etwas anderes.
Patricia kam auf ihn zu. Mit süßer Stimme sagte sie: „Sei nicht böse, ich war eben ungerecht.“ Sie sah zu ihm auf.
„Wahrscheinlich konntest du dich nicht wehren, schließlich ist sie unsere Gastgeberin.“ Sie schlang die Arme um seine Taille und lehnte ihren Kopf Verzeihung heischend an seine Brust.
Richard befreite sich aus dieser Umarmung und trat einen Schritt zurück.
„Was für ein leckeres Frühstück.“
Patricia tat so, als habe sie seine Zurückweisung nicht bemerkt.
Sie würde Richard für sich gewinnen, bisher hatte sie noch immer bekommen, was sie wollte.
Sie setzte sich an den Küchentisch und fragte, ob der Kaffee schon fertig sei.
Die drei Jungs sahen sich an, Jamal zuckte ironisch bedauernd mit den Schultern.
„Tut mir sehr leid. Wenn Madame einen Moment warten wollen?“
Jamal spielte den Clown und ging dienernd rückwärts zur Kaffeemaschine.
In Patricias Mine war deutlich die Verachtung zu sehen, die sie ihrem dunkelhäutigen Klassenkameraden entgegenbrachte.
Wolle pinkelt neben den Kamin
Faith floh ins Kaminzimmer. Es roch süßlich nach kalter Asche. Das Feuer war längst ausgegangen. Im Kamin lagen nur noch verkohlte Reste.
Lisa stand zitternd, die Arme um ihren Oberkörper geschlungen, draußen vor der Terrassentür und redete mit dem Welpen, der versuchte, an ihr emporzuklettern. Offenbar hatte er nicht die mindeste Lust, seinen kleinen Hintern in den Schnee zu halten um sein Geschäft zu verrichten. Als Faith die nur angelehnte Tür ganz öffnete, raste der kleine Hund an ihr vorbei in den Raum. „Nein, nicht!“ Lisa rannte hinter ihm her, aber es war zu spät.
In der noch warmen Ecke neben dem Kamin blieb Wolle stehen und fabrizierte einen Riesensee.
Schwanzwedelnd tapste das Hündchen auf die Mädchen zu, legte sich auf den Rücken und streckte ihnen die viel zu großen feuchten Pfoten entgegen.
Lisa und Faith mussten lachen, sie konnten dem kleinen Schlauberger nicht böse sein.
„Hast du Robert gesehen?“
Faith rief Lisa hinterher, die schon auf dem Weg in die Küche war, um Eimer und Wischlappen zu holen.
„Nein, heute Morgen noch nicht.“
Faith versuchte sich zu erinnern, wann sie selbst ihren Vater zuletzt gesehen hatte.
Es musste weit nach Mitternacht gewesen sein, als sie
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