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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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hörte, wie sie hereinkamen und das Scheißhaus inspizierten. Als sie zurückkamen, ließ ich die Augen zu und tat so, als sei ich wieder eingeschlafen.
    Als ich am nächsten Tag zuhause so gegen Mittag aufwachte, erzählte ich Jan davon. »Sie haben mich beim Schlafen erwischt, aber nicht gefeuert. Ich nehme an, seit der Sache mit Hugh haben sie Schiß vor mir. Ein harter Knochen zu sein, macht sich immer bezahlt. Dem Starken gehört die Welt.«
    »Die lassen dir das bestimmt nicht durchgehen.«
»Quatsch. Ich hab dir schon immer gesagt, ich habs in mir. Ich hab den richtigen Touch. Aber bei dir hätte der liebe Gott
    genausogut die Ohren vergessen können. Du hörst mir ja nie zu.«
    »Das liegt bloß daran, daß du immer wieder das gleiche sagst.«
»All right, trinken wir was und sprechen wir uns mal aus. Seit wir wieder zusammen sind, läufst du hier rum und streckst den Arsch in die Luft. Shit, ich brauch dich nicht, und du brauchst mich nicht. Das ist so klar wie nur was. Machen wir uns doch nichts vor.«
Ehe der Streit losgehen konnte, klopfte es an die Tür.
»Halt die Luft an«, sagte ich und stieg in meine Hose. Ich machte die Tür auf. Ein Telegrammbote von Western Union stand da. Ich gab ihm zehn Cents und riß das Telegramm auf:
HENRY CHINASKI: IHRE BESCHÄFTIGUNG BEI DER TIMES CO. IST HIERMIT BEENDET.
HERMAN BARNES
»Was ist?« fragte Jan.
»Sie haben mich gefeuert.«
»Und dein Scheck?«
»Davon steht nichts da.«
»Sie schulden dir einen Scheck.«
»Ich weiß. Komm, wir holen ihn.«
»Okay.«
Mein Auto hatte ich inzwischen nicht mehr. Zuerst war der Rückwärtsgang ausgefallen. Dieser Herausforderung war ich dadurch begegnet, daß ich jede Fahrt genau vorausplante. Dann schlaffte die Batterie ab, so daß ich nur noch bergabwärts anfahren konnte. Das hielt ich einige Wochen durch, bis ich eines Abends mit Jan eine Sauftour unternahm und den Wagen vor einer Kneipe abstellte, auf ebener Straße. Ich kriegte ihn natürlich nicht mehr an und mußte ihn von einer Werkstatt, die rund um die Uhr geöffnet hatte, abschleppen lassen. Als ich ihn ein paar Tage danach abholte, hatten sie für 55 Dollar Reparaturen reingehängt, und er sprang immer noch nicht an. Ich ging zu Fuß nach Hause und schickte ihnen per Post den Kfz-Brief, damit sie die Karre verschrotten konnten.
Wir mußten also zu Fuß zum Times Building gehen. Jan wußte, daß ich sie gern mit Stöckelschuhen sah, also zog sie die Dinger an, und wir gingen los. Es waren gut und gerne zwanzig Blocks bis dahin. Als wir dort waren, setzte sich Jan draußen auf eine Bank, und ich ging rein zur Kasse.
»Ich bin Henry Chinaski. Ich bin gekündigt worden und möchte meinen Scheck abholen.«
»Henry Chinaski«, sagte das Girl. »Augenblick bitte.«
Sie sah einen Stapel Unterlagen durch. »Tut mir leid, Mr. Chinaski, Ihr Scheck ist noch nicht fertig.«
»Na schön, dann warte ich.«
»Wir können den Scheck erst morgen fertig haben, Sir.«
»Aber ich bin gekündigt worden.«
»Tut mir leid. Morgen, Sir.«
Ich ging raus. Jan stand von der Bank auf. Sie sah hungrig aus. »Komm«, sagte sie, »jetzt gehn wir zum Grand Central Market und kaufen Suppenfleisch und Gemüse ein, und dann besorgen wir uns noch ein paar Flaschen guten französischen Wein.«
»Jan, die haben gesagt, der Scheck ist noch nicht fertig.«
»Aber sie müssen ihn dir doch geben. Dazu sind sie gesetzlich verpflichtet.«
»Schätze, ja. Ich weiß nicht. Aber sie haben gesagt, er wär erst morgen fertig.«
»Menschenskind, und ich bin den ganzen Weg in Stöckelschuhen gelaufen.«
»Du siehst gut aus, Baby.«
»Yeah.«
Wir machten uns auf den Rückweg. Auf halber Strecke zog Jan ihre Schuhe aus und ging auf Strümpfen weiter. Einige Autofahrer hupten, als sie an uns vorbeikamen. Ich zeigte ihnen jedesmal den Mittelfinger. Zuhause hatten wir gerade noch genug Geld für Tacos und Bier. Das besorgten wir uns, aßen und tranken, stritten uns ein bißchen, fickten und schliefen. Am nächsten Tag um die Mittagszeit zogen wir wieder los – Jan mit Stöckelschuhen. »Heute mußt du uns unbedingt dein IrishStew machen«, sagte sie. »Es gibt keinen Mann, der so gutes Stew macht wie du. Es ist deine größte Begabung.«
»Danke. Furchtbar nett von dir«, sagte ich.
Es waren nach wie vor zwanzig Blocks. Jan setzte sich wieder draußen auf die Bank, ich ging rein zur Kasse. Es saß immer noch dasselbe Girl da.
»Ich bin Henry Chinaski«, sagte ich.
»Ja?«
»Ich war gestern schon mal da.«
»Ja?«
»Sie

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