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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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liefern und das Niveau dann auch durchhalten. Wir schleppen hier keine Sozialfälle durch.«
Eine Tür ging auf, und Hausmeister Barnes stand da.
»Chinaski, was haben Sie da drin zu suchen?«
Ich verließ das separate Büro. »Nur mal so aus Neugier. Ich hab früher Journalismus studiert.«
»Sie haben eine einzige Neonröhre ausgewechselt – ist das etwa alles, was Sie bis jetzt gemacht haben?«
»Hören Sie, ich kann das nicht. Ich bin nicht schwindelfrei.«
»All right, Chinaski, für heute können Sie Schluß machen. Sie verdienen es zwar nicht, daß man Ihnen nochmal eine Chance gibt, aber ich möchte, daß Sie morgen abend um 9 wieder zur Arbeit erscheinen. Dann sehen wir weiter.«
»Ja, Sir.«
Ich ging mit ihm zum Fahrstuhl. »Sagen Sie mal«, fragte er mich, »wieso laufen Sie eigentlich so komisch?«
»Ich hatte ein paar Hühnerbeine in der Pfanne, und das Fett ist explodiert und hat mir die Beine verbrannt.«
»Ich dachte, es ist vielleicht ne Kriegsverletzung.«
»Nein, das waren die Hühnerbeine.«
Wir fuhren zusammen im Fahrstuhl runter.

65
    Der Hausmeister hieß mit vollem Namen Herman Barnes. Herman erwartete mich am nächsten Abend neben der Stechuhr, und ich steckte meine Karte rein.
    »Kommen Sie«, sagte er. Er ging mit mir in einen schwach erleuchteten Raum und stellte mich Jacob Christensen vor, für den ich arbeiten sollte. Dann verschwand er.
    Von den Leuten, die nachts im Times Building arbeiteten, waren die meisten alt, krumm und am Ende. Sie liefen alle gebeugt herum, als sei mit ihren Beinen etwas nicht in Ordnung. Man hatte uns alle in Overalls gesteckt. »All right«, sagte Jacob, »schnappt euch eure Sachen.« Mein Arbeitsgerät bestand aus einem fahrbaren Metallgestell, in das zwei Behälter eingehängt waren. In dem einen Behälter waren zwei Mops, einige Putzlappen und eine große Packung Seifenpulver. Der andere Behälter enthielt allerhand verschiedenfarbene Flaschen und Dosen und Schachteln sowie weitere Putzlappen. Es war einwandfrei zu erkennen, daß man mich der Putzkolonne zugeteilt hatte. Naja, als Hauswart hatte ich schon einmal in San Francisco gearbeitet, ebenfalls bei Nacht. Man schmuggelte eine Flasche Wein ein, arbeitete wild drauflos, und sobald alle weg waren, hockte man sich ans Fenster und sah raus, trank Wein und wartete auf den Morgen.
    Einer der alten Putzer kam ganz dicht an mich ran und brüllte mir ins Ohr: » Das sind alles Arschlöcher hier! Arschlöcher! Keinen Funken Verstand! Die wissen nichtmal, was Denken ist! Sie haben Angst davor! Sie sind krank! Sie sind feige! Sie sind keine intelligenten Menschen wie du und ich! «
    Man hörte sein Gebrüll bis in den fernsten Winkel. Er schien so Mitte 60 zu sein. Die meisten anderen sahen aus, als seien sie 70 oder noch älter; etwa 1/3 davon waren Frauen. Wie es schien, waren sie an die Mucken des alten Knaben gewöhnt. Niemand war eingeschnappt.
    » Sie machen mich krank! « brüllte er. » Keinen Mumm in den Knochen! Schau sie dir an! Lauter lapprige Scheißer! « »Schluß jetzt, Hugh«, sagte Jacob. »Schlepp dein Zeug da rauf und mach dich an die Arbeit.«

    » Dir knall ich eine vor den Latz, du Drecksau! « brüllte er den
    Obermacker an. » Dir knall ich glatt eine vor den Latz! « »Beweg dich, Hugh.«
    Hugh rollte zornbebend seinen Wagen da raus. Beinahe hätte er dabei eine der alten Frauen über den Haufen gefahren. »So ist er halt«, sagte Jacob zu mir. »Aber er ist unser bester
    Kloputzer.«
»Macht ja nichts«, sagte ich. »Ich habs gern, wenns turbulent
zugeht.«
Ich schob meinen Wagen an. Jacob ging neben mir her und
erklärte mir, was ich zu tun hatte. Ich war für zwei Stockwerke
verantwortlich. Das Wichtigste waren die Toiletten. »Die
Toiletten kommen immer zuerst dran. Du machst die Wasch
    becken sauber, die Kloschüsseln, leerst die Abfallbehälter aus, dann polierst du die Spiegel, hängst frische Handtücher auf, füllst die Seifendispenser nach, hängst jede Menge Luftreiniger an die Wand und sorgst dafür, daß genug Klopapier und Abdeckschablonen für die Klobrillen da sind. Und vergiß mir ja nicht die Monatsbinden im Damenklo! Anschließend machst du dich an die Papierkörbe in den Büros und staubst die Schreibtische ab. Dann tust du mit diesem Apparat hier die Korridore bohnern, und wenn du damit fertig bist …«
    »Ja, Sir«, sagte ich.
    Die Damentoiletten waren traditionell die schlimmsten. Viele Frauen ließen anscheinend ihre verschmierten Monatsbinden einfach in den

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