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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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begegnete, sah ich ihn mir sehr genau an und versuchte dahinterzukommen, was er mir wohl voraushatte.
Der Bremsenmann ging mit mir eine schmale Stiege hoch. George Henley hieß er. George zeigte mir meinen Arbeitsraum, sehr klein, dunkel, nur eine einsame Glühbirne und ein winziges Fenster, das auf eine Gasse hinausging.
»Also«, sagte er, »Sie sehn diese Kartons da. In die sortieren Sie die Bremsbeläge ein. Und zwar so.«
Mr. Henley erklärte es mir.
»Wir haben dreierlei Kartons hier, auf jedem steht was anderes. Ein Karton ist für unseren ›Super Longlife Bremsbelag‹ einer ist für unseren ›Super Bremsbelag‹ und der dritte ist für unseren ›Standard Bremsbelag‹. Die Bremsbeläge sitzen alle da drüben auf einem Haufen.«
»Aber die sehen alle gleich aus. Wie soll ich die voneinander unterscheiden?«
»Überhaupt nicht. Es sind alles die gleichen. Machen Sie einfach drei gleich große Haufen. Und wenn Sie die Bremsbeläge verpackt haben, dann kommen Sie runter, und wir geben Ihnen was anderes zu tun. Klar?«
»Klar. Wann fang ich an?«
»Sofort. Und Rauchen ist unter keinen Umständen drin. Nicht hier oben. Wenn Sie rauchen müssen, dann kommen Sie runter, klar?«
»Klar.«
Mr. Henley machte die Tür hinter sich zu. Ich hörte ihn die Stiege hinuntergehen. Ich machte das kleine Fenster auf und sah in die Welt hinaus. Dann setzte ich mich, machte mirs bequem und rauchte eine Zigarette.
Diesen Job verlor ich sehr schnell, so wie ich schon viele verloren hatte. Aber das machte mir nie etwas aus. Mit einer Ausnahme. Es war der leichteste Job, den ich je gehabt hatte, und als sie mir den wieder wegnahmen, war ich wirklich sauer. Es war während des 2. Weltkriegs. Ich arbeitete in San Francisco für das Rote Kreuz und klapperte mit einem Lieferwagen voll Krankenschwestern und Flaschen und Kühlschränken die umliegenden Ortschaften ab. Wir sammelten Blut für unsere Feldlazarette. Am Einsatzort lud ich für die Schwestern immer die Sachen aus, und den Rest des Tages konnte ich Spazierengehen, im Park ein Nickerchen machen, oder was ich wollte. Am Abend kamen dann die Schwestern an und verstauten die vollen Flaschen in den Kühlschränken, und ich ging mit den Gummischläuchen ins nächste Scheißhaus und drückte das restliche Blut raus. Ich war zwar gewöhnlich nüchtern, aber ich mußte mir jedesmal einreden, die Blutklumpen seien winzig kleine Fische oder niedliche kleine Käfer; sonst wäre mir das Mittagessen hochgekommen.
Der Job beim Roten Kreuz machte Spaß. Ich kriegte sogar eine der Schwestern dazu, daß sie sich mit mir verabredete. Doch eines Morgens, als wir aus der Stadt fuhren, erwischte ich die falsche Brücke und landete irgendwo in einem Elendsviertel mit einer Karre voll Krankenschwestern und Kanülen und leeren Flaschen. Die Typen in der Gosse lechzten förmlich danach, die ganze Fuhre zu vergewaltigen, und einige der Schwestern wurden nervös. Also wieder zurück über die Brücke und auf einer anderen Route ans Ziel. Ich hatte unsere Einsatzorte durcheinander gebracht, und als wir schließlich die Kirche erreichten, wo unsere Blutspender warteten, waren wir gut zweieinviertel Stunden zu spät dran. Auf dem Rasen vor dem Gotteshaus drängten sich verärgerte Blutspender und Ärzte und Kirchenmänner. Auf der anderen Seite des Atlantik machte Hitler unaufhaltsam Boden gut. Ich verlor den Job auf der Stelle. Schade drum.

70
    Das Hauptquartier der Yellow Cab Company in Los Angeles liegt auf der Südseite der Third Street. Auf den Abstellplätzen stehen in langen Reihen die gelben Taxis in der Sonne. Ganz in der Nähe ist das Gebäude der American Cancer Society. Bei der American Cancer Society war ich schon einmal vorstellig geworden, weil ich davon ausging, daß die Tests dort kostenlos waren. Ich hatte Schwellungen am ganzen Körper, ich hatte Schwindelanfälle, und ich spuckte Blut, doch als ich hinkam, gaben sie mir einen Termin für drei Wochen später. Wie jedem amerikanischen Boy war auch mir immer eingeschärft worden: sieh zu, daß dein Krebs frühzeitig erkannt wird. Also geht man da hin, damit er frühzeitig erkannt wird, und prompt lassen sie einen drei Wochen warten. Das ist der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
    Ich ging nach drei Wochen wieder hin, und sie eröffneten mir, manche Tests seien in der Tat kostenlos, aber wenn ich die hinter mir hätte, könnte ich noch lange nicht sicher sein, daß ich keinen Krebs habe. Nach dem 25-Dollar-Test dagegen könnte

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