Falaysia Bd 2 - Trachonien
beugte sich zu ihr vor. Das flackernde Feuer spiegelte sich in seinen Augen und gab ihm fast ein dämonisches Aussehen. Furchtbar! „Dann müssen wir anders an das Problem herangehen. Lass uns das mal ganz objektiv betrachten…“
Er fuhr sich nachdenklich mit Daumen und Zeigefinger über Lippen und Kinn. „Du hast jetzt seit ungefähr zehn Stunden nichts weiter als Wasser zu dir genommen. In deinem ziemlich hysterischen Zustand und in Anbetracht der nächtlichen Kälte wirst du kaum schlafen können, was bedeutet, dass dein körperlicher Zusammenbruch ebenfalls nicht lange auf sich warten lassen wird. Wenn wir sehr viel Pech haben, wirst du sogar richtig krank, was ein Weiterreisen unmöglich machen würde, weil die damit verbundenen Strapazen dich umbringen könnten – und das kann ich nicht zulassen. Allerdings können wir es uns auch nicht leisten, zu lange an ein und demselben Ort zu bleiben, was für mich heißt, dass wir auf irgendeine Weise Nahrung in dich hineinkriegen und dafür sorgen müssen, dass du schläfst. Richtig?“
Jenna sagte nichts. Sie schluckte schwer und sah ihn nur mit großen Augen an. Diese Überlegungen konnten gar nicht zu einer für sie positiven Schlussfolgerung führen.
„Eine Möglichkeit bestände darin, dich zwangszufüttern und danach k.o. zu schlagen“, fuhr er fort. „Die andere wäre, dass du dich endlich zusammenreißt und das dir angebotene Fleisch freiwillig zu dir nimmst, um dann friedlich ein Nickerchen zu machen.“
Das folgende Grinsen war so breit, dass Mareks sonst so volle Lippen fast gänzlich in seinem dunklen Bart verschwanden. „Glaub mir – ich hab kein Problem mit Möglichkeit eins“, setzte er noch hinzu.
Er meinte das ernst, das konnte sie ihm ansehen und nur deswegen wanderte ihr Blick zu dem aufgespießten Hasen, der über dem Feuer brutzelte. Ihre Augen verharrten dort nicht lange, glitten stattdessen hinüber zu dem großen, flachen Stein, auf dem Marek das arme Tier gehäutete und ausgenommen hatte. Alles was von dieser Tat zurückgeblieben war, war das Blut des Tieres, das sich in einem beinahe kunstvollen Muster über dem Stein ausgebreitet hatte. Blut, das langsam zu trocknen begann und in der hereinbrechenden Dunkelheit mehr lila als rot erschien. Es floss nicht mehr, auch nicht aus dem kleinen Haufen von Gedärmen, der neben dem Stein lag. Doch die Übelkeit und Angst, die Jenna beim Zusehen befallen hatte, wollte sich nicht mehr so recht einstellen. Daran war nur der köstliche Duft von über offenem Feuer gebratenem Fleisch schuld. Er konnte mittlerweile sogar das Bild, wie sie selbst über diesem Stein lag und ausgenommen wurde, verdrängen.
Wenn sie ehrlich war, hatte sie nicht nur Hunger, sondern eher das Gefühl ein gähnendes Loch in der Körpermitte zu haben, das ihre letzten Kraftreserven in sich sog und ihr auf beinahe schmerzhafte Art und Weise nahe brachte, dass Marek mit seinen Befürchtungen nicht so ganz falsch lag.
„Es schmeckt wirklich gut“, versuchte er noch ein wenig nachzuhelfen und hob den Braten sogleich vom Feuer. „Es fehlt vielleicht ein wenig Salz, aber sonst…“
Er sah sie erwartungsvoll an und schließlich nickte sie. Was blieb ihr auch anderes übrig? Wie eine Gans von diesem Mann gepackt und gestopft zu werden, war etwas, auf das sie in ihrem Zustand gut und gern verzichten konnte – und zuzutrauen war ihm das allemal.
„A-aber nur ein kleines Stück“, stammelte sie. „Ich hab eigentlich keinen großen Hunger.“
Sie rutschte ein wenig näher an das Feuer heran und beobachtete misstrauisch, wie Marek mit ihrem Dolch Fleisch vom gebratenen Körper des Hasen abschnitt und es ihr dann reichte. Sie zögerte. Was war, wenn das nur ein Trick war und er sie plötzlich packte? Was war, wenn ihn ganz plötzlich die Lust überkam, sie doch noch zu vergewaltigen oder etwas anderes Schlimmes mit ihr zu tun, um endlich seine Rache zu bekommen? Man konnte ihm nicht trauen – das wusste sie jetzt.
Marek runzelte die Stirn. „Was ist? Soll ich dich doch füttern?“ Er hielt ihr immer noch das Stück Fleisch hin.
„Nein!“ stieß sie etwas zu entsetzt aus und riss ihm das Stück aus der Hand. In Sekundenschnelle war es in ihrem Mund verschwunden und sie kaute hastig. Mareks Brauen wanderten aufeinander zu, während er sie ein weiteres Mal kritisch musterte.
„Ein wenig Respekt und Angst vor mir ist ja ganz angebracht“, meinte er, „aber ich glaube, du übertreibst etwas.“
Jenna
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